Hilger Kestler, der frühere „Mister Seniorenbüro“, hatte die Idee: mit einer Dia-Schau an „Alt Schweinfurt“ erinnern. Die Bilder hat er aus dem reichen Fundus des Schweinfurters Robert Geitz bekommen. „Schweinfurt – wie's einmal war“ lautete das Angebot, veröffentlicht im Seniorenprogramm fürs Frühjahr 2012. Wer sich anmeldete für den Termin im Schrotturm-Keller, dem waren zuvor – oben im Saal – auch Kaffee und Kuchen sicher. Und das bei freiem Eintritt.
Das Interesse so vieler großteils „alter Schweinfurter“ war enorm, so groß, dass ein zweiter Termin nötig wurde. „Die Resonanz hat mich erfreut und zugleich sehr überrascht“, sagt Kestler bei der Premiere: Alle Plätze sind belegt, der Keller-Spielort von Hans Driesel und Co. ist mit über 50 Besuchern „ausverkauft“.
130 Bilder haben Kestler und Geitz ausgesucht. Auf den ersten Blick eine Menge. Aber: Von Anfang an dürfen die Besucher „mitreden“, weil auch Kestler und Geitz nicht alle Aufnahmen „identifizieren“ können. Die Teilnehmer sind mit großer Leidenschaft dabei. Es werden kurzweilige 90 Minuten.
„Ach Du grüne Neune, was isn dös.“ „Mensch, da kann ich mich genau erinner'“. „Schweinfurt war scho immer schö“. Drei beispielhafte Kommentare. Die Besucher kommen aus dem „A“ und „O“ gar nicht heraus, helfen sich bei unsicherer Standortbeschreibung gegenseitig.
Kestler beginnt mit den alten Stadttoren. Mühl-Thor, daneben das Café Beyer. Viele erinnern sich. Dann Brücken-Thor. Beim Ober-Thor steht die Abrisszahl dabei, 1872. Dass es die Stadttore nicht mehr gibt, wird bedauert.
Das Rätsel von der Eule
Dann ein erstes Rätsel, das Kestler aufgibt. Viele wissen aber, dass das „älteste Schweinfurter Wappen“ an der Peterstirn zu finden ist und dass der Schweinfurter Adler eher eine Eule ist, so wie das auch beim Wappen am gerade sanierten Haus an der Ecke Rückertstraße/Unterer Wall der Fall ist. Kestler kalauert, dass diese Eule, wenn man sie anspricht, „in jedem Fall antwortet – und nichts sagt“. Alle lachen.
Dann Fotos von Weinbergen, als sie noch bis zum Kiliansberg reichten. Auf der Mainlände gibt es noch die Sandbaggerei Blum mit dem Kran, der heute nahe der Disharmonie seinen Platz hat. Zweites Rätsel: Wie heißt das abgebildete Haus hinter der Harmonie? „Deutsches Haus“ kommt es aus vielen Mündern. Kestler gibt zum Besten, dass es dort „gutes Eis für zehn Pfennig den Batzen“ gab. Jetzt erinnern sich auch andere.
Die „Zelte“ am Main sind aufgehängte Fischernetze, wir sehen Bilder vom „Thiergarten“ in der Wehr, vom „Restaurant Park an der Pfinz“, wie die heutige Altstadt-Gastronomie damals hieß. Einer berichtet, dass die Pfinz, der kleine See am Wehr-Eingang, „Bürgermeister-Seele“ hieß, ein anderer erzählt, dass der See im Dritten Reich trockengelegt war und dort Theater gespielt wurde.
Weiter: Spitalstraße mit der Pferdebahn, das Kroneneck an der Ecke zum heutigen Kronengässchen, Bilder vom Rindermarkt am früheren Postplatz, heute Georg-Wichtermann-Platz, die Schranne am Roßmarkt. Dann Jubel, als das Foto vom Lu-Li-Palast gezeigt wird. Das Kino befand sich einst in der Spitalstraße. „Geyer Walli“ wurde gespielt. Später sehen wir noch Fotos vom Bavaria. Dieses Kino hatte seinen Standort dort, wo sich heute H & M befindet.
Stimmung kommt bei den alten Gaststätten und Brauereien auf: Maibacher Hof Friedhofstraße, Fränkischer Hof Zehntstraße, Herzogs-Brauerei Zürch, Brauerei Hagenmeyer. Alles nurmehr Erinnerung. Die Mutter von Geitz hat den Zeppelin fotografiert, als das Gefährt am 31. Mai 1909 über Schweinfurt schwebte. Sie drückte auf den Auslöser, als sich das Monstrum direkt über der Salvatorkirche befand. Man meint, die Kirchturmspitze spießt es auf.
Gezeigt werden Schweinfurter „Originale“ wie das „Ächele“. Er, den zu seiner Zeit jeder gekannt haben soll, soll Pfannkuchen geklaut haben, daher der vom Eichhörnchen abgeleitete Name.
Kestler hat Bilder vom zerstörten Schweinfurt ans Ende gestellt. Oft ist die abgebildete Verwüstung so groß, dass viele nicht glauben können, dass es sich um Wolfsgasse oder den Roßmarkt handelt. Eine Besucherin merkt an, „dass man der Generation, die Schweinfurt aufgebaut hat, gar nicht genug Respekt zollen kann“. Der Beifall am Ende ist aber für Kestler und Geitz.