Der Chefwechsel erfolgte mitten in der Corona-Pandemie: Seit dem 1. Dezember 2020 ist Dr. Wolfgang Menger der neue Ärztliche Direktor des Krankenhauses St. Josef. Er übernimmt diese Position von Dr. Michael Mildner, der Ende vergangenen Jahres in den Ruhestand ging. Im Interview spricht er über die besonderen Herausforderungen für das von der Kongregation der Erlöserschwestern Würzburg getragene Krankenhaus mit 750 Mitarbeitern, das moderne Medizin mit traditionellen, christlichen Werten verbindet.
Dr. Wolfgang Menger: Das kann man in jedem Fall so sagen. Mein Vorgänger konnte schon nicht wie geplant das Staffelholz übergeben, weil er nach seinem Ausscheiden die Aufgabe als ärztlicher Koordinator für die Krankenhäuser in der Corona-Pandemie übernommen hat. Hinzu kommt, dass er seine Aufgabe als Ärztlicher Direktor als Fulltimejob gemacht hat, ich aber meine Tätigkeit als Chefarzt der Anästhesie und Intensivmedizin weiter ausübe.
Menger: In vielen kleineren Krankenhäusern hat der Ärztliche Direktor eine Doppelfunktion. Bei meinem Vorgänger war das deshalb nicht der Fall, weil er ein größeres Aufgabengebiet hatte. Gewisse Bereiche wie zum Beispiel die Hygiene sind jetzt nicht mehr in meiner Verantwortung. Das erlaubt es mir, meine medizinische Tätigkeit weiter auszuüben. Das war mir ganz wichtig.
Menger: Nein, das tut es nicht. In meinem Führungsstil möchte ich nicht hierarchisch von oben herab sein. Ich habe ein gutes Team und gute Chefärzte, die mich unterstützen.
Menger: Ich sehe meine Rolle als Vermittler, Berater, Warner, letztendlich als Ideengeber, weil das Krankenhaus der Zukunft ein schwieriges Metier ist. Der Ärztliche Direktor sollte vor allem jemand sein, der einen guten Draht zum ärztlichen Dienst hat, der den ärztlichen Bereich nach innen wie nach außen vertritt. Aber auch in den anderen Bereichen ist er gefragt, zum Beispiel bei Patientenangelegenheiten oder bei den Mitarbeitern der Pflegebereiche. Im Alltag sieht das so aus: Ich leite die Chefarztkonferenz, bin Mitglied in der monatlichen Krankenhausratssitzung und bin als Anästhesist und Intensivmediziner im operativen Bereich in allen Sparten präsent. Es macht ja auch Sinn, dass ein aktiver Mediziner diese Aufgabe übernimmt. Im OP treffe ich jeden Tag Kollegen aus allen Bereichen. Da bin ich nah am Geschehen und kann eigene Eindrücke gewinnen. Für mich ist es auch reizvoll, meine Erfahrung in dieses Amt einzubringen und so das Krankenhaus voranzubringen.
Menger: Es ist zweifellos eine schwierige Zeit für Krankenhäuser. Was die jetzige Pandemie aber deutlich zeigt: Unser Krankenhaus ist ein sehr aktives Krankenhaus. Es gibt relativ wenige Bereiche, wo wir nicht mithalten können. Wir haben ein breites medizinisches Spektrum.
Menger: Die ganz große Unbekannte, die im letzten Frühjahr – ganz offen gesprochen – auch Angst machte, die ist etwas gewichen. Man kann mit dieser hochansteckenden Erkrankung jetzt besser umgehen, speziell auf der Intensivstation. Wir können uns in der glücklichen Lage wähnen, dass es auf unserer Intensivstation keine Personalinfektionen über infizierte Patienten gab. Wir haben bislang zudem keinen einzigen an Corona erkrankten Arzt oder Ärztin. Mittlerweile ist auch ein Großteil des Personals geimpft. Bei den Pflegekräften sind es 48 Prozent, bei den Ärzten sogar über 60 Prozent.
Menger: Es gibt kaum eine Krankenhauseinrichtung, die nicht auch Lehrgeld hat zahlen müssen. Ganz am Anfang war es ja so, dass die Infektion durch unerkannt positive Patienten oder Besucher ins Haus gebracht wurde. Das ist durch die jetzigen Hygienemaßnahmen sehr reduziert. Wir machen laufend Reihentestungen der Mitarbeiter, haben den hohen Durchimpfungsgrad und letzten Endes leider auch ein recht strenges Besuchsverbot. Wir erlauben Angehörigenbesuch aber, wenn sich das medizinisch und menschlich gebietet. Denn wir möchten so eine Situation nicht mehr erleben müssen, dass jemand an einem Herzinfarkt überraschend verstirbt, ohne seinen Angehörigen vorher gesehen zu haben.
Menger: Wir haben uns das lange überlegt und uns dagegen entschieden, weil es oft recht spontane Situationen sind, wo man nicht auf das Testergebnis warten kann. Bei werdenden Vätern machen wir selbst einen Schnelltest, ebenso bei allen ambulanten Patienten in der Notaufnahme. Es wird jedoch genau selektiert, und es gelten strenge Hygieneregeln.
