Wertvolle gesellschaftliche Arbeit leistet die gfi (Gesellschaft zur Förderung beruflicher und sozialer Integration) Schweinfurt in ihrem Projekt "Heroes" (zu deutsch: Helden). Seit Anfang November 2019 treffen sich wöchentlich junge Männer aus Syrien und Afghanistan zu den Heroes-Gruppenstunden. Gemeinsam mit ihren Gruppenleitern Mohammed Daoudi und Diyap Yesil wird dabei über Themen wie Ehre, Gleichberechtigung, Sexismus, Unterdrückung und Homosexualität gesprochen. Als Ziel gibt dieses Projekt aus, den Männern die Möglichkeit zu geben, sich von Machtstrukturen zu distanzieren. Im Prozess sollen die Teilnehmer die Grenzen der Ehrenkultur, die sie aus der Sozialisation in ihren Heimatländern kennen und die nicht mit den Wertvorstellungen der modernen westlichen Gesellschaft übereinstimmen, überwinden.
Auch während Corona machten die "Helden" keine Pause. Die Gruppenleiter entwickelten neue Methoden und Techniken, um die Gruppenstunden zwischenzeitlich auch online fortführen zu können. "Wer unsere Arbeit kennt, weiß sicherlich, wie schwierig es ist, diese sensiblen Themen online zu behandeln", erklärte Teamleiter Daoudi. Vor allem das gegenseitige Vertrauen in einem gut funktionierenden Team spiele in der Arbeit eine gewichtige Rolle. Schließlich prasseln auf die Heranwachsenden zwischen ihrem Migrations-Background und den Anforderungen in der neuen Heimat viele unterschiedliche Erwartungen ein, denen sie genügen müssen.
Wer das Programm erfolgreich durchläuft, wird mit einem Zertifikat als neuer "Heroe" geehrt, womit er berechtigt ist ehrenamtlich Workshops an Schulen und in Jugendeinrichtungen gegen Unterdrückung im Namen der Ehre und für die Gleichberechtigung zu halten.
Ehrung in der Rathausdiele
Corona-bedingt konnte erst am vergangenen Mittwoch, erstmals nach zwei Jahren wieder, eine Zertifizierung stattfinden. In der Schweinfurter Rathausdiele wurden nun die bereits fünfte und sechste Gruppe geehrt. Corona-bedingt war das Teilnehmerfeld auch etwas ausgedünnt, was den gebührenden Rahmen aber nicht beeinträchtigte. Die Moderation übernahmen gfi-Leiter Stephan Zeller und gfi-Mitarbeiterin Elke Riegger. Die bayerische Integrationsbeauftragte Gudrun Brendel-Fischer, die verhindert war, ließ ihre Rede durch ihre Mitarbeiterin Susanne Winkler verlesen: "Die jungen Männer bringen den Mut auf, bisher vermittelte Strukturen zu hinterfragen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Davon profitieren alle: ihre Familie, die Gesellschaft, aber vor allem sie selbst."
Um den Zuhörerinnen und Zuhörern in der Rathausdiele die Arbeit des Projekts näherzubringen, führten einige "Heroes" ein szenisches Rollenspiel auf, wie es in den Treffen häufig angewendet wird. Dabei werden etwa die klassischen Rollenbilder vertauscht, was für eine ungewohnten Konfrontation und einen wertvollen Perspektivwechsel der Teilnehmer sorgt. Oder es werden Rollen entgegen der gänigen Stereotypen interpretiert. Im gezeigten Rollenspiel, spielte der Vater ein weniger stereotypische Rollenbild. Es sollte zeigen, dass auch in Ehrenkulturen andere Männerbilder existieren können, erklärte Gruppenleiter Yesil. Der Vater im Rollenspiel schlichtete den entbrannten Streit zwischen Sohn und Tochter. "Und plädierte für Freiheit und Selbstbestimmung." Darauf komme es schließlich an, bei den "Heroes" und bei uns allen.