In einem Raum im Keller der Schweinfurter Jugendherberge in der Niederwerrner Straße wird intensiv diskutiert: „Ich plädiere für den vierten Fall“, sagt Carina Baur, und deutet dabei auf eine Formel an der Tafel. „Aber woher weiß ich, dass g gleich h ist?“, entgegnet ihr ein Seminarteilnehmer.
Themen, die in der Schule nicht diskutiert werden
Als Außenstehender kann man es schon erahnen: hier wird nicht über Politik oder Umweltschutz diskutiert – Beim Seminarwochenende des Vereins QED dreht sich alles um das Thema Mathematik, insbesondere um mathematische Themen, die in der Schule nicht auf dem Stundenplan stehen.
„Mathe ist noch viel mehr, als das, was in der Schule unterrichtet wird“, erklärt Luise Puhlmann, Mathematikstudentin und erste Vorsitzende von QED, kurz für „Quod erat demonstrandum“ („Was zu beweisen war“) – Ein Satz, der einem noch aus der Schule bekannt sein dürfte, als es um mathematische Beweise ging.
Lehrer oder Professoren? Fehlanzeige
Der gemeinnützige Verein, der sich ursprünglich beim Landeswettbewerb „Mathematik Bayern“ zusammenfand, wurde bereits im Jahr 2000 gegründet und hat es sich laut eigener Aussage zum Ziel gemacht, mathematisch interessierte Jugendliche zu fördern.
Eine weitere Besonderheit von QED ist zudem, dass der „Verein und seine Veranstaltungen vollständig von Schülern und Studenten geleitet und organisiert wird“, heißt es auf der Vereinswebseite. Lehrer oder Professoren sind bei den Seminaren also nicht dabei. Die jungen Referenten kümmern sich in ihrer Freizeit um ihre Vorträge und suchen sich in Absprache mit der Vereinsführung ihre Vortragsthemen selbst aus.
Der Spaß steht für die Teilnehmer im Vordergrund
Ein klarer Vorteil, findet Luise, denn so herrsche während der Seminare „eine freundschaftliche und lockere Atmosphäre“, bei der man sich im Gegensatz zur Schule vielleicht auch eher traue nachzufragen, wenn man etwas nicht verstanden hat. Denn für QED steht bei den Vereinstreffen und Seminaren insbesondere der Spaß an der Mathematik im Vordergrund.
Mittlerweile zählt der Verein rund 180 Mitglieder. Am Seminarwochenende in Schweinfurt sind 26 Teilnehmer zu Gast. Die jüngste Teilnehmerin ist erst 15. Im Fokus stehen vor allem Vorträge zu ausgefallenen mathematischen Themen. Im Fall der 16-jährigen Referentin Carina Baur zum Beispiel nicht-euklidische Geometrie, wo sich einfach formuliert, „parallele Geraden auch schneiden können“, sagt Luise.
Auch Online-Banking ist Mathematik
Ein weiteres Thema des Seminars ist „Secret Sharing“, also „wie man über unsichere Kommunikationswege Geheimnisse austauschauen kann“, erklärt Mitorganisator Lukas Kempf. Als Beispiel nennt der 19-jährige Mathematikstudent hier Online-Banking, „wo die PIN ja geheim bleibt, obwohl man sie ja übers Internet geschickt hat.“
Das Lösen einer Aufgabe ruft Glücksgefühle hervor
Um den Wissensdurst der Seminarteilnehmer zu stillen, sind die Referenten und auch der Verein immer auf der Suche nach neuen und abstrakten Themen. Auch ein Faktor, warum Luise und Lukas sich bei QED engagieren. Denn für die beiden steht fest: Mathe ist cool.
„Manchmal knobelt man ewig an einer Aufgabe“, schildert Luise ihre Leidenschaft für Zahlen, „und wenn man das Problem endlich löst, dann ist das ein Glücksgefühl.“ Ähnlich sieht das auch Lukas. Auch er freue sich, wenn er bei Aufgaben, die auf den ersten Blick sehr komplex erscheinen, am Ende einen simplen Zusammenhang erkennt.
Mathe erfordert abstraktes Denken
Dass Mathematik für viele Schüler aber auch ein Hassfach ist, können beide Mathematikstudenten trotz ihrer Begabung nachvollziehen. Mathe ist „sehr anders, als andere Fächer und erfordert viel abstraktes Denken“, so Luises Einschätzung, und „es wird in der Schule oft falsch vermittelt.“ Trotz guter Noten, habe auch ihr der Matheunterricht in der Schule „nicht so gefallen“, sagt die Vereinsvorsitzende.
Für Alexander ist Schul-Mathe „zu langweilig“
Auch ein Grund, warum der 17-jährige Alexander aus Lohr am Main beim Seminarwochenende dabei ist, denn Mathe in der Schule ist ihm schlichtweg „zu langweilig“. Für sein Hobby werde der Abiturient mittlerweile auch nicht mehr schräg angeschaut. Alexanders Mitschüler würden sich eher darüber wundern, wenn er im Unterricht mal wieder fehlt.
Was ungefähr drei- bis viermal im Schuljahr der Fall ist, wenn der Abiturient an Mathewettbewerben oder der QED-Akademie, einem zweiwöchigen Intensivkurs, teilnimmt. Dabei lerne er „noch ganz viel, was ich noch gar nicht kenne“. Im Bereich Mathematik hat Alexander übringens keine Vorlieben: „Ich mache alles gerne.“
Ein Raum ohne klare Definitionen
Seine Leidenschaft für die Welt der Zahlen rührt aber in erster Linie daher „unabhängig von klaren Definitionen, etwas zu beweisen und eine Lösung zu finden.“ Dennoch findet auch Alexander: „Mathe als Schulfach finde ich so mittel. Und ich glaube nicht, dass man Mathe so gestalten kann, dass es jedem gefällt.“