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SCHWEINFURT
Serie Giebelfiguren: Die Ritter mussten draußen bleiben
Gerd Landgraf
Gerd Landgraf
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:43 Uhr

Von den Rathausgiebeln grüßen gleich zwei Ritterstatuen, wovon einer als Herold, der zweite als Ritter und damit als Symbol für den Adel gesehen wird. Doch Adel in der Freien Reichsstadt? Den gab es eigentlich nicht. Dieser war höchstens geduldet und selten erwünscht. Der Adel durfte innerhalb der Stadtmauern weder Haus noch Grund erwerben und auch keinen Handel treiben. Auch wurde der Adel verpflichtet, darauf zu achten, dass sich sein Gesinde in der Stadt ordentlich aufführt.

Aus drei Ständen setzte sich die mittelalterliche Gesellschaft zusammen: Geistliche, die sich um das Seelenheil kümmerten, der kämpfende Adel und der arbeitende Bauer. Die Städte stellten diese Ordnung zwar nicht auf den Kopf, doch die Stadtluft machte frei, schuf in den Stadtmauern den Bürger, in dessen Reihen kein Patz für den Adel als sozial exklusive Gruppe mit gesellschaftlichem Vorrang war.

Gegensätze

Der Gegensatz zwischen ländlicher Feudalwelt und städtischem Bürgertum sorgte auch in und um Schweinfurt für viel Ärger. Erinnert sei an die vom Adel und insbesondere von Raubrittern geworfenen Fehdehandschuhe, die erst der Ewige Landfrieden (7. August 1495 unter König Maximilian auf dem Reichstag zu Worms) in die Mottenkiste schickte. „Dann hat der Unfug aufgehört“, meint Stadtarchivar Uwe Müller, mit dem die Redaktion über Schweinfurt und den Adel sprach.

Die Dokumente im Stadtarchiv geben Einblicke in das Verhältnis zwischen Adel und Stadt ab dem 15. Jahrhundert. Bürgerrechte konnte in der Reichsstadt Schweinfurt (12. Jahrhundert bis 1802) kein Adeliger erringen. Geduldet waren Adelige innerhalb der Stadtmauern jedoch regelmäßig während irgendwelcher Kriegszüge und in ansonsten unruhigen Zeiten – vor allem im 30-jährigen Krieg. In diesen Jahren fanden nicht nur Frauen eine sichere Zuflucht in der Stadt, auch Offiziere (zumeist Adelige) lebten in den Mauern, die Soldaten vor den Mauern.

Die Ausnahme

Bis 1568 hatte allerdings ein Adeliger allerhand Macht in und über Schweinfurt – der Reichsvogt als Vertreter des Kaisers. Im genannten Jahr erwirkten dann die Schweinfurter das Privileg, den (seiner Befugnisse ziemlich beraubten) Reichsvogt aus ihren Reihen zu stellen. Auf den Posten kam jeweils der älteste der sechs sich im Amt abwechselnden Bürgermeister.

Um 1800 hatte Schweinfurt rund 6000 Einwohner und 26 Beisassen (Bewohner mit eingeschränktem Bürgerrecht). Darunter waren wohl einige Adelige, meint Stadtarchivar Uwe Müller („sicherlich einige Damen und Witwen“). Ob ein Adeliger Wohnrecht erhielt, wurde im Einzelfall entschieden. Eine Urkunde aus dem Jahr 1640 erlaubte dem Adam Albrecht von und zu Erthal in einer bürgerlichen Behausung mit seinem Gesinde zu wohnen und zu hausen.

Verzicht auf adelige Freiheiten

Abverlangt wurde von und zu Erthal per Eid, dass er den Bürgern keinen Schaden zufügt und zum Nutzen der Stadt wirkt. Auf alle adeligen Freiheiten musste er verzichten und die städtische Ordnung einhalten. Die Aufenthaltsgenehmigungen für den Adel waren in der Regel auf unruhige Zeiten beschränkt. Im Frieden hatten der Adel die Stadt zu verlassen.

Für das Jahr 1701 ist belegt, dass der Rat der Stadt beim Verkauf des Schrotturms an einen Adeligen einschritt und die Gerichte bemühte. 1604 hatte der Ratsadvokat Ludwig Brunner niedergeschrieben, warum man den Adel nicht wollte: Weil er die Bürger verachte und die Bürger wie Knechte behandle.

22 Steinfiguren – die Serie

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts standen Kriegerfiguren auf den Rathausgiebeln. Es folgten 100 Jahre ohne Figurenschmuck, ehe nach dem Dachstuhlbrand im April 1959 die Schweinfurter Bürger spendeten. 80 000 Mark kamen zusammen, mit welchen zehn Bildhauer aus Unterfranken für 22 neue Giebelfiguren aus Sandstein bezahlt wurden. Die Putten und Statuen verkörpern Tugenden, die Elemente und Berufe.

Zu jedem Symbol erzählt im Rahmen unserer Sommerserie ein Mitglied der Redaktion eine Geschichte.

 
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