Menger: Das sind Häuser, die die Ausstattung und das Knowhow haben, um schwer erkrankte Coronapatienten zu betreuen. In unserer Region wurden noch das Leopoldina-Krankenhaus und der Campus Bad Neustadt benannt. Wir mussten technisch aufrüsten und Reserven an Beatmungsmöglichkeiten schaffen. Insgesamt haben wir 14 Intensivbetten mit Beatmung und können jederzeit um fünf Plätze erhöhen. Auch personell haben wir umgeschichtet und Pflegekräfte aus weniger belasteten Bereichen für die Betreuung der Corona-Patienten abgestellt.
Menger: Ich bin absolut stolz auf unsere Pflegeabteilung, in der wir erstaunlich wenig Ausfälle haben. Die Motivation bei den Pflegekräften ist sicher angeknackst, aber bei uns ist es immer noch so, dass keine Abwanderungsgedanken da sind. Wir haben eine sehr gute Pflegeschule, in meinen Augen ein Filetstück, und wir haben in den letzten Jahren alle Pflegeschüler übernommen. Die wenigen, die weggehen, wollen sich entweder beruflich verändern oder den Wohnort wechseln. Wir stehen in der Pflege gottseidank gut da.
Menger: Einer meiner ganz großen Schwerpunkte ist es, die ärztliche Fachkompetenz zu halten und auszubauen. Aktuell sind wir an den entscheidenden Kopfstellen noch gut besetzt, müssen aber letztendlich auch schauen, dass wir bei Abgängen rechtzeitig Ersatz bekommen. Dabei ist es nicht so, dass wir hier schlechte Bedingungen haben. Was mir besonders gut gefällt, sind die kurzen Wege, sowohl räumlich als auch zwischenmenschlich. Das macht die Arbeit wesentlich unkomplizierter und mitunter effektiver wie in großen Häusern, weil man vieles auf dem kleinen Dienstweg regeln kann. Fakt aber ist, dass wir landauf und landab zu wenig Ärzte haben. Da muss man sich auf die Hinterfüße stellen, um dabei zu bleiben. Und der Standort kommt ja auch noch mit ins Spiel. Schweinfurt hat hier nicht unbedingt einen großen Vorteil.
Menger: Wir haben heuer – auch aufgrund der wirtschaftlichen Ausgleichszahlungen, die alle im Covid-Bereich tätigen Kliniken erhalten haben – kein Minus gemacht. Der wirtschaftliche Druck aber ist groß, die Liegedauer muss daher eingehalten werden, was in der Bevölkerung nicht immer positiv gesehen wird. Als kirchliches Haus tun wir uns hier schon etwas schwer.
Menger: Man muss sehr flexibel sein, denn es kommen immer wieder mal neue politische Wendungen, denen man sich anpassen muss. 100 Prozent sicher kann ich deshalb nicht sagen, wohin sich das Josef-Krankenhaus in den nächsten 20 Jahren entwickeln wird. Wir sind aber der Überzeugung, dass das zweite Krankenhaus hier in Schweinfurt seine Berechtigung und seinen Stellenwert hat und, dass das Hauptaugenmerk auf der Akutmedizin liegen wird. Das sehen wir gerade jetzt in der Corona-Krise. Was wir hier abfedern, ist enorm.
Menger: Natürlich müssen auch wir bei uns Veränderungen vornehmen. Wir haben das Projekt "Krankenhaus 2033" ins Leben gerufen. Eine Arbeitsgruppe befasst sich hier ganz konkret mit der Zukunft. Es gibt Planungen, wie man den vorhandenen Raum funktional für Patienten und Mitarbeiter nutzt. Der Platzbedarf hat sich im Lauf der Jahre ja stark geändert, die Raumvorgaben werden immer mehr erhöht. Und wenn man schon umbauen muss, warum dann nicht im gleichen Zug eine große Lösung machen.
Menger: Wir sind noch im Stadium der Vorplanung für Umbau und Erweiterung. Es müssen Genehmigungen eingeholt und Gelder bewilligt werden. Aber es sieht gut aus, die öffentliche Hand ist bereit, Zuschüsse zu geben. Und das Wichtigste: Das Projekt "Krankenhaus 2033" ist ein ganz klares Bekenntnis der Kongregation aus Würzburg zum Standort Schweinfurt. Es gibt überhaupt keine Diskussion, das Krankenhaus zu fusionieren oder zu verkaufen.
Menger: Damals konnte ich nicht ahnen, dass es zehn Jahre später noch ein bisschen weitergeht. Ich habe natürlich noch Visionen. Eine Vision ist, außerhalb der ganz großen Zentren die Palette der krankenhausmedizinischen Versorgung breit gefächert zu halten und ein gutes Miteinander mit den umliegenden medizinischen Einrichtungen zu pflegen.
Menger: Mir ist wichtig, dass im St.-Josef-Krankenhaus der Kontext der kirchlichen Untermalung erhalten bleibt – auch wenn die Ordensschwestern nicht präsent sind. Nicht jeder im Krankenhaus ist ja Kirchenmann und Kirchenfrau, aber man spürt es schon, dass es hier anders ist.