Das Gochsheimer Logistikunternehmen Pabst (Lkr. Schweinfurt) wurde vom Bayerischen Wirtschafts- und Familienministerium als eines der 20 familienfreundlichsten Unternehmen in Bayern ausgezeichnet. 300 Firmen hatten sich an diesem Wettbewerb beteiligt. Neben der Firma Pabst erhielt aus Unterfranken nur noch Maschinenbauer Kurtz in Kreutzwertheim (Lkr. Main-Spessart) diese Auszeichnung. Wie familienfreundliche Personalpolitik in der Männer dominierten Transportbranche geht, das erklärt Personalchefin Julia Käb im Gespräch mit dieser Redaktion. Sie selbst arbeitet als Führungskraft in Teilzeit und lebt somit die Unternehmensphilosophie vor.
Frage: Frauen in der Logistikbranche sind eher selten. Wie schaut's bei Ihnen aus, Frau Käb: Fahren Sie selbst Lkw?
Julia Käb: (lacht) Nein, aber ich bin in einer Busfahrer-Familie aufgewachsen. Die Berufskraftfahrermaterie ist mir also schon etwas in die Wiege gelegt worden.
Käb: Ich finde es immer eine gute Möglichkeit, sich auch mal in einem anderen Rahmen bewusst zu machen, was man alles tut. Oft wird im täglichen Tun nicht mehr wertgeschätzt, was so alles passiert. Wir haben einen hart umkämpften Bewerbermarkt. Da ist es von Nutzen, sich auf diese Weise hervorzuheben und ein Alleinstellungsmerkmal zu schaffen.
Und wie hat sich das Unternehmen die Auszeichnung verdient?
Julia Käb: Der überwiegende Teil der 300 Teilnehmer an diesem Wettbewerb waren Unternehmen, die eher aus dem IT-Bereich kommen. Da ist es natürlich viel leichter als bei uns in der Transportbranche, familienfreundliche Angebote zu machen. Schon aus diesem Gesichtspunkt heraus haben wir uns den Preis verdient.
Und was genau macht Pabst-Transporte zu einem familienfreundlichen Unternehmen?
Käb: Eine gute Voraussetzung ist, dass wir ein Familienunternehmen und inhabergeführt sind. Normalerweise denkt man bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf an Teilzeit und Flexibilität. Aus unserer Sicht ist ein familienfreundliches Unternehmen aber noch mehr. Es sind viele Kleinigkeiten, die sich zum großen Ganzen summieren. Das beginnt bei einer familienfreundlichen Einsatzplanung und geht bis hin zur individuellen Routenplanung, die es den Fahrern ermöglicht, den Abend beziehungsweise das Wochenende bei den Familien zu verbringen. Daneben sind wir modern und digital aufgestellt. Wir haben zum Beispiel die Pabst-App, über die sich Fahrer schnell und unbürokratisch abstimmen können. Hier tauschen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch familiär aus. Die meisten Klicks gibt's auf Posts von Hochzeiten oder der Geburt des Nachwuchses. Dadurch wird eine Bindung geschaffen. Wir sprechen ja nicht umsonst von der Pabst-Familie – wir sind tatsächlich eng miteinander verbunden.
Wie wird die Familienfreundlichkeit bei Pabst im Berufsalltag gelebt?
Käb: Wir schaffen durch verschiedene Teilzeit- und Schichtmodelle oder auch durch Homeoffice für Beschäftigte am Standort die Möglichkeit, Beruf und Familie besser zu vereinbaren. Wir haben Tagschicht, Nachtschicht, Wechselschicht, Dienste im Zwei-Wochen-Rhythmus oder auch tageweise Einsätze. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Wir versuchen, alle Arbeitszeitwünsche unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erfüllen. Wir würden uns ja ins eigene Fleisch schneiden, wenn wir nur ein Arbeitszeitmodell anbieten würden.
Können tatsächlich auch die Berufskraftfahrerinnen und -kraftfahrer solche Arbeitszeitmodelle nutzen?
