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SCHWEINFURT
Seinen Idealen ist er treu geblieben
Vor 131 Jahren – am 8. März 1878 – ist Fritz Soldmann in Lübeck geboren. 1903 kam er nach Schweinfurt. In der neuen Heimatstadt hat der einstige Reichstagsabgeordnete seine letzte Ruhestätte gefunden.
Eines der letzten Bilder von Fritz Soldmann. Es zeigt den erklärten Nazigegner im KZ Buchenwald, wo ihn sein Sohn Fritz und die mitabgebildete Schwiegertochter besuchten. Am 31. Mai 1945 starb Soldmann an den Folgen der KZ-Haft.
Foto: FOTO Archiv Weinsdörfer | Eines der letzten Bilder von Fritz Soldmann. Es zeigt den erklärten Nazigegner im KZ Buchenwald, wo ihn sein Sohn Fritz und die mitabgebildete Schwiegertochter besuchten. Am 31.
Von unserem Redaktionsmitglied hannes Helferich
 |  aktualisiert: 15.12.2020 13:19 Uhr

Bei einer Feierstunde am Mittwoch beschäftigte sich Kathi Petersen ausführlich mit dem Schicksal Soldmanns. Viele Informationen waren bisher nicht bekannt. Die SPD-Vorsitzende studierte Gestapo-Akten, wertete Reichstagsreden Soldmanns aus, wurde in der Staatsbibliothek, im Stadtarchiv und in Büchern fündig. Zur Verfügung stand ihr der Nachlass der Familie Soldmann, darunter die wenigen Seiten persönlich von Fritz Soldmann verfasster Lebenserinnerungen.

Fritz verlebte eine glückliche Kindheit, die mit dem frühen Tod der Mutter 1884 ein jähes Ende fand. Es folgten in einer kinderreichen Pflegefamilie harte Jahre. Später erlernte Soldmann das Schuhmacherhandwerk, wurde politisch aktiv, trat 1897 in die SPD ein. 1903 fand Soldmann Arbeit in der Schuhfabrik Silberstein und Neumann. Ein Jahr später heiratete er Anna Wolf aus Weyer. Sie bekamen drei Kinder. Nach Annas Tod heiratete er Dora Böhm. Dieser Ehe entstammen Elsa und Oskar, der später 24 Jahre Schweinfurt im Landtag vertreten sollte.

Auch in Schweinfurt war Soldmann sofort im Schuhmacherverband aktiv, der ersten gewerkschaftlichen Organisation. 1914 wurde ihm das neue Sekretariat der freien Gewerkschaften Schweinfurt übertragen, das gleichzeitig das SPD-Parteisekretariat der Stadt war. Als Pazifist schloss sich Soldmann 1917 der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD) an.

Wegen seiner Aktivitäten in der kurzen Zeit der Räterepublik wurde Soldmann 1918 erstmals verhaftet. Die Anklage lautete auf Hochverrat und Landfriedensbruch, im Juli 1919 erst kehrte er zurück. Er blieb unbeugsam, warnte etwa bei einer Versammlung im Saalbau 1923 vor den Nationalsozialisten. Auch als die Nazis immer mehr Zulauf fanden, hielt Soldmann nach Kräften dagegen, nicht nur in Schweinfurt.

Nach der Machtergreifung der Nazis im März 1933 war für Fritz Soldmann, damals Reichstagsabgeordneter, die bis Mai dauernde Schutzhaft im Gefängnis Schweinfurt nur der Beginn einer Vielzahl weiterer Gefängnis- und KZ-Aufenthalte. Er verlor seine Arbeit, seine Mandate als Abgeordneter und Stadtrat, wiederholt war er das Opfer von Hausdurchsuchungen.

Oppositionshaltung, Unverführbarkeit und Rückzug ins Milieu waren die Mittel, mit denen Soldmann wie andere Sozialdemokraten dem NS-Regime weiter Widerstand leistete. Den suchten die Nazis weiter zu brechen. „Bei Soldmann war bis jetzt eine Gesinnungsänderung nicht feststellbar“, heißt es im Gestapobericht vom 7. September 1938.

Bei Kriegsausbruch Ende August 1939 wurde er ein viertes Mal inhaftiert. Aus dem KZ Sachsenhausen kam er im Februar 1940 wieder frei. Nach dem missglückten Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 nahm die Gestapo auch Soldmann wieder gefangen. Er kam ins KZ Buchenwald, als einer von 82 000 Häftlingen.

Nach der Befreiung durch die Amerikaner im April 1945 gehörte Soldmann zu den Unterzeichnern des Buchenwalder Manifests, das unter anderem eine an den Bedürfnissen der Arbeiterschaft ausgerichtete Sozialpolitik fordert.

Parteifreunde, die den geschwächten 67-Jährigen nach Schweinfurt zurückholen wollten, damit er hier erster Bürgermeister werde, kamen zu spät. Am 31. Mai 1945, starb Fritz Soldmann an den Folgen der KZ-Haft. Seine Urne wurde am 10. August 1948 nach Schweinfurt überführt und unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem städtischen Friedhof beigesetzt. 2005 hat der DGB Schweinfurt die „Fritz-Soldmann-Urkunde“ geschaffen, die Menschen ehrt, die sich für sozial Schwächere und soziale Gerechtigkeit einsetzen.

„Fritz Soldmann ist wirklich aller Ehren wert, denn er war nicht nur einer der Gründer und eine der herausragenden Gestalten in der Geschichte der Schweinfurter Arbeiterbewegung, der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie. Er hat sich tatkräftig für die Verwirklichung der Demokratie, von Freiheit, Solidarität, Gerechtigkeit und Frieden eingesetzt“, sagte Petersen. Er sei diesen Idealen treugeblieben, „auch in der Zeit, als dies nicht nur nicht opportun, sondern lebensgefährlich war“.

 
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