Am Mittwochmorgen fällt das Urteil am dritten Prozesstag: Die Große Strafkammer des Landgerichts Schweinfurt verurteilt den 23-jährigen Angeklagten zu sechs Jahren Haft – wegen gefährlicher Körperverletzung. Der Grund ist ganz einfach: "Wir können dem Angeklagten nicht nachweisen, dass er mit Tötungsabsicht gehandelt hat", sagt die Vorsitzende Richterin.
Wie berichtet, hatte der in Hamburg wohnende 23-jährige türkische Asylbewerber nach dem Kennenlernen über ein Internetportal mit der Ehefrau eines 31-jährigen Landsmannes aus Schweinfurt eine Liebesbeziehung begonnen, ohne, dass er zunächst wusste, dass diese verheiratet war und zwei Kinder hatte. Als er dies nach Monaten in Erfahrung gebracht hatte und auch der 31-Jährige von dem Verhältnis seiner Frau mit ihm wusste, fuhr der 23-Jährige am 13. Juli letzten Jahres mit dem Zug nach Schweinfurt und erkundete die genaue Wohnadresse der Familie seiner Geliebten.
Spätnachts, just als der 31-Jährige einen Koran aus seinem Auto holte, auf den seine Frau schwören sollte, dass mit einem anderen Mann nichts passiert sei, attackierte der Angeklagte den Ehemann seiner Geliebten mit einem Messer. Drei Stiche brachte er ihm bei, dabei einen, der eine Arterie und eine Vene in der Kniekehle verletzte. Der Blutverlust war gewaltig. Nur dem Umstand, dass Zeugen die vorherige lautstarke Auseinandersetzung gehört hatten und ein Notarzt schnell zur Stelle war, rettete dem 31-Jährigen das Leben. An den Folgen leide er zum Teil heute noch, stellte die Kammervorsitzende bei der Urteilsbegründung fest.
Kein Tötungsvorsatz
Die Tat hatte der 23-Jährige wenigstens teilweise gestanden aber behauptet, er sei vom Mann seiner Geliebten angegriffen worden und er habe sich nur verteidigt. Das glaubte ihm das Gericht nicht. Das Opfer habe seinen Angreifer zuvor noch nie gesehen und kein Motiv gehabt, einen Unbekannten zu attackieren.
Allerdings glaubte die Kammer auch nicht, dass der Angeklagte den 31-Jährigen mit einem gezielten Stich in die Kniekehle vorsätzlich umbringen wollte. Er sei diesem zwar "in einer äußerst feindseligen Haltung entgegengetreten", doch lasse sich daraus kein Tötungsvorsatz ableiten. Als der 31-Jährige am Boden lag, habe der Angeklagte nicht weiter auf ihn eingestochen. Der Tatablauf lasse sich demnach auch mit einem Vorsatz zur Körperverletzung erklären.
20 000 Euro Schmerzensgeld
Der Staatsanwalt hatte elf Jahre Haft wegen versuchten Mordes gefordert und die Mordmerkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe als erfüllt angesehen. Das Mordmotiv sei gewesen, den Ehemann der Geliebten aus dem Weg zu räumen. Die Große Strafkammer folgte mit ihrem Urteil wegen gefährlicher Körperverletzung dem Antrag der Verteidigung, allerdings nicht bei der Höhe des Strafmaßes. Der Anwalt hatte auf drei Jahre plädiert, das Gericht nun sechs Jahre verhängt.
Die Kammer sprach dem Opfer ferner 20 000 Euro Schmerzensgeld zu. Der 31-Jährige hatte als Nebenkläger in seinem Adhäsionsantrag über seine Anwältin mindestens 50 000 Euro gefordert. Gegen das Urteil ist Revision möglich.