Sie gibt es noch immer an fast jeder Kasse und unter vielen Ladentischen: Die Plastiktüte. Schweinfurt sagt der Umweltbelastung erster Güte aber nun den Kampf an. Basis ist ein Beschluss des städtischen Umweltausschusses. Aber der Reihe nach.
Die früheren Stadträte Marc Dominic Boberg (parteilos) und Roland Schwab (Grüne) haben noch zu ihrer Amtszeit im März gemeinsam mit der Schweinfurter Liste (SWL/FW) einen Antrag zur „Ächtung von Kunststofftüten im Stadtgebiet“ gestellt. Er wurde in Teilen verabschiedet – einstimmig (!).
Im zweiten Teil hatten die drei Antragsteller explizit die Stadt aufgefordert, nur noch Tüten und Verpackungen zu verwenden, die aus nachhaltiger Bewirtschaftung stammen, im Gegensatz zu den Kunststoff-Tüten vollständig abbaubar sind und keine Weichmacher enthalten. Zu beschließen war da aber nichts, weil die Stadt gar „keine Kunststoffe verwendet“: Bürgerservice, Stadt- und Wohnbau, Stadtwerke im Kundeninformationscenter, städtische Museen und Touristinformation benutzen schon seit Jahren „nur Papier beziehungsweise Stofftüten“, steht in der Beschlussvorlage.
Gleichwohl machte Bauverwaltungsamtsleiter Werner Duske deutlich, dass mehr als eine Empfehlung – die ja nun beschlossen wurde – wegen der Europäischen Verpackungsrichtlinien nicht möglich sei. Nach der dürfen Mitgliedstaaten zulässige Verpackungen nicht verbieten, die Kunststoff-Tüten sind darin aber als Transportverpackung aufgeführt. Weil der Stadt die Hände gebunden sind, regte Duske aber erfolgreich die Empfehlung an den Einzelhandel als wohl größtem Verteiler von Plastiktüten an. Wenn er mitmachte, würde das auch „das Umweltbewusstsein der Kunden fördern“.
Vor dem Beschluss hatte SWL-Fraktionschefin Ulrike Schneider leidenschaftlich für diesen Kompromiss geworben. Sie sei Boberg und Schwab dankbar für den Anstoß eines Themas, das nach der Energiewende eines der größten in der Zukunft sei, meinte Schneider. Dieser Mikroplastikmüll bestehe aus hochgiftigen Stoffen, die krebserregend und vor allem schlecht bis gar nicht abbaubar seien.
Schneider lobt die Stadt
Schneider lobte die Stadt für ihren bereits erfolgten Plastiktütenverzicht und wünschte, dass viele Einzelhändler es ihr gleichtun. „In manchen Geschäften muss man sich noch gegen Plastiktüten förmlich wehren“, sagte sie. Damit der Beschluss bekannt wird, regte sie eine nicht näher definierte „gemeinsame Aktion mit der Stadt“ an.
„Schweinfurt erleben“-Geschäftsführer Hans Schnabel will den Mitgliedern der Werbegemeinschaft ein Mitwirken im Sinn des Beschlusses nahelegen. „Ja, da machen wir mit“, sagte er. Schweinfurt könne in diesem Punkt „gerne eine Vorreiterrolle einnehmen“, erklärte auf Anfrage der Einzelhandelsverbandsvorsitzende Jens Drescher (Pelz Drescher) ein aktives Mitwirken zu. Die Verbannung der Plastiktüte habe er unabhängig vom begrüßenswerten Beschluss im Übrigen auf die nächste Tagesordnung des Vorstandes gesetzt.
Drescher sprach von einem „positiven Schritt für die Umwelt“. Die Papiertüte als Alternative müsse aber auch erst produziert werden, weshalb er zur Müllvermeidung die Benutzung von Mehrwegtaschen empfiehlt. Seiner Branche, dem Textilbereich, falle es kurzfristig leichter, auf Plastik zu verzichten, schwieriger sei es im Lebensmittelhandel.
Problem Folien fürs Obst
„Die größte Crux“ seien dabei die dünnen Plastikfolien zum Verpacken von Obst. Das müsse EU-weit gesteuert werden, erste Versuche dazu gebe es, zumal der im Meer treibende Plastikmüll auch daher rühre.
Eine solche vielfach nutzbare Tasche bietet seit kurzem die „Schweinfurter Qualitätsroute“ an, ein Zusammenschluss von rund 30 großteils inhabergeführten City-Geschäften. Im Vordergrund habe nicht allein der Umweltgedanke gestanden, räumt Andreas Bieringer (Messer Hoffritz, Porzellanhaus Weitzel) ein. Er werde den Mitgliedsfirmen („bei mir rennt die Stadt da offene Türen ein“) natürlich empfehlen, auf Plastik künftig zu verzichten. Er brauche noch Restbestände auf, freue sich aber schon jetzt über jeden Kunden, der verzichtet. Die schmucke Mehrwegtasche der Qualitätsroute gibt's für 3,95 Euro und sei universell nutzbar, etwa fürs Schwimmbad.
Stadtrat Thomas End (SPD) hatte im Umweltausschuss noch an seine vor einem Jahr gestellte Forderung erinnert, künftig auch auf Plastik-Laubsäcke zu verzichten. Es wäre erst Recht nach diesem Beschluss fatal, würden sie im Herbst wieder ausgegeben und „ich müsste mein Laub in einem Plastiksack wegfahren“.