„Man muss einen Schauspieler schon totschlagen, damit er nicht auf die Bühne steigt.“ Marcus Ganser, der gleich den Richard Maddison in „Der lustige Witwer“ spielen wird, zitiert den alten Theaterspruch in seiner kurzen Ansprache vor dem Vorhang. Er informiert das Publikum des Seniorenabos, dass Jörg Pleva, der die Titelfigur in der Komödie von Simon Moss geben soll, sich zwei Rückenwirbel gebrochen hat.
Der Arzt habe ausdrücklich abgeraten, in diesem Zustand auf Tournee mit dem Theater am Kurfürstendamm zu gehen. Nun, Pleva widerlegt sowohl den Arzt als auch den alten Theaterspruch: Er steigt nicht, sondern er rollt auf die Bühne. „Sitzen kann ich ja“, habe er gesagt und entschieden, den Thomas Maddison eben im Rollstuhl zu spielen.
So kann er zwar nicht ganz den Schwung des spätberufenen Schwerenöters entfalten, den die Szenenfotos zeigen, aber bei seinem zweiten Standbein (keine Anspielung beabsichtigt), der Mitleidsmasche, kommt ihm die vorübergehende Invalidität schon zupass. Tröstungsversuche zum Tode seiner Frau kontert er gleichwohl mit galliger Offenheit: „Agnes ist nicht wirklich gegangen.“ – „Das hoffe ich aber doch!“
Das Stück ist ein durchaus vergnügliches, solide konstruiertes Spiel mit dem kalkulierten Missverständnis, auch wenn viele Pointen vorhersehbar und viele Aufgeregtheiten doch recht bemüht wirken. Aber es ist nun mal Gesetz des Boulevards, dass niemals eine attraktive Frau die Bühne betreten kann (schon gar nicht im Bikini), ohne dass irgendwo eine Ehefrau vor Eifersucht die Wände hochgeht. Erstere ist in diesem Fall die Bibliothekarin Sharon (Bianca Karsten), die sich – natürlich – nach Ablegen der Brille und Öffnen des Haars als ziemlich steiler Zahn entpuppt. Letztere ist Adisat Semenitsch als Schwiegertochter Harriet, die die Regie (Jürgen Wölffer und Wolfgang Spier) ungerechterweise zu einer Art Dauerwutanfall verurteilt.
Den eigentlichen Widerpart zum Lebemann Thomas bildet aber dessen Sohn Richard, den Marcus Ganser als zwar geistreichen, aber nicht allzu durchsetzungsfähigen Schussel spielt. Leena Fahje als Goldgräberin Elaine und Edda Pastor in der Funktion der Dea ex Machina Doris vervollständigen ein flott spielendes, auch mal dicker auftragendes Ensemble in einem Stück, das eher von witzigen Dialogen lebt als von besonders kunstvollen Verwicklungen. Mathias Wiedemann