Sag – sag schon, sag mir, sag doch, all die Assoziationen schwingen mit beim Kürzel der Schweinfurter Autoren-Gruppe SAG, und darum geht es wohl beim Schreiben, beim Vortragen, beim Zuhören, um die Sehnsucht nach Kommunikation. Das mag Antriebsfeder für die Schreibenden sein, aber auch die Zuhörenden kennen diese Bedürftigkeit.
Gleicher Ort, gleiche Zeit, ein Jahr später: Zur Sommerlesung im Hof des Literaturhauses hatten die Vortragenden neue Texte mitgebracht, wie neue Begegnungen kamen sie herüber am lauen Abend. Auch die Sprache der Musik kam zwischen den Texten zum Klingen, Peter Hub spielte die Handpan. Er trug auch Gedichte von Anita Tschirwitz vor, die leider nicht anwesend sein konnte.: "Libidinöse Libellen, die Heiteres zurücklassen."
So ganz komme man in der Literatur um die trüben Texte ja nicht herum, meinte Hanns Peter Zwißler, als er seine Geschichte vorstellte: Der Tod des Präsidenten. Sehr aktuell beschreibt er darin einen Diktator, der in seiner Rede Andersdenkenden das Wort verbietet, "wie Fliegen die wir ausspucken, werden wir diese Kritiker behandeln!" Dann fällt jedoch der Präsident auf der Bühne um und Zwißler beschreibt den Trubel ganz wunderbar, der nach der Überraschungssekunde entsteht und der mit dem Begriff "Rettungsstau" trefflich bezeichnet ist.
Doppeldeutigkeit der Worte
Auch Zena Kießner trug einen eher dunklen Text vor. Unter der weißen Fahne, so der Titel der Kurzgeschichte, erzählt vom Kriegsende in einem fränkischen Dorf, als die Bettlaken die Hakenkreuzfahnen ersetzten, als die Buben, die am Ende begriffen, dass ihr Heldenmut eine Dummheit gewesen wäre, von den Faschisten als Volksverräter hingerichtet wurden.
Günter Hein schilderte einen Familienbesuch im Museum. Ein Kind, zum ersten Mal an einem solchen Ort, staunt über die Darstellungen und es staunt über die friedliche Koexistenz von Löwen und Schafen. Zwei nackte Menschen bezeichnet die Mutter schnell als Adam und Eva, um weitere Fragen zu vermeiden. Im nächsten Saal bezeichnet der Vater jedoch zwei behaarte Tierwesen ebenfalls als Adam und Eva! Sehr verwirrend, nicht wahr?
Manfred Mangers Textperformance Kontaktanzeige spielte mit der Doppeldeutigkeit der Worte und eröffnete damit eine neue Perspektive auf die bittersüßen zwischenmenschlichen Gefühle. Renate Eckert las einen Auszug aus ihrem Roman Novemberfeuer, der die Verführungen beschreibt, die einer trockenen Alkoholikerin begegnen können und die schlechten Erinnerungen, die Ursache für diesen Alkoholismus sein könnten.
Auch Mundartdichtung war dabei
Auch Hilde Unrein konnte leider nicht teilnehmen, so trug Hein einen zweiten Text vor, Funde oder Geheimnis des Glaubens. Wenn auf dem Friedhof bei einer Grabaushebung prähistorische Funde auftauchen und sich der Gedenkort in einen Gottesacker im wahrsten Sinn des Wortes verwandelt, wenn sogar die Kirche vom Abriss bedroht ist … gibt das eine schöne Parabel auf die Gegenwart, sogar Heiterkeit hat darin Platz.
Mundartdichter Joachim Engel brachte in schönstem unterfränkischem Platt wieder seinen Sepper mit, der als Polizist in Coronazeiten den ultimativen Beziehungstest entwickelt: Zwei Wochen miteinander eingesperrt zu sein, entlarvt alles. Er lässt sich ein Patent "Badend" auf die Methode geben und eröffnet eine Beratungsstelle für schiefgeratene Beziehungen.
Am Ende des Abends wies Zwißler auf die Räume zwischen den Zeilen hin und unter anderem brillierte zum Abschluss Peter Hub mit einem Zweizeiler von Wilhelm Busch: "Wenn Lügen Haare wären, wären wir alle Bären."