Lotte Becker feiert am Freitag, 2.August, ihren 100.Geburtstag. Geboren als Tochter von Jakob und Elisabeth Deppert wuchs sie mit ihrem Bruder Rudolf in deren landwirtschaftlichem Betrieb auf. Vater Jacob, Großschlächter im Schweinfurter Schlachhof, hatte den Betrieb übernommen, nachdem sein Bruder im Ersten Weltkrieg gefallen war. In Sennfeld war er auch als Fleischbeschauer und Hausmetzger tätig.
Nach der Schule arbeitete Lotte im elterlichen Betrieb mit. So verkaufte sie mit ihrer Mutter - beide bringen es zusammen auf 70 Jahre - Gemüse auf dem Schweinfurter Markt. Damals waren die Stände auf dem Marktplatz vor den jeweiligen Geschäften von der Zehnt- bis zur Spitalstraße angeordnet. Ihr Stand war der erste in der Zehntstraße. Lotte erinnert sich, dass die Standgebühren damals am "Zollhäuschen" an der Brücke auf der Maininsel entrichtet werden mussten. Die Kinder von Willy Sachs kamen gerne an ihren Stand, erinnert sie sich. Sie mochten gern frisch abgeschabte Karotten, die sie gleich aßen.
Lotte war schon früh aktiv in der Turnabteilung der SG Franken 06. Da ihr Vater zu den Gründungsmitgliedern des Volkstrachtenerhaltungsvereins "Die Semflder" zählte, engagierte sie sich im Verein. Auf einem Trachtenfest in Würzburg lernte sie Walter Arnold aus Künzelsau kennen. 1938 wurde geheiratet. Aus der Ehe ging Tochter Ursula (1940) hervor. 1941 kam die Nachricht, dass Walter in Rußland gefallen war.
In der Gaststätte "Zum Goldenen Faß", sorgte Ursula dafür, dass Mutter Lotte zarte Bande zu Albert Becker knüpfte. Albert war als Soldat aus Münster nach Sennfeld gekommen. 1948 heirateten Lotte und Albert. Nach der Übernahme des elterlichen Betriebs beendete Lotte mit 80 Jahren den Gemüseverkauf auf dem Schweinfurter Markt. Nach dem Tod von Albert verbringt sie ihren Lebensabend (nach einem Schlaganfall) im Pflegeheim der Diakonie auf der Maininsel.
Seit 1989, auch nach dem Umzug ins Pflegeheim, organiserte sie 25 Jahre, jeweils am ersten Montag im Monat, die Treffen des Jahrgangs 1919 in der "Alten Schreibstube". Gesprächsthemen waren unter anderem Dorftratsch, Krankheiten, die Familie, aber auch das Tanzen im Saalbau Kritzner. Unvergesslich blieb die Tanzveranstaltung, bei der alle Tänzerinnen so lustig waren, weil eine mit selbst gebranntem Johannisbeerwein eingeschmuggelte Flasche die Runde machte. "Wir haben nicht viel gehabt, waren aber zufrieden!", sagt Lotte Becker. Sie lässt sich von nichts unterkriegen, weil sie überall etwas Positives sieht.
Der Gesangverein ernannte Lotte Becker zum Ehrenmitglied und ehrte sie 2017 für 70 Jahre Mitgliedschaft. Sie ist auch Mitglied des evangelischen Gemeindevereins in Sennfeld. Sie fühlt sich noch immer mit Sennfeld tief verbunden, wo ihr Vater auch 20 Jahre dem Gemeinderat angehörte. Zum Jubeltag gratulieren Tochter Ursula mit Mann Helmut, drei Enkel, sechs Urenkel sowie viele Verwandte, Freunde und Bekannte.