Die ganze Woche über war Gerald Günther schlecht gelaunt, sagt er und schmunzelt. "Es war vom Wetter her sehr erschreckend angekündigt." Doch bis auf einen großen Schauer am Vormittag strahlte die Sonne beinahe durchgehend über Schweinfurt. Als am Nachmittag dunkle Wolken aufzogen, sah es kurz nach Gewitter aus. "Doch genau hier in Schweinfurt hat es einen Bogen gemacht. Wir haben richtig viel Glück gehabt", resümiert Günther am Abend, während es gerade dunkel wird. "Wenn jetzt noch der Mond kommt, der bestellt ist."
Überhaupt zeigt sich der Geschäftsführer des Veranstalters KulturPackt sehr zufrieden mit der 23. Ausgabe des Straßenmusikfestivals Pflasterklang in der Schweinfurter Innenstadt und auf der Gutermann-Promenade. Die Besucherzahlen und die Größe des Festes schätzt er auf "Vor-Corona-Niveau", während es im vergangenen Jahr noch etwas kleiner ausgefallen war. Es habe sich bewährt, das Festival vor einigen Jahren nach vorne verlegt zu haben. "Wir haben gemerkt, dass Ende August, Anfang September viel mehr Leute in den Urlaub fahren."
Musik, Malerei, Jonglage, Clownerie – Programm für Groß und Klein
Am Vormittag ist der Andrang noch kleiner, am Nachmittag ist die Innenstadt voll, kaum ein Tisch bei den Gastronomen unbesetzt. Von den 44 angekündigten Künstlerinnen und Künstlern – viele aus der Region, aus München oder gar Ostfriesland angereist – sind fast alle da, nur vier sagten ab. An 19 festen Plätzen in der Innenstadt gibt es an diesem Samstag Musik, Malerei, Clownerie und Jonglage.
Alle paar Meter ist in der Fußgängerzone ein anderer Sound zu hören – von Country über Blues und Jazz hin zu Folk, Pop und Oldies. Zum ersten Mal tritt etwa der 30-köpfige Thalia-Chor bei dem Straßenmusikfestival auf. Während der Auftritt vormittags ins Wasser fällt, begeistert der zweite Auftritt in der Rückertstraße umso mehr. "Es war toll", sagt auch Gerald Günther am Abend.
Es ist 14.30 Uhr und die "Three Lions" aus dem Raum Schweinfurt fangen an in der Spitalstraße zu spielen. Während beliebte Oldies wie etwa "Bad Moon Rising" von Creedence Clearwater Revival erklingen, sammeln sich die Zuschauerinnen und Zuschauer um die Männer herum, klatschen, wippen, Kinder tanzen. Bis auf zwei Jahre seien die "Three Lions" immer beim Pflasterklang gewesen, sagt die Band im Anschluss an den Auftritt in der Spitalstraße. Sie freut sich, mit ihrem Auftritt einen kulturellen Beitrag in Schweinfurt zu leisten.
Noch während die "Three Lions" ihr Zeug zusammenräumen, steht schon der nächste Künstler auf der Matte und beginnt, sein Equipment aufzubauen. Bass Drum, Snare, Hi-Hat, zwei Gitarren und eine Mundharmonika wird Andreas Unter nun eine Stunde lang alleine bedienen, dazu singen. Als die ersten Akkorde ertönen, fühlt es sich ein wenig so an, als wäre man im Urlaub irgendwo in Südeuropa.
Keine Gage, dafür Verpflegung, Übernachtung und Fahrtkosten
Immer wieder werfen die Menschen Geld in die Gitarrenkoffer oder andere Behältnisse vor den Künstlern. Das ist ihre Gage, denn ein offizielles Honorar des Veranstalters gibt es nicht; er sorgt für Verpflegung, Übernachtungen und einen Teil der Fahrtkosten. In der Stadt gibt es einen zentralen Treffpunkt mit Essen und Trinken, in dem sich die Teilnehmenden den ganzen Tag über verpflegen können.
Um 16.30 Uhr endet eigentlich das Straßenprogramm. "Ihr könnt jetzt 'Zugabe' schreien", ruft "Der Wolf" aus Oberspiesheim in die Menge, nachdem er gerade "Knockin' on Heaven's Door" performte. Die Zuschauenden lassen sich nicht zweimal bitten – und der Musiker spielt noch ein weiteres Cover. Auch an den anderen Ecken klingt es nach Zugaben und lautem Applaus.
Obwohl Verstärker beim Pflasterklang normalerweise verpönt sind, haben die Veranstalter in diesem Jahr eine Ausnahme gemacht: Auf der Sommerbühne vor der Kunsthalle dürfen drei Interpreten mit elektronischer Unterstützung spielen. "Sie sind weit genug weg von den anderen", erklärt Günther die Entscheidung.
Feuershow am Abend begeistert Zuschauende
Mit einem Minimalverstärker sind auch die Bäsareisser aus Riedbach mit ihrer mittelalterlichen Dudelsackmusik dabei. "Alle Leute bleiben stehen, wollen uns, die Schwaben, sehen", singt der Frontmann. Es ist kurz vor acht und die Menschen kommen für das Abendprogramm. Wer von der Disharmonie aus kommend die Gutermann-Promenande entlang schlendert, kommt unweigerlich an den drei Männern vorbei. Gleich an den Anfang habe man sie gestellt, weil sie so laut seien, sagt der Sänger in die Menge.
Viele der Künstlerinnen und Künstler, die man tagsüber schon in der Fußgängerzone sehen konnte, sind auch am Abend am Main dabei. Ein besonderes Highlight ist die Feuershow von Lilly, einer jungen Frau aus Italien. Gekonnt wirbelt sie brennende Fackeln und Stäbe durch die Luft, die Zuschauenden sind begeistert. Es ist schon dunkel jetzt, nur noch Straßenlaternen, Lampions und Lichterketten beleuchten die Promenade.
Und dann kommt auch noch der Mond hinter den Wolken hervor, genau, wie es sich Gerald Günther gewünscht hatte.