Käb: Ja, in jedem Fall. Elternzeit sowieso, und Teilzeit ist in jeder Form auf dem Vormarsch. Wobei man ehrlicherweise sagen muss, dass von unseren 490 Berufskraftfahrern der überwiegende Teil männlich ist und in Vollzeit arbeitet. Denn auch in der heutigen modernen Gesellschaft sind die Männer meistens noch die Hauptverdiener.
Wie sieht es mit Nachwuchsfahrerinnen und -fahrern aus?
Käb: Aktuell haben wir 28 Auszubildende, die Berufskraftfahrer werden wollen. Unter ihnen ist auch eine junge Frau. Das freut uns besonders. Zu schaffen macht uns aber der demografische Wandel. Die Kraftfahrer werden immer älter, und es kommen zu wenige nach. Wir arbeiten seit Jahren am Image des Berufskraftfahrers. In ganz Deutschland fehlen aktuell 70 000. Die Pandemie hat das noch einmal durch den boomenden Online-Handel befeuert.
Was macht den Beruf so unattraktiv?
Käb: Es ist das Bild des Lkw-Fahrers, der im Lastwagen wohnt, kein festes Bett und keine Dusche hat und dass Logistiker per se etwas Schlechtes sind. Hinzu kommen die schwarzen Schafe in der Branche. Lkw-Fahrer, die tatsächlich wochenlang im Lkw leben. Die ehrlichen Logistik- und Transportunternehmen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fair bezahlen und soziale Standards einhalten, haben es dann schwer, qualifizierte Fahrer und Fahrerinnen zu finden.
Sie sprechen hier die Speditionen an, die in Mittel- und Osteuropa ihr Personal rekrutieren. Wo bekommt die Firma Pabst ihre Fahrerinnen und Fahrer her, wenn in Deutschland der Nachwuchs fehlt?
Käb: Es ist richtig, dass auch wir unseren Bedarf an Berufskraftfahrern immer stärker international ausrichten. Inzwischen kommt ein Drittel unserer Fahrer aus dem Ausland. Aber uns ist es wichtig, dass ein Berufskraftfahrer, der hierher kommt, auch entsprechend betreut wird. Wir haben einen firmeneigenen Integrationsbeauftragten, der sich um den Familiennachzug und die Wohnungssuche kümmert. Denn wir haben großes Interesse, dass unsere Fahrer hier bleiben. Wir bieten auch Sprachkurse im Haus an. Denn wenn wir Bestleistung auf den Fahnen stehen haben, ist es gut, wenn unsere Fahrer auch Deutsch sprechen.
Dann trifft das Bild vom Leben auf der Straße nicht auf die Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer bei Pabst zu?
Käb: Der Großteil unserer Lastwagen steht tatsächlich am Wochenende in Gochsheim auf dem Firmenhof. Wir haben zudem Standorte über die ganze Bundesrepublik verteilt. Fahrer, die von dort aus den täglichen Nahverkehr bedienen, können ihren Lkw dann wohnortnah abstellen. Und ja: Unsere Kraftfahrer leben nicht auf der Straße, sie sind am Wochenende oder auch täglich abends zu Hause.
Die Firma Pabst hat vor 60 Jahren mit einem Baustellenkipper begonnen. Heute stehen 320 Lastwagen auf dem Firmengelände. Geht das Wachstum weiter?
Käb: Blickt man auf die aktuellen Kundenanfragen, könnten wir sofort mit 50 bis 70 Lastwagen mehr fahren. Wir wollen es aber nicht. Wir sind ein Familienunternehmen und haben die Größe erreicht, die uns reicht. Deshalb finden wir auch noch ausreichend Fahrer. Im Gegensatz zu anderen in der Branche, die etliche Lastwagen auf dem Hof stehen lassen müssen.
Zurück zur Auszeichnung als familienfreundliches Unternehmen: Wie wichtig ist für die Firma Pabst so eine Ehrung?
Käb: Die Auszeichnung ist wichtig sowohl für die Außen- als auch die Innenwirkung. Sie zeigt, dass man Familienfreundlichkeit auch in ein Transportunternehmen packen kann.
Dann könnte sich die Transportbranche künftig verweiblichen?
Käb: (lacht) Finden Sie erst mal eine Frau, die Berufskraftfahrerin werden will.