Jeden kann es treffen, durch Unfall, Hörsturz oder Infektion. Nach einer Erhebung des Deutschen Grünen Kreuzes leben in der Bundesrepublik 15 Millionen Menschen, deren Hörvermögen beeinträchtigt ist. Die Zahl steigt stetig, besonders die der jungen Leute.
Schwerhörige haben ein Restgehör, das oft durch Hörgeräte unterstützt wird. Sie sind darauf angewiesen, von den Lippen lesen und die Mimik des Gesprächspartners erkennen zu können. Barbara Weickert von der Selbsthilfegruppe „Fortschreitende Hörschädigung“ macht beim Pressegespräch sofort auf wenige einfache Regeln aufmerksam: Anschauen, langsam, deutlich und im normalen Tonfall sprechen, nachfragen, notfalls Wichtiges aufschreiben. Bei den Gruppentreffen im Schrotturm in der Schweinfurter Innenstadt (jeden vierten Donnerstag im Monat, 18 Uhr) sprechen die Hörgeschädigten ohne Scheu über ihre Probleme, diesmal auch mit Hilfe einer Induktionsschleife. Die technische Ausstattung ist neu, hat der Landesverband zur Verfügung gestellt.
Seit 1995 trifft man sich, tauscht sich aus, lädt Referenten (Akustiker oder Ärzte) ein, führt Lippenlesekurse durch. Mit etwa einem Dutzend Besuchern ist der Kreis überschaubar. Es bleibt Zeit, nicht nur über die Behinderung, sondern auch über das Wetter und die Welt zu reden. Im Gegensatz zu den Gehörlosen spielt die Gebärdensprache keine Rolle.
Induktionsschleifen wünschen sich die Mitglieder in öffentlichen
Einrichtungen. Eine solche Anlage ermöglicht es Hörgeräteträgern, störungsfrei Audiosignale wie Musik oder Wortbeiträge drahtlos über die Hörgeräte zu empfangen. Dazu muss ein Hörgerät über eine Telefonspule verfügen. Wenige Induktionsschleifen für Gehörgeschädigte gibt es in Schweinfurt und Umgebung, doch richtig gut funktioniere nur die in der Heilig-Geist-Kirche, ist zu erfahren. Überarbeitet wird die Anlage im Stadttheater, die wohl erst dann richtig funktioniere, wenn zusätzliche Lautsprecher installiert sind, mutmaßt die Gruppe. Die „Neue“, die an diesem Abend in den Schrotturm gekommen ist, erfährt, dass wohl auch ihr Hörgerät tauglich für Induktionsschleifen ist. Der Akustiker müsse nur noch das Programm im Gerät aktivieren. Binnen 30 Minuten wird die junge Frau mit Informationen reichlich versorgt. Nicht alles baut auf. Ungeschminkter als an sechs Schicksalen ist nicht zu erfahren, dass die Hoffnung, das Hören werde schon wieder besser, meist eine trügerische sei. Mit dem Thema Operation haben sich alle schon beschäftigt. Die meisten raten abzuwarten. Doch es gibt auch Zustimmung, die Erfahrung, dass seit fünf Jahren eine Verbesserung fortschreitet. Erst habe sie sich gewundert, warum alle flüstern, sagt die Neue. Die Situation kennt fast jeder. Die Folgen auch.
Die Hörgeräte sind besser geworden, müssen auf jeden einzeln abgestimmt werden, weiß die Gruppe. Die Technik sei ein Ersatz, vielfach ein guter, aber das natürliche sei ein anderes Hören. Nebengeräusche, die man früher ausgeschaltet habe, seien jetzt da, weswegen viele sprechende Leute in einem Raum oft nur auf Zeit zu ertragen seien. Ein Mitglied berichtet vom Stress im Saal und von der Fortsetzung der Feier im Biergarten, – davon, dass der Abend am letzten Wochenende doch noch wunderschön geworden sei.
Die Gruppe ist Ansprechpartner für hörgeschädigte Kinder, Jugendliche und Erwachsene, für Lärmgeschädigte, bei Tinnitus, bei Altersschwerhörigkeit, für Spätertaubte und CI-Träger. Die Gruppe will Konfliktsituationen lösen, das Selbstbewusstsein stärken, Isolation vermeiden und integrieren. Zur Öffentlichkeitsarbeit gehören die „Ratschläge für Normalhörende“, darunter: Gesicht zeigen, ruhig artikulieren, nicht schreien (verzerrt den Ton, wirkt durch Hörgerät schmerzhaft), den Schwerhörigen nicht ausgrenzen und nicht überfordern, Radio und TV abstellen, sich dem Schwerhörigen von vorne nähern. Aus den „Ratschlägen für Schwerhörige“: auf die Behinderung aufmerksam machen, selbst ruhig sprechen, im Falle eines Falles um eine Wiederholung bitten, Hörgeräte nicht verstecken und regelmäßig benutzen.
Kontakt: Barbara Weickert, Frankenstraße 21, 97440 Ettleben, Tel. (09722) 30 40 oder e-mail: barbara.Weickert@web.de