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Schweinfurt/Gerolzhofen
Schweinfurter Dekan Kömm: "Wir müssen Kirche neu denken"
Die bisherigen drei katholischen Schweinfurter Dekanate wurden zusammengelegt. Neuer Dekan ist Stefan Kömm. Im Gespräch stellt er die neue Organisationsstruktur vor.
Aus den bisher drei Schweinfurter Dekanaten ist durch eine Organisationsreform ein einziges großes Dekanat geworden. Drei Priester stehen ihm vor.
Foto: Symbolbild Andreas Sietz | Aus den bisher drei Schweinfurter Dekanaten ist durch eine Organisationsreform ein einziges großes Dekanat geworden. Drei Priester stehen ihm vor.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 02.02.2022 02:19 Uhr

Von der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt wurde die Organisationsstruktur der Diözese Würzburg in den vergangenen Monaten neu aufgestellt. In der Region Schweinfurt bedeutet dies konkret, dass die vormals drei Dekanate Schweinfurt, Schweinfurt-Nord und Schweinfurt-Süd im November 2021 zu einem einzigen katholischen Dekanat verschmolzen wurden, das räumlich deckungsgleich ist mit dem Gebiet des Landkreises Schweinfurt. Und innerhalb des neuen Dekanats wurden sechs sogenannte "Pastorale Räume" gebildet.

Neuer Dekan im neuen Dekanat Schweinfurt ist der Niederwerrner Pfarrer Stefan Kömm, der Leiter der Pfarreiengemeinschaft "Niederwerrn - Oberwerrn". Ihm zur Seite stehen zwei Stellvertreter: Pfarrer Stefan Mai aus Gerolzhofen, der Leiter der Pfarreiengemeinschaft "St. Franziskus am Steigerwald" und der Domkapitular Christoph Warmuth, der bis März 2021 langjähriger stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Seelsorge im Bischöflichen Ordinariat in Würzburg war und nach einer Sabbatzeit nun einer von drei diözesanen Priesterreferenten und zudem mitarbeitender Priester in der Stadtpfarrei Heilig-Geist in Schweinfurt ist.

Der Niederwerrner Pfarrer Stefan Kömm ist der neue Dekan des katholischen Dekanats Schweinfurt.
Foto: Kömm | Der Niederwerrner Pfarrer Stefan Kömm ist der neue Dekan des katholischen Dekanats Schweinfurt.

Zum Dekanatsteam gehören ferner die Gemeindereferentin Birgitt Kestler und die Pastoralreferentin Raphaela Holzinger. Dieses Leitungsteam wird weiterhin unterstützt durch das Dekanatsbüro, das sich in Schweinfurt in der Schultesstraße 21 befindet.

Kaum noch Priesternachwuchs

Dekan Kömm und seine beiden Stellvertreter sind intern übereingekommen, insbesondere bei repräsentativen Aufgaben und beim Besuch von öffentlichen Terminen das Dekanat in bestimmte Teilbereiche aufzuteilen, die in etwa der früheren Struktur der drei Dekanate entspricht. Wenn es  zum Beispiel um Pfarr-Einführungen oder den Besuch von kommunalen Veranstaltungen geht, so wird sich Stefan Kömm verstärkt um die Gemeinden im Norden des Landkreises kümmern. Stefan Mai wird den Süden abdecken und Christoph Warmuth das Stadtgebiet von Schweinfurt.

Pfarrer Stefan Mai aus Gerolzhofen ist der neue stellvertretende Dekan im Dekanat Schweinfurt.
Foto: Klaus Vogt | Pfarrer Stefan Mai aus Gerolzhofen ist der neue stellvertretende Dekan im Dekanat Schweinfurt.

Für Kömm ist es das Gebot der Stunde, "Kirche neu zu denken und weiterzuentwickeln". Angesichts des zunehmenden Priestermangels und des Rückgangs der Gemeindemitglieder könne natürlich nicht alles beim Alten bleiben. "Wir dürfen aber auch nicht zu viel Vertrautes über Bord werfen", warnt Kömm. In zehn Jahren werde man im Bistum Würzburg im Vergleich zu heute etwa 30 Prozent weniger hauptamtliches Personal haben, denn viele Seelsorger würden in den kommenden Jahren in den Ruhestand ausscheiden. Gleichzeitig komme kaum noch Priesternachwuchs nach.

