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SCHWEINFURT
Schweinfurt und seine Amerikaner: Ausstellung über 70 Jahre gemeinsame Geschichte
Rückblick: Vor 70 Jahren kamen die Amerikaner nach Schweinfurt. Sie haben viel beeinflusst. Eine Ausstellung im Konferenzzentrum macht die Geschichte lebendig.
Ein Symbol für die erste Begegnung mit den Amerikanern: Der Jeep zieht bei der Ausstellung im Konferenzzentrum die Blicke auf sich. Am Steuer Oberbürgermeister Sebastian Remelé, daneben der langjährige Army-Sprecher George Ohl. Hinten sitzen Ausstellungsmacherin Daniela Kühnel und Filmemacher Max Kidd.
Foto: Anand Anders | Ein Symbol für die erste Begegnung mit den Amerikanern: Der Jeep zieht bei der Ausstellung im Konferenzzentrum die Blicke auf sich.
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 26.04.2023 22:04 Uhr
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Die Filmszene ist symbolträchtig. George Ohl, so was wie die personifizierte deutsch-amerikanische Freundschaft, steht allein an Gleisen, die sich irgendwo im Nebel auflösen. Der Film „The American Way of Schweinfurt“ von Max Kidd zeigt viele persönliche Momente, Erinnerungen und menschliche Begegnungen aus den 70 Jahren Beziehungen zwischen Amerikanern und Schweinfurtern. Aus Gegnern wurden Freunde, das sagt sich so leicht. Aber das ist die Botschaft der Ausstellung „Schweinfurt und seine Amerikaner: Made in Schweinfurt XIII“ im Konferenzzentrum. Sie zeigt sehr anschaