Bereits am zweiten Verhandlungstag spricht die Große Strafkammer des Landgerichts Schweinfurt ihr Urteil: "Die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus wird angeordnet." Es ist keine Entscheidung über Schuld und Bestrafung, obgleich der 34-Jährige nach Überzeugung des Gerichts, aber auch der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung, am Nachmittag des 17. September letzten Jahres in der gemeinsamen Wohnung seine eigene Mutter umgebracht hat.
Der Mann habe sich auf den Rücken der 55-jährigen Mutter gekniet, ihre Atmung unterbrochen "und ihre Atemwege verschlossen", sagt die Kammervorsitzende in der Urteilsbegründung. Der Täter habe ihren Tod "zumindest billigend in Kauf genommen". Gleichwohl könne er dafür nicht strafrechtlich belangt werden, denn der Beschuldigte leide seit langem unter einer kakatonen Schizophrenie.
Zur Tatzeit sei die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten aufgehoben gewesen – und damit auch seine Schuldfähigkeit. Deshalb ging es vor dem Schwurgericht von Beginn an nicht um ein Strafverfahren wegen Mord oder Totschlag, sondern es wurde ein "Sicherungsverfahren" geführt mit dem Ziel, den 34-Jährigen unterzubringen und zu verhindern, dass er krankheitsbedingt weitere schwere Straftaten begeht und eine Gefahr für Dritte darstellt. Diese hatte der psychiatrische Sachverständige ausdrücklich bejaht.
Keine Zeugen – aber Indizien
Nun gibt es für die Tat selbst keine unmittelbaren Zeugen. Doch die Kammer ist überzeugt, dass nur der jüngste Sohn dafür in Frage kommt. Im Tatzeitraum sei er der einzige Anwesende in der Wohnung gewesen. Nach der Rückkehr seines großen Bruders (37) von der Arbeit habe der Beschuldigte neben seiner regungslos auf dem Bett liegenden Mutter gestanden und auf die Frage "Was hast du gemacht" gesagt, er sei auf ihrem Rücken gekniet.
Das steht laut der Gerichtsvorsitzenden "in Einklang mit dem Ergebnis der rechtsmedizinischen Untersuchung". Der Bruder, der die Polizei informierte, habe ein lückenloses Alibi. Und: Dass der Beschuldigte in der Vergangenheit mehrfach gegen seine Mutter gewalttätig geworden sei, "wissen wir von Zeugen". Dies seien der Bruder, die Schwester, eine Nachbarin und ein ehemaliger Lebensgefährte der Mutter. In einem Fall gibt es davon sogar eine Videoaufnahme.
"Nur er bleibt als Täter"
Die vielen Berichte über die Gewalttätigkeit des 34-Jährigen gegen seine Mutter, aber auch gegen den älteren Bruder, hatte auch der Staatsanwalt betont. Sein Fazit: "Als Täter bleibt nur der Beschuldigte." So sieht es auch der Verteidiger. Leider habe sich der Gesundheitszustand seines Mandanten seit 2015 immer weiter verschlechtert. Er habe auch nicht geredet. Laut Anklage leidet dieser zusätzlich unter "Mutismus" (stummes Syndrom). Auch im Verfahren sagte er kein Wort. "Es ist auch in seinem Interesse, dass er behandelt wird", so der Anwalt.
Dass unbekannte Dritte von geheimen Organisationen und nicht ihr Bruder für den Tod der Mutter verantwortlich sein könnten und ihr Bruder das eigentliche Opfer sei – diese Theorie hatte die Schwester des Beschuldigten als Nebenklagevertreterin geäußert. Dafür gebe es keinerlei Anhaltspunkte, stellte die Kammervorsitzende fest. Und: "Das eigentlich Bedrückende ist, dass der Tod der Mutter hätte verhindert werden können, wenn die Krankheit des Beschuldigten behandelt worden wäre." Mit "übernatürlichen Ursachen brauchen wir uns nicht zu befassen".
Gegen das Urteil ist Revision möglich.