
Wenn am Dienstagabend die Dämmerung anbricht, dann kann das Gruselvergnügen beginnen. Liane Kirbye ist schon voller Vorfreude, kann es kaum mehr erwarten. Die Deutsch-Amerikanerin kennt eine Woche vor Halloween kein anderes Thema mehr. Alles dreht sich um den im Heimatland ihres Vaters geliebten, schaurigen Brauch in der Nacht zu Allerheiligen. Wie jedes Jahr hat sie sich eine Woche Urlaub genommen, um alle Vorbereitungen zu treffen. Damit es auch heuer am Abend des 31. Oktober heißt: Hereinspaziert ins "Labyrinth des Grauens" von Sulzheim!
In diesem Jahr dürfen wagemutige Kleinkinder (gerne zusammen mit ihren Eltern), Jugendliche und Junggebliebene das "Reich der Toten" betreten. Dort werden sie nicht nur Totenköpfe, Grabsteine, Skelette, schwarze Katzen oder Horror-Kürbisse hautnah erleben, sondern auch blutrünstige Monster, schreckliche Gestalten und grauenhafte Momente. Allen sensiblen Gemütern sei das im Vorfeld ausdrücklich mitgeteilt.
Willkommen im "Reich der Toten"
Zwei Tage vor dem Showdown wird noch eifrig gewerkelt im Garten der Kirbyes, bei unangenehmem Nieselregen. Zelte und Planen in Tarnfarbe stehen oder hängen schon, sodass die meisten der aufwändig gestalteten Dekorationen nicht nass werden. Diesmal hat Liane Kirbye sich mehrere Szenen für ihr Labyrinth ausgedacht. Dementsprechend schaurig wurde das "Reich der Toten", wie sie es nennt, ausgestaltet.

Nachdem die Besucherinnen und Besucher im Sekretariat des Lottergeistes "Beetlejuice" die Genehmigung zum Eintritt erhalten haben, beginnt der Grusel-Spaß erst so richtig. Ein Todesrad dreht sich in der Gartenlaube. Die "Garderobe" hört sich zwar harmlos an, ist es aber nicht. Der "Friedhof" bietet schauerliche Überraschungen, auch in den Hochbeeten der Familie. Blutrünstig geht es in der Gruft von Graf Dracula zu. Danach müssen die Gäste durch den Spinnenwald, um zum großen Finale zu kommen - ins Hexenzelt.
Im Vorjahr kamen über 100 Halloween-Fans
Angefangen hat die Leidenschaft schon in der Kindheit. Kirbyes Vater war als amerikanischer Soldat in Schweinfurt stationiert. "Jedes Jahr haben wir uns verkleidet und sind in der Housing-Siedlung am Volksfestplatz von Haus zu Haus gezogen, um Süßigkeiten zu bekommen", erinnert sie sich gerne daran.
Später, als die Familie nach Sulzheim gezogen ist, war diese Tradition weniger präsent. Aber immerhin gab es ein Gruselhaus im Ort. Als die Besitzer nicht mehr weitermachten, entschied Liane Kirbye: "Ich will, dass es weitergeht!" Und so hat vor acht Jahren der außergewöhnliche Halloween-Spaß bei Familie Kirbye begonnen. Was zunächst recht klein gehalten war, wurde mit der Zeit immer größer - und damit auch der Zulauf. Im Vorjahr, berichtet sie, waren es über 100 Halloween-Fans.

Manche Deko-Artikel für ihr Grusel-Labyrinth hat sie gekauft, vieles aber selbst gefertigt. Totenköpfe und Grabsteine aus Styropor und fluoreszierenden Farben zum Beispiel, oder Kerzenständer aus Klopapierrollen und Pool-Nudeln, Gedärme aus Bauschaum, Hirne aus Gips. Manches gibt seltsame Laute von sich, anderes dröhnt, blinkt, brodelt oder wackelt. Mittlerweile hat sie so viele Halloween-Utensilien, erzählt sie, dass der Dachboden damit unterm Jahr fast vollständig belegt ist.
Familie, Freunde und Arbeitskollegin helfen mit
Bei aller Vorarbeit: Als Stress will sie das nicht verstanden wissen. Halloween sei für die Familie wichtiger als Weihnachten. Und sie hat jede Menge Unterstützung. Freunde packen im Vorfeld mit an und verkleiden sich am Abend als Darsteller, um für grausige Momente zu sorgen. Nicole May, Arbeitskollegin von Liane Kirbye, war im Vorjahr als Gast dabei und derart begeistert, dass sie diesmal mithilft.

Mutter Birgit ist für die Verpflegung der Akteure zuständig. Kürbissuppe wird es geben, einen "Grabkuchen" und Nudelsalat mit Spinnen, verrät sie. Papa John freut sich derweil, dass der amerikanische Brauch zuhause zelebriert wird und ist mit Feuereifer dabei. "Alles super, halt ein Haufen Arbeit", sagt er in aller Kürze und steckt sogleich wieder mitten im Aufbau. Auch Tochter Sam lässt sich den Spaß nicht nehmen, ebenso wie Kirbyes Tante.
Weil die Familie kein Kind allzu sehr verschrecken will, gibt es eine Grusel-Ampel: Für die Kleinen und nicht so Wagemutigen leuchtet sie rot, die Tour wird dann etwas harmloser ausfallen; wenn's grün aufleuchtet, wird es schon gruseliger; und Blau bedeutet: "volle Kanne Grauen". Alles wird perfekt in Szene gesetzt, mit Leuchteffekten und sogar einer Nebelmaschine. Am Ende gibt es natürlich Süßes für alle, die es durch das Labyrinth geschafft haben.

Los geht es am Dienstagabend, sobald es dämmert. Die Gäste werden einzeln oder in Kleingruppen durch den Garten geführt, bis etwa 22 Uhr. Bei großem Andrang bittet die Familie, kurz vor der Tür zu warten. Das Haus der Familie befindet sich in der Straße Im Grund 32 in Sulzheim.