Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen: Wegen der Coronavirus-Pandemie tagte der Gerolzhöfer Stadtrat in der auf nur zehn Mitglieder deutlich reduzierten Form eines "Ferienausschusses" im großen Saal des Pfarrer-Hersam-Hauses. Abstandhalten war das Gebot der Stunde. Für jedes Mitglied stand ein eigener Tisch zur Verfügung, am Eingang des Saals lagen Einweghandschuhe und Desinfektionsmittel bereit. Zuhörer waren nicht erschienen und so übernahm der einzige Pressevertreter vor Ort die Rolle der Öffentlichkeit.
Wichtigster Tagesordnungspunkt des Abends war die Verabschiedung des städtischen Haushalts für das laufende Jahr 2020. Der Haushalt musste auf den Weg gebracht werden, um die Verwaltung handlungsfähig zu erhalten. Das Zahlenwerk umfasst 14,2 Millionen Euro im Verwaltungshaushalt und 12,13 Millionen im Vermögenshaushalt. Es müssen voraussichtlich 3,6 Millionen neue Schulden gemacht werden. Der Stadtrat beschloss den Haushalt einstimmig.
Zwei Schwerpunkte
Die Diskussion war von zwei Themenschwerpunkten geprägt: Zum einen ging es um die Anpassung der Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer, zum anderen um die kurzfristige Nachjustierung von Einnahmen und Ausgaben aufgrund der aktuellen Corona-Krise. Denn der Haushalt wurde von der Kämmerei schon vor der Virus-Pandemie aufgestellt.
Zunächst zu den Hebesätzen für die Grund- und Gewerbesteuer: Die Stadt hat bereits eine hohe Schuldenbelastung von 8,8 Millionen Euro, die durch zwingend nötige und nicht aufschiebbare Baumaßnahmen, beispielsweise bei der Kläranlage oder bei Teilen der Kanalisation, nicht weniger wird. Deshalb ist es einhellige Meinung im Stadtrat, beim Freistaat Bayern über den kommunalen Finanzausgleich eine so genannten Bedarfszuweisung zu beantragen. Solche Bedarfszuweisungen werden entweder als rückzahlbare Überbrückungsbeihilfen oder als Zuschuss gewährt. Die Stadt Volkach oder Schonungen beispielsweise haben solche Finanzhilfen in Millionenhöhe bereits erhalten.
Grundvoraussetzungen
Bevor die Stadt allerdings eine Bedarfszuweisung erhalten kann, muss sie erst einige Hausaufgaben erledigen, wie es Kämmerer René Borchardt ausdrückte. Eine verpflichtende Grundvoraussetzung sei es, die eigene Einnahmenseite zu optimieren. Alle städtischen Einrichtungen müssten kostendeckend arbeiten (dies ist noch nicht der Fall) und die Steuer-Hebesätze müssten sich mindestens auf dem Niveau des Landesdurchschnitts befinden. Dies ist ebenfalls nicht der Fall.
Bei der Grundsteuer A beträgt der in Gerolzhofen bislang angewandte Hebesatz 331 Prozent, der Landesdurchschnitt ist inzwischen bei 341 Prozent. Bei der Grundsteuer B beträgt der Satz derzeit 325, der Landesdurchschnitt liegt bei 336. Für die Gewerbesteuer ist der Satz in Gerolzhofen 320, in Bayern ist er bei 329. Die Verwaltung hatte deshalb vorschlagen, mit Wirkung zum 1. Januar 2021 die Sätze deutlich zu erhöhen auf jeweils 350 Prozent.
Dies war der CSU-Fraktion zu viel. Fraktionsvorsitzender Arnulf Koch brachte neue Sätze ins Spiel, die "nur einen Schluck über dem Landesdurchschnitt liegen": 345 bei der Grundsteuer A und B sowie 335 bei der Gewerbesteuer – und dies rückwirkend zum 1. Januar 2020. Der Stadtrat nahm den CSU-Vorschlag mit acht zu zwei Stimmen an. Dagegen waren nur Hubert Zink und Günter Iff von den Freien Wählern.
In der Diskussion davor hatte Iff darauf hingewiesen, dass es in der momentanen Corona-Pandemie zu dramatischen Einbrüchen bei Einkommens- und Gewerbesteuer kommen werde. Eine Erhöhung der Hebesätze sei "jetzt der falsche Fingerzeig", auch wenn die vorgeschlagene Erhöhung natürlich "inhaltlich absolut korrekt" sei. Arnulf Koch entgegnete, örtliche Unternehmen, die wegen Corona jetzt Schwierigkeiten hätten, müssten sowieso keine Steuern zahlen. Insofern würde eine Erhöhung sie gar nicht treffen und man müsse auch nicht abwarten. Thomas Vizl (Geo-net) sprach von einer schwierigen Entscheidung in der jetzigen Phase, "aber sie muss sein".
Zwei weitere Anträge
Arnulf Koch war es auch, der den zweiten Themenschwerpunkt des Abends eröffnete. Er stellte zwei Anträge: die im Haushalt noch optimistisch eingeplanten Gewerbesteuereinnahmen von 2,8 auf 1,4 Millionen Euro zu reduzieren und zugleich den Verlustausgleich für das Geomaris von 450 000 Euro pauschal auf 650 000 Euro zu erhöhen. Unterstützung fand Koch bei Kämmerer René Borchardt, der nochmals darauf hinwies, dass er den Haushaltsplan schon vor der Corona-Pandemie erstellt hatte. Unter dem Gesichtspunkt der Haushaltswahrheit und der Haushaltsklarheit sei der Stadtrat aber angehalten, die "aktuellen Begebenheiten nun auch zu berücksichtigen".
Thomas Vizl hingegen vertrat die Meinung, man könne jetzt "im Notfallmodus" den Haushalt auch in unveränderter Form beschließen, nur um handlungsfähig zu bleiben. Es werde im Frühherbst sowieso zu einem Nachtragshaushalt kommen. Letztlich stimmte der Ferienausschuss dann aber einstimmig für die von Koch beantragte Halbierung der Gewerbesteuereinnahmen.
Kein höherer Verlustausgleich
Anders sah es bei der von Koch vorgeschlagenen Erhöhung des Verlustausgleichs für das Geomaris aus. Bürgermeister Thorsten Wozniak sagte, durch die momentane Schließung des Bads falle ein höheres Defizit von 20 000 Euro pro Woche an. Allerdings gebe es ganz kurzfristig die neue Regelung, auch in kommunalen Einrichtungen Kurzarbeit einführen zu können. Davon werde man umgehend Gebrauch machen, weil beim Schwimmbad-Personal inzwischen alle Überstunden abgeschmolzen seien.
Günter Iff meinte, erst solle die Geomaris-Leitung versuchen, variable Kosten zu verringern, ehe man seitens der Stadt vorauseilend den Verlustausgleich erhöhe. Auch Zweiter Bürgermeister Erich Servatius sagte, die Erhöhung sei ihm zu unbestimmt. Die Abstimmung über einen erhöhten Verlustausgleich endete mit 5:5 Stimmen. Damit war der CSU-Antrag abgelehnt, weil er keine Mehrheit fand.