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GEROLZHOFEN
Sicherheit geht vor Mittelalter-Optik
Der Bau- und Umweltausschuss im zweiten Obergeschoss des Bürgerspitals. Ohne einen zweiten Fluchtweg wäre hier ein Fortbestand der Stadtbibliothek nicht möglich.
Foto: Norbert Finster | Der Bau- und Umweltausschuss im zweiten Obergeschoss des Bürgerspitals. Ohne einen zweiten Fluchtweg wäre hier ein Fortbestand der Stadtbibliothek nicht möglich.
Norbert Finster
Norbert Finster
 |  aktualisiert: 02.04.2019 12:53 Uhr

Menschenschutz geht vor Denkmalschutz. Oder anders ausgedrückt: Wenn die Stadt nicht einen zweiten Fluchtweg für ihr Bürgerspital schafft, dann kann der Betrieb der Stadtbibliothek in diesen historischen Gemäuern nicht weitergeführt werden. Vor dieser Entscheidung wird demnächst der Stadtrat stehen.

Bereits im vorberatenden Bauausschuss war zu erkennen, dass man natürlich an der Stadtbibliothek im Spital festhalten will. Dafür wird man allerdings nach dem Alten Rathaus abermals den Preis einer gravierenden optischen Beeinträchtigung eines historischen Gebäudes in der Innenstadt zahlen müssen. Denn als einzige Lösung scheint eine außen liegende Fluchttreppe an der Südseite des Spitals zum Botanischen Garten hin möglich zu sein.

Frühere Versäumnisse

Sandra Nagel vom Stadtbauamt stellte dem Ausschuss vor Ort das Konzept vor, das auf Plänen des Untereisenheimer Brandschutzplaners Endres beruht. Dabei kam zunächst zum Vorschein, dass schon seit der letzten großen Sanierung und Erweiterung des unter Denkmalschutz stehenden Hauses aus dem frühen 15. Jahrhundert erhebliche Mängel beim Brandschutz bestehen. Diese Sanierung war im Jahr 1979. Die damals genehmigten Pläne enthalten Brandschutzelemente, die bei der Ausführung nicht realisiert wurden wie zum Beispiel eine Brandschutztür. Darüber hinaus gibt es im Haus keine ordentliche Beschilderung des bisher einzigen Fluchtwegs über das Treppenhaus.

Vor allem das Fehlen des zweiten Fluchtwegs hat dazu geführt, dass jetzt nur noch maximal 30 Personen gleichzeitig in die Obergeschosse der Stadtbibliothek dürfen.

Im Erdgeschoss des Bürgerspitals sind laut Sandra Nagel keine Maßnahmen zum Brandschutz nötig. Aus allen Räumlichkeiten dort (Stadtarchiv, Foyer und Minnesängerstube) gibt es zwei Fluchtwege über Außentüren in Richtung Spitalhof und Spitalgarten. Gleiches gilt für den Spitalkeller, von dem ein Weg über das Treppenhaus und ein zweiter in den Spitalgarten führt. Hier fehlen allerdings ebenfalls Hinweise auf diese Wege.

99 ist die Höchstgrenze

Zustände wie bei früheren Weinfesten, wo der ls Bocksbeutelkeller genutzte Spitalkeller oft bis in die frühen Morgenstunden überfüllt war, wird es nicht mehr geben. Denn hier ist die höchstmögliche Besucherzahl auf 99 Personen festgelegt. Der Keller kann im Moment nur über eine Einzelgenehmigung genutzt werden.

Im ersten Obergeschoss soll nach dem Brandschutzkonzept aus Obereisenheim ein Fenster auf der Südseite zu einer Tür erweitert werden, die auf die außenliegende Fluchttreppe führt.

Im zweiten Obergeschoss reicht laut Planer ein bestehendes Fenster zur Treppe als zweiter Fluchtweg. Von hier aus sind es etwa zehn Meter Höhe bis zum Boden. Sehr abgeschnitten liegt das Büro der Bibliotheksleitung. Hier soll die ebenfalls nicht brandschutztaugliche Tür zum Treppenhaus geöffnet werden. Das hat allerdings im oberen Teil keinen Rauchabzug. Dazu soll ein Dachfenster eingebaut werden. Der Brandschutzplan ist bereits mit der Feuerwehr Gerolzhofen abgesprochen. Blitzschutz und Überspannungsschutz sind noch zu prüfen.

Die Musikschule im Nordflügel des Gebäudes hat bereits zwei Fluchtwege, einen über die Spitalkirche, einen zum Gässchen zwischen Spitalstraße und Spitalgarten.

Kosten noch unbekannt

Die von Sandra Nagel vorgestellten Pläne liegen bereits beim Landratsamt. Dem Stadtrat wird in einer der nächsten Sitzungen ein Beschlussvorschlag vorliegen, so dass die Maßnahmen zeitnah umgesetzt werden können. Was das alles kosten soll, konnte Nagel noch nicht sagen. Vielleicht im Januar könnten Zahlen vorliegen, sagte sie Fragesteller Erich Servatius.

Auch wenn alle Brandschutzmaßnahmen erledigt sind, werden nicht mehr als 99 Personen gleichzeitig im Haus sein können. Bis es so weit ist, bleibt die Beschränkung auf 30 Menschen bestehen. „Bei Besuchen von Schulklassen ist man an dieser Zahl schnell dran“, sagte Bürgermeister Thorsten Wozniak.

Sorgfaltspflicht einhalten

Was bis jetzt geschehe, könne man vielleicht noch als fahrlässig bezeichnen. Wenn die Stadt aber nichts tue und weiter Leute in das Bürgerspital hole, grenze das schon an Vorsatz, wenn etwas passiert. „Wir müssen unsere Sorgfaltspflicht einhalten“, appellierte der Bürgermeister.

Speziell für die Feuerwehr seien keine Maßnahmen am oder im Haus nötig, erfuhr Erich Servatius. Es seien sechs Wasserentnahmestellen in der Nähe und auch mit der Drehleiter komme die Wehr überall hin, so dass keine Bäume im Umfeld gefällt werden müssen. Johannes Roth mahnte schließlich, die einzelnen Bauabschnitte im Haus nm nicht nur brandschutztechnisch, sondern auch bei der Stromversorgung voneinander abzuschotten.

Die Südseite des Bürgerspitals. Hier soll der zweite Fluchtweg in Form einer außenliegenden Treppe entstehen.
Foto: Norbert Finster | Die Südseite des Bürgerspitals. Hier soll der zweite Fluchtweg in Form einer außenliegenden Treppe entstehen.
 
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