Sie sollten alle entsorgt werden, die ausrangierten mechanischen Schreib- und Rechenmaschinen, die in einer Schweinfurter Werkstatt zwischen 1960 und 1995 in Betrieb waren. "Stopp", sagte Werner Fries, der damals dort angestellt war, "die nehm' ich mal mit nach Hause." Jetzt hat der 81-Jährige den ganzen Dachboden voll. Inzwischen ist seine Sammlung, die er auch um frühere mechanische "Spitzermaschinen" erweiterte, auf rund 50 Objekte angewachsen. Viele seiner Sammlerstücke lagert er, seit einigen Jahren wohnhaft in Schweinfurt, in seinem Geburtsort Schonungen.
Eigentlich wollte Werner Fries gar nicht den Beruf eines Büromaschinenmechanikers ergreifen. "Aber 1955, als ich aus der Volksschule entlassen wurde, war es schwierig einen Ausbildungsberuf zu finden", erinnert er sich. Er, der überhaupt noch keine mechanischen Schreib- und Rechenmaschinen kannte, und seine Eltern, die mit ihm auf der Suche nach einer Lehrstelle waren, wussten gar nicht, dass Schreibmaschinen repariert werden mussten, so Fries. Über das Arbeitsamt in Schweinfurt erfuhr die Familie, dass die Schweinfurter Büromaschinen-Firma Soremba Lehrstellen für Büromaschinenmechaniker anbietet.
"Da bin ich dann bis zur Verrentung über vier Jahrzehnte geblieben, und es hat einfach Spaß gemacht." Seine Abschlussarbeit für die Lehre drehte sich um ein Schaltschloss einer Olympia-Schreibmaschine, die Mechanik für den Wagentransport beim Schreiben. "Ganz wichtig war, dass der Schaltschritt nur einen Buchstaben betraf", betont Fries. Dazu fertigte er an der Drehbank und mit der Handfräse alle Teile selbst. Beim Wettbewerb der IHK Schweinfurt schnitt er dann mit seiner Abschlussarbeit als Innungsbester ab. Da sei er stolz gewesen. Ebenso sein Chef, Obermeister Walter Soremba, der die Lehrlingsausbildung selbst unter sich hatte.
Fortschritt durch elektronische Maschinen
Kurz nachdem Fries die Lehre begonnen hatte, kamen die elektrischen Schreib- und Rechenmaschinen auf den Markt. "Ein Elektriker vom Schweinfurter Industriebetrieb Fichtel & Sachs hat uns Lehrlingen in einem kleinen Lehrgang die Elektrik beigebracht", erzählt Fries. Als die elektronischen Maschinen in der Branche Einzug hielten, befasste sich der Schonunger – damals schon kurz vor Erreichen des Rentenalters – nicht mehr mit deren Reparatur. Dennoch sieht er deren Fortschritt in der Handhabung mit Rücktaste, Zeilenschaltung, Wagentransport und Typenanschlag: "Ohne Kraftaufwand ganz leicht anzutippen – und schon hat die Maschine geschrieben."
Da erforderten die älteren Exemplare schon viel mehr Kraft in den Händen und Fingern, aber auch mehr Feingefühl. So musste man bei der AEG Mignon mit einem Tasthebel jeden einzelnen Buchstaben und jedes einzelne Zeichen ansteuern. Werner Fries besitzt auch Maschinen der Marke Adler, die schon mit Tastatur und Umschaltautomatik ausgestattet waren. Ihre Weiterentwicklung zu einer elektrischen Maschine brachte einen automatischen Wagentransport und Anschlag.
Fundstücke auf Flohmärkten
Unter seinen Sammlerstücken befindet sich zudem eine Rechenmaschine Triumphator mit manuell zu bedienenden Einstellsegmenten auf die Zahlen Null bis Neun. Mit ihr waren alle vier Grundrechenarten auszuführen. "Eine Rechenmaschine Continental gab es handbetrieben und elektrisch", berichtet Werner Fries. Hier wurde schon der Rechenvorgang auf Papier festgehalten.
Durch Funde auf Flohmärkten hat Fries seine Sammlung um mechanische Spitzer aus früheren Jahrzehnten ergänzt. Darunter ist auch eine Tischmaschine der Marke Jupiter 2. "Die standen auf dem Schreibtisch in jedem Büro", weiß Werner Fries. "Ich verwendete diese als Technischer Zeichner bei der Firma Star, einer Schwesterfirma von Fichtel & Sachs", ergänzt sein 86-jähriger Musikerkollege Helmut Gleichmann.
Seine historischen Schreib-, Rechen- und Spitzermaschinen wird Werner Fries im Frühherbst bei einer Ausstellung der Kulturbühne in der Alten Kirche Schonungen der Öffentlichkeit präsentieren.