Prächtig rot und gelb blühen die Rosen am neuen Mutter Anna-Platz im Zürch. Sie umgeben mit vier jungen Platanen eine Heiligenfigur in der Mitte und begrenzen gemeinsam mit Sandsteinmauern zudem eine Parkfläche. Der Platz ist ein gelungenes Beispiel dafür, dass Innenentwicklung nicht nur bedeutet, Wohnraum in den Ortskernen zu schaffen, sondern auch neue Grün- und Freiflächen zu gestalten.
Der Zürch in Geldersheim ist eine schmale Straße. Wenn hier Autos parken, wird es eng. "Früher war der Zürch unbebaut", erklärt Bürgermeister Oliver Brust. Früher, als Zürch noch "Weideland im Ortsgebiet" bedeutete, innerhalb der Dorfmauer. Heute kann die beidseitig bebaute Gasse durchaus mehr Platz vertragen. So wie ihn die Gemeinde geschaffen hat.
Gemeinde hat Kleingehöft gekauft
Sie hat hier ein leerstehendes Kleingehöft mit Wohnhaus und Scheune gekauft, nachdem Anlieger an dem Grundstück kein Interesse hatten. "Die Scheune war schon einmal ein stückweit abgebrochen worden", erinnert sich der Bürgermeister an den unansehnlichen Zustand. Seine Idee war, das Gehöft ganz abzubrechen, den Platz zu gestalten und Parkraum zu schaffen.
Gleichzeitig sollte im Dorf der Bildstöcke eine alte Heiligenfigur wieder zur Geltung kommen. Seit Jahrzehnten stand eine Skulptur der Heiligen Anna mit Kind Maria – "also die Oma von Jesus", wie Brust erklärt – versteckt in einem Garagenhof in der Karolingerstraße. Eine gemauerte Bildnische mit einem halbhohen Metallgitter ließ nur einen Teil sichtbar werden. Ursprünglich hatte die Figur im Unterdorf ihren Platz. "Es war mir immer ein Anliegen, sie ins Dorf zurückzuholen", blickt Brust zurück.
Nach Plänen von Architekt Dag Schröder wurde der 170 Quadratmeter große Platz im Zürch gestaltet, Teile der Sandsteinmauer saniert, Abbruchsteine für eine Ergänzung genommen, Restmauern im gleichen Ton verputzt. Pflegeleichte Bepflanzung umgibt die vier gepflasterten Parkplätze. 115 000 Euro hat die Gestaltung gekostet. Über die seit 1987 laufende Dorferneuerung erhielt die Gemeinde 62 000 Euro Zuschuss vom Amt für Ländliche Entwicklung.
Platanen überschirmen Glasgehäuse
Vier Platanen überschirmen in der Mitte ein Glasgehäuse, in dem die bemalte Lindenholzfigur aus der Mitte des 19. Jahrhunderts einen würdigen Platz erhielt. "Sie ist jetzt von allen Seiten zu sehen", weist Brust auf die reichen Ornamente auch auf der Rückseite. Die Gemeinde hatte 17 000 in die Renovierung der 1,80 Meter großen Mutter Anna-Figur investiert, inklusive Glasgehäuse und Muschelkalksockel.
"Es ist ein schönes Eckle geworden", meint der Bürgermeister und deutet auf zwei Bänke, die zum Aufenthalt einladen. Dass auch den Anwohnern der 2018 eingeweihte Platz gefällt, zeigen zwei prächtige Geranientöpfe, die ein Privatbesitzer vor der Heiligenfigur aufgestellt hat und pflegt.
Viel Grün hat im Rahmen der 30-jährigen Dorferneuerung in Geldersheim Einzug gehalten. "Wir haben viel in Bäume investiert", zählt Brust auf: Im Ober- und Unterdorf, auch in der Siedlung wurden straßenbegleitende Bäume gepflanzt. "Durch die Hitze haben aber viele Schaden gelitten", bedauert Brust, "sogar direkt am Bach. Sie kollabieren bei den hohen Temperaturen."
Dennoch grünt und blüht es überall im Dorf. Versiegelte Flächen wurden aufgebrochen, Grünzonen gestaltet. Die einst verfallenden Gaden wurden erhalten und begrünt. Auch der Gemeindebauhof, der mitten im Dorf in einem ehemaligen Bauernhof sein Domizil hat, wird grün umrankt, eine Kastanie steht an der Mauer. Für mehr Platz hatte die Gemeinde ein kleines Gebäude abgerissen. Die Lücke in der Häuserreihe wurde mit Grün überbrückt.
Von der Dorferneuerung als Instrument der Innenentwicklung hat Geldersheim enorm profitiert, weiß der Bürgermeister. 5,2 Millionen Euro hat die Gemeinde in 30 Jahren investiert, 2,1 Millionen Euro erhielt sie an Zuschuss.
Für private Maßnahmen haben die Besitzer in der Zeit zwischen 2008 und 2017 knapp eine Million Euro ausgegeben, heißt es im Bericht zu den Innenentwicklungsbemühungen in der Allianz Oberes Werntal. Von den zuwendungsfähigen Ausgaben von 600 000 Euro wurden 25 Geldersheimer Antragsteller mit über 100 000 Euro gefördert.
"Man muss sich immer bewusst machen, wie das Dorf vorher ausgesehen hat", konstatiert Brust.
Die Anstrengungen der Allianz Oberes Werntal zur Wiederbelebung der Altorte zeigen Wirkung. Ziel ist es, sogenannte Krapfendörfer zu schaffen, deren Inneres gut gefüllt ist, und Donut-Dörfer zu vermeiden, die in ihrem Kern leer sind. Die verschiedenen Aspekte dieser Innenentwicklung mit Vorbildcharakter beleuchten wir in unserer Serie.