„Sie haben so wenig, aber geben einem so viel“, sagt Celine Heilmann, während sie im heimischen Oberwerrn bei Kaffee und Kuchen am Küchentisch sitzt. So ganz hat sich die 19-Jährige noch nicht wieder an den Lebensstandard in Deutschland gewöhnt. Knapp zwei Monate ist es her, dass sie gemeinsam mit ihrem Freund Jonas Menninger aus Südafrika nach Deutschland zurückkehrte. In Bo-Kaap, einem Stadtteil von Kapstadt, verbrachten die beiden Unterfranken drei Monate. „Nach der Schule und vor dem Studium wollten wir noch einmal ins Ausland“, sagt Jonas Menninger und wird von seiner Freundin ergänzt: „Aber nicht um einfach Urlaub zu machen, sondern um etwas sinnvolles zu tun.“
Durch Jonas' Muter kamen die beiden Abiturienten auf die Idee, sich sozial zu engagieren. Über die Organisation „Students go abroad“ stießen sie auf die muslimische Grundschule in Kapstadt. Da Celine Heilmann ohnehin Grundschullehramt studieren möchte und der zukünftige BWL-Student Jonas Menninger ebenfalls Erfahrungen im sozialen Dienst sammeln wollte, entschieden sie sich für das südafrikanische Abenteuer. „Ich hatte schon Bedenken, dass ich Heimweh bekomme, aber so kam es ganz und gar nicht“, so Heilmann. Dass es nicht so kam, lag vor allem am Engagement der beiden Schweinfurter.
Von Beginn an nahmen sie eine wichtige Rolle an der Grundschule ein, halfen überforderten Lehrern und übernahmen sogar selbst manchmal ganze Klassen. Alles auf Englisch, alles mit Händen und Füßen. „Wir haben den Kleinen die Zahlen beigebracht oder auch bei den Fünftklässlern Mathe unterrichtet“, so Menninger. Hemmungen gab es keine, da von Anfang an ein herzlicher Umgang gepflegt wurde. „Wir wurden mit offenen Armen aufgenommen. Alle haben sich über unsere Anwesenheit gefreut“, erzählt Heilmann.
Mindestens 40 Schüler pro Klasse
Während der Zeit in Kapstadt wurde den beiden auch das südafrikanische Schulsystem vor Augen geführt. „Die Klassen haben mindestens 40 Schüler“, sagt Menninger und betont, dass jeder Lehrer auch alles und jedes Fach unterrichten müsse. Für seine Freundin eine gelungene Erfahrung vor ihrem Lehramtsstudium. Auch wenn sie sich der Unterschiede bewusst ist. „Es gibt dort Kinder, die können in der vierten oder fünften Klasse noch nicht richtig lesen“, so Celine Heilmann. Laut der beiden Unterfranken liegt dies allerdings auch an den finanziellen Möglichkeiten vor Ort. „Es gab dort Erstklässler, deren Familien auf der Straße leben“, so Heilmann. Demnach seien die Kinder, die nachts auf der Straße schliefen, entsprechend erschöpft und unkonzentriert gewesen.
Die Armut im Viertel war für die beiden jungen Deutschen ohnehin eine harte Erfahrung. „Manche Bettler sind uns minutenlang hinterhergelaufen, das hat einem schon das Herz zerrissen“, erinnert sich Jonas Menninger. Gerade deswegen waren sie auch so überwältigt von der Gastfreundschaft im fremden Land. „Die Menschen begrüßen dich immer, die Kinder umarmen dich und nennen dich Mummy oder Daddy“, so Menninger. Seine Freundin erinnert sich sogar an eine Schulpause, in der ihr die Kinder unbedingt die eigenen Pausenbrote schenken wollten. „Obwohl sie selber so wenig haben, möchten sie dir alles geben“, sagt Heilmann. Neben der erfahrenen Herzlichkeit fühlten sich die beiden Deutschen auch zu jeder Zeit sicher im Kapstadter Viertel. „Klar wurde uns gesagt, dass es gefährlich ist, nachts unterwegs zu sein“, so Menninger. Aufgrund der eingeschworenen Gemeinschaft in Bo-Kaap, in der „jeder auf einander achtet“ haben die beiden Deutschen aber keine Angst verspürt.
„Ich schätze das Wasser jetzt mehr“
Auch wenn Celine und Jonas in einer Unterkunft mit weiteren jungen Engagierten verhältnismäßig komfortabel wohnten, kamen sie mit der Armut in Berührung. „Wir durften dort nur 90 Sekunden duschen“, sagt Celine Heilmann. Zum Waschen, Kochen und Spülen hatten sie nur 25 Liter am Tag. „Ich dusche jetzt immer noch so kurz“, sagt Menninger, für den der deutsche Luxus nach seiner Rückkehr schwer zu begreifen war. Er schätzt das Wasser nun viel mehr und versucht, auch in Deutschland die Kleinigkeiten von nun an besser zu genießen. „In Südafrika kommen die Leute deswegen oft zu spät, weil sie jeden Moment des Lebens genießen möchten“, sagt der 19-Jährige. Würden die Menschen etwas schönes entdecken, dann nähmen sie sich die Zeit, da es immer auch der letzte schöne Moment im Leben sein könnte. Von dieser Einstellung möchten sich die beiden Schweinfurter etwas abschauen. „Die Offenheit, Herzlichkeit und Gelassenheit haben uns sehr begeistert“, so Celine Heilmann.
Das Leben der beiden hat sich nach ihrem Aufenthalt in Südafrika verändert. „Wir sehen das Leben hier jetzt schon einfach gelassener“, erklärt Menninger, der nun ein duales Studium beginnen möchte. Nach vier Jahren Beziehung und der gemeinsamen Reise nach Kapstadt fängt für das Paar jetzt ein neuer Abschnitt an. „Nachdem wir so eng beieinander waren, ist es schon komisch, jetzt eine Fernbeziehung zu führen“, sagt Celine Heilmann. Doch auch diese Herausforderung nehmen die beiden gerne an. Und eine Rückkehr nach Kapstadt steht jetzt schon fest. „Wir wissen noch nicht wann, aber wir wollen die ganzen tollen Menschen in Südafrika auf jeden Fall bald wieder besuchen“, so Menninger.