Erheblicher Einbruch kommt

Auch bei den Ehrenamtlichen, die sich jetzt noch in den Pfarreien aktiv einbringen, werde man einen erheblichen Einbruch verkraften müssen. "Die Generation, die heute noch so rege mitarbeitet, hat kaum Nachfolger." Es bestehe laut Kömm die große Gefahr, "dass ganze Pfarreien absterben, ja sogar verwahrlosen". Die neue Organisationsstruktur sei ein Versuch, dies noch abzuwenden.

Domkapitular Christoph Warmuth ist neuer stellvertretender Dekan in Schweinfurt. 
Foto: Markus Hauck, POW | Domkapitular Christoph Warmuth ist neuer stellvertretender Dekan in Schweinfurt. 

Um bei der Personalmisere gegenzusteuern, hat Kömm eine interessante Idee. Vergleichbar zu den männlichen Diakonen kann sich der Dekan vorstellen, auch geeignete Frauen – egal, ob sie verheiratet oder ledig sind – als nebenamtliche "Diakoninnen" in den Pfarreien einzusetzen. Zwar können Frauen, zumindest derzeit, in der katholischen Kirche noch nicht für ein Amt geweiht werden. Trotzdem könnte der örtliche Pfarrer diese für bestimmte Tätigkeiten ausdrücklich beauftragten. Solche Frauen könnten sogar Taufen oder Beerdigungen übernehmen und so für eine völlig neue Ausprägung einer christlichen Gemeinde vor Ort sorgen, meint Kömm. Und auch die Personaldecke verstärken. Das einzige Problem: Kömms Idee ist nicht mit dem derzeitigen Kirchenrecht vereinbar.

Knapp 86 000 Katholiken

Das Dekanat Schweinfurt gliedert sich in sechs pastorale Räume (siehe Info-Box), denen momentan 20 Pfarreiengemeinschaften mit 107 Pfarreien und Kuratien und knapp 86 000 Katholiken angehören. Im Dekanat arbeiten 70 hauptamtliche Seelsorgerinnen und Seelsorger, von denen viele aber nur Teilzeitstellen haben. 27 dieser Seelsorger sind Priester.

Hinzu kommen 37 Frauen und Männer in den Pfarrbüros (viele mit nur wenigen Stunden Arbeitszeit pro Woche) und drei weitere hauptamtliche Mitarbeiter (Küster und Organisten). In den Dienststellen der sogenannten "kategorialen Seelsorge" (für pfarreien-unabhängige spezielle Aufgaben wie Familienseelsorge, Krankenhausseelsorge, Seniorenforum oder kirchliche Jugendarbeit) unterstützen weitere 14 Seelsorgerinnen und Seelsorger (darunter zwei Priester), acht Verwaltungskräfte und fünf weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (zum Beispiel Pädagogen und Diplomtheologen), viele nur in Teilzeit.

Neue Felder der Seelsorge

Die sechs pastoralen Räume können als Chance gesehen werden, neue Felder der Seelsorge zu erschließen, wo es zuvor auf der lokalen Ebene einer einzelnen Pfarrei oder Pfarreiengemeinschaft für solche Angebote vielleicht zu wenig Interessierte gab. Angedacht sind Beispiel gemeinsame Veranstaltungen innerhalb eines pastorales Raums bei der Ehe-, Tauf- und Firmkatechese. Das Konzept sieht vor, dass sich zwei oder drei Hauptamtliche aus dem Raum als die "Gesichter vor Ort" mit interessierten Laien zu Teams zusammenschließen, um neue Themen aufzugreifen und Angebote auszuarbeiten. Jeder kann mitmachen, je nach Neigung und Interesse. "Charismen-orientiert" nennt dies Pfarrer Kömm, um diese notwendige Neuausrichtung der Pastoral zu beschreiben.

Schweinfurter Dekan Kömm: 'Wir müssen Kirche neu denken'

In der Ebene unterhalb der  Pastoralen Räumen bleiben die bestehenden Pfarreiengemeinschaften unangetastet. Allerdings ändert sich hier die Struktur der Gemeindevertretungen. In den Gemeinden vor Ort wird das Gremium, das bisher Pfarrgemeinderat hieß, zukünftig "Gemeindeteam" heißen. Die Wahl für diese neuen örtlichen Gemeindeteams, die zwischen drei bis zwölf Personen stark sein sollen, findet am 20. März statt. Das bisherige Pfarreienforum einer Pfarreiengemeinschaft heißt hingegen nun "Pfarrgemeinderat". Jede Mitgliedspfarrei einer Pfarreiengemeinschaft schickt mindestens zwei Delegierte in diesen Rat.

Übergeordnete Gremien

Aus jedem Pfarrgemeinderat eines pastoralen Raums werden wiederum Delegierte in den sogenannten Rat im Raum entsandt, das Gremium des pastoralen Raums. Und aus diesem Rat im Raum wiederum gibt es Frauen und Männer, die für die Ebene des Dekanats in das Dekanatsforum geschickt werden.

Pastorale Räume im Dekanat Schweinfurt

Das neu gefasste Dekanat Schweinfurt, das nun deckungsgleich ist mit Stadt und Landkreis Schweinfurt, ist künftig untergliedert in sechs sogenannte Pastorale Räume:
Der Pastorale Raum "Schweinfurter Oberland" besteht aus den Pfarreiengemeinschaften (PG) "Liborius Wagner Stadtlauringen", "Maria Königin vom Kolben", "Schweinfurter Rhön" und "St. Sebastian am Main". 
Im "Schweinfurter Mainbogen" sind die PG "Heidenfeld - Hirschfeld - Röthlein", "St. Christophorus im Mainbogen" und "Zu den Frankenaposteln im Maintal" zusammengefasst. 
Dem Pastoralen Raum "Schweinfurt Nord-West" gehören die PG "Niederwerrn - Oberwerrn", "Marienbachtal", "St. Martin im Oberen Werntal", "Maria Hilf Wasserlosen" und "St. Jakobus der Ältere im Oberen Werntal" an.
Der Pastorale Raum "Werneck" bildet sich aus den drei Pfarreiengemeinschaften "Hl. Sebastian", "Luisenhöhe" und "Maria im Werntal".
Vier Pfarreiengemeinschaften gehören zum neuen Pastoralen Raum "Gerolzhofen": die PG "Kirche am Zabelstein", "Marienhain", "St. Franziskus am Steigerwald" und "St. Raphael".
Der sechste Pastorale Raum wird von der "Schweinfurter Stadtpfarrei Heilig Geist" gebildet. 
Quelle: Dekanat Schweinfurt
 
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  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    Kirche neu denken - au ja

    Da hätte ich sogar gleich einen Slogan, den ich hiermit lizenzfrei zur Verwendung weitergebe: Gemeinschaftlichkeit statt Ausgrenzung!

    Was war denn das Unerhörte, Erstaunliche am Wort Gottes nach Jesus Christus? "Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken." (Mt. 11,28) Was ist kirchliche Realität von heute? Muss ich das ausführen? Da ist doch diese unsägliche Vertuschung und Relativierung des Missbrauchsskandals nur die Spitze des Eisbergs. Statt Solidarität und Nähe gibt es menschengemachte fragwürdige Regelungen aus fernen Jahrhunderten und hochmütige Funktionäre mit Allmachtsallüren. Jede Menge Apparatschiks, bezahlt aus Steuermitteln, sorgen sich um ihre Pfründe, die ihnen auch vmtl. bis ans Ende ihres Lebens erhalten bleiben wird, aber zu welchem Preis?

    Dumme Frage: was würde wohl einem Wirtschaftsunternehmen passieren, das ein Produkt, das niemand lebenswichtig braucht, zu Knebelbedingungen vertreibt?
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  • Mila
    Was heisst „Kirche neu denken???“ Das wahre Wort Gottes wird immer gleich bleiben, so wie Gott auch gesagt hat: ich bin der ich bin!!
    Und strukturelle Neuordnungen wären seit Jahrhunderten nötig, die aber meist durch das Festhalten der Bischöfe/Kardinäle an ihrer Macht/Geld und ihrem damit verbundenen Einfluss und gehobenem Lebensstil verhindert wurden. Wer will schon aus seiner Residenz in eine der Personenzahl angemessene Mietswohnung ziehen? Da könnten sehr viel Wohnraum geschaffen und sehr viele Kosten eingespart werden. Es wird Zeit, dass der Staat hier den Geldhahn drosselt, auch hier sehen viele Enttäuschte einen Grund für ihren Kirchenaustritt, weil sie das einfach nicht mehr mitfinanzieren wollen. Der Prunk und Pomp so mancher Kirchenfürsten erzeugte schon immer Unverständnis, hier könnte die Kirche schon mal anfangen und sich reduzieren; vielleicht einfach mal das Leben Jesus zum Vorbild nehmen. Er legte keinen Wert auf einen eigenen Wohnpalast und viele Bedienstete!?
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  • Funkenstern
    in der freien Wirtschaft nennen wir das
    geringfügig Beschäftigte.
    Die katholische Kirche schafft sich ab.
    lächerlich angehauchte Aktionen, in ein paar Jahren ist die Kirche eine bedeutungslose Sekte. Getragen von ewig gestrigen, die den Schuss nicht gehört haben. mit einer Gestaltungspflicht für die Immobilien, deren sie nicht mehr finanziell gerecht werden können. tragisch und selbstverschuldet.
    Die Pfaffen haben kein Einsehen und gehen sehenden Auges in den Untergang...
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  • 2186583
    Durch die freie Meinungsäußerung ist ihre Klage ja abgesichert; dennoch zeigt der Ton und die Art ihres Schreibens, dass sie nichts verstehen wollen und wohl auch nicht können. Zur Kritik gehört auch die Offenheit für das Gegenüber. Insofern sei gesagt, dass Kritiker wie sie sich ebenfalls abschaffen und in die Ecke stellen.
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  • lothar.unsleber@t-online.de
    Teil 2 (Ergänzung)
    Ihre Anmerkung zum Priesternachwuchs, laut einer Aussage vom Vorsitzenden des Diözesanrates gäbe es durchaus – zwar mit einer grenzgängigen Auslegung des Kirchenrechtes- die Möglichkeit die Attraktivität des Priesterberufes zu erhöhen. Wenn man die letzten Presseberichte liest, fehlt hierzu jedoch schon Bereitschaft unserer Verantwortlichen für eine solche Diskussion.
    Alles Gute und viel Erfolg für Ihrer Arbeit beim „Kirche neu denken und weiterentwickeln“
    Lothar Unsleber
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  • lothar.unsleber@t-online.de
    Herzlichen Glückwunsch Herr Kömm, vom Kritiker zum Dekan. Ich hoffe, dass die Dinge die dazu geführt haben von den Verantwortlichen der Diözese auch eingehalte bzw. umgesetzt werden.
    Weiterhin hoffe ich, dass Sie jetzt -in dieser Ebene- mehr Wertschätzung und weniger Ignoranz und Arroganz von den Verantwortlichen der Diözese erfahren, als wir Ehrenamtliche, um möglichst alle ihre „Kritische Beobachtungen“ in Taten zum „Bessere“ umsetzten können. Hoffentlich werden Sie nicht auch zum „Enttäuschten“ Sie sehen, es ist viel Hoffnung im Spiel.
    Die „Pastoralen Räume“ werden aus meiner Sicht zur weiteren Verfremdung der „Kirche vor Ort“ führen. Ich kann Ihnen gerne ein Beispiel für die Veränderung der Seelsorge vor Ort innerhalb der letzten zwei Jahren geben. Das Beispiel betrifft nicht die Verwaltungsaufgaben.
    Ende vom Teil 1
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