
Der Opa war's, der einst für seine Enkelkinder vorsorgen wollte: Kilian Kiesel pflanzte vor 70, 80 Jahren etwa 25 Obstbäume, damit die Kinder immer Äpfel, Zwetschen oder Birnen zum Essen hätten. Den Enkelinnen, drei Schwestern, ist das Erbe der Streuobstwiese bis heute wertvoll, Heimat, Kindheitserinnerung und Auftrag. Sie kümmern sich, obwohl sie längst nicht mehr in Brebersdorf wohnen, um ihre "Zeil".

Kalter Wind pfeift am Hang südlich des Dorfes, Regen und Schneeschauer jagen kurzem Sonnenschein hinterher. Ausgerüstet mit etlichen Schneidegeräten und gut eingepackt zerkleinern die drei Frauen kleine und größere Äste, die auf den Boden fallen. Mit der Baumsäge lichtet Erich Rößner, stellvertretender Kreisvorsitzender des Bund Naturschutz, die Obstbäume aus, die in zwei Reihen auf dem langgestreckten Wiesenstück wachsen.
Viele Baumreihen sind verschwunden
"Vor zwei Jahren standen hier noch viel mehr Bäume", blickt Doris Kiesel auf die Umgebung. Obwohl noch immer einige Obstwiesen das Bild prägen, sind etliche Baumreihen und große Walnussbäume verschwunden. Dagegen liegt den drei Schwestern Doris Kiesel, Angela Merz und Brigitte Mons ihre Streuobstwiese am Herzen. Obwohl sie, wie ihre zwei Brüder, nicht mehr im Dorf, sondern in Schweinfurt und Wipfeld leben, pflegen sie ihr Erbe. "Das ist keine Arbeit, das ist Ausgleich für uns", lächelt die jüngste, die Krankenschwester Doris. "Wir ernten doch eigentlich nur", meint die Älteste, Brigitte Mons.
Alle drei Frauen hängen an ihrer "Zeil", verbinden damit schöne Kindheitserinnerungen, als die Großfamilie noch gemeinsam das Obst erntete und der Opa die kleine Doris hochhob, damit sie Äpfel pflücken konnte. "Das berührt mich noch heute, als er mir klarmachte, dass der Apfel nicht fallen und keine Delle bekommen darf, damit er beim Lagern nicht fault", erzählt Doris Kiesel. "Das ist so wertvoll, das ist Heimat", ergänzt Angela Merz, die Mittlere.

Sie haben für ihre Brotzeit an diesem "Arbeitstag" prächtige und wohlriechende Lageräpfel aus der letzten Ernte mitgebracht, selbstgemachte Marmelade, getrocknete Zwetschen. "Wir lassen auch Saft pressen", erzählt Angela Merz. Oder sie verschenken das Obst – "alles ungespritzt – an Kindergärten, Schulen, an die Solawi, die Aktionsgemeinschaft solidarische Landwirtschaft, oder an die Schweinfurter Tafel. "Hauptsache, es verkommt nicht".
Neben der Versorgung mit eigenem Obst steht für die drei der Natur- und Umweltschutz, der ökologische Aspekt, im Vordergrund. "Das haben wir von der Mama geerbt", sinniert Angela Merz. Sie engagiert sich ehrenamtlich in Schweinfurt, unter anderem in der Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit und leitet außerdem die Fairtrade-Steuerungsgruppe.
Nistraum für Vögel
Eifrig sind die Schwestern dabei, den zerkleinerten Baumschnitt um die Stämme zu legen. "Da können Vögel nisten, etwa der Zaunkönig", weiß Erich Rößner. Oder Rebhühner finden Unterschlupf, Igel und andere kleine Säugetiere einen Lebensraum. "Wir haben im Sommer auch Blütenstreifen zwischen den Bäumen gesät", für Insekten aller Art, zeigt Doris Kiesel ein Foto. Das Gras zwischen den Reihen lassen sie von einem Landwirt aus dem Ort mähen. "Das Heu verwende ich teilweise zum Binden meiner Kränze", erzählt Angela Merz von ihrem Hobby.

Jetzt haben die drei Frauen einige Nistkästen für Vögel dabei, die sie an den Bäumen anbringen. "Das ist biologische Schädlingsbekämpfung", kommentiert Rößner. Auch ein alter Baum, teilweise abgestorben, darf auf der Wiese stehen bleiben. "Der ist für den Specht und andere Totholzbewohner."
Ab und zu haben die Frauen auch nachgepflanzt: Eine Quitte etwa oder einen Kirschbaum. Ansonsten versorgt sie die Streuobstwiese mit vielen Sorten und Arten, mit Äpfeln wie Rambour, Kaiser Wilhelm, Boskop oder Goldparmäne, mit Birnen wie Mollebusch, Gräfin von Paris oder Pastorenbirne, mit frühen und späten Zwetschen, Mirabellen oder Walnüssen.

Drei Sorten auf einem Baum veredelt
"Der Opa hat sogar drei Sorten Äpfel auf einem Baum veredelt", erzählt Brigitte Mons. Das könne er ihnen auch zeigen, meint Erich Rößner, der selbst auch Schnittkurse gibt. Er weiß, dass das Wissen um die richtige Obstbaumpflege, das Schneiden, verloren geht, aber essentiell ist. "Häufig übernehmen das die Obst- und Gartenbauvereine", weiß der BN-Vertreter von vielen hilfreichen Experten.
"Jeder kann selbst etwas machen", verweist Angela Merz auf viele Möglichkeiten, Natur und Umwelt zu schützen. "Nicht nur schimpfen und mal beim Volksbegehren zur Artenvielfalt unterschreiben", sei der richtige Weg. Beispielsweise könnten doch auch heimische Gaststätten heimisches Obst und Säfte verwenden. Oder Schulen könnten Patenschaften für Streuobstwiesen übernehmen. "Allein der Wille macht's", ist ihre Überzeugung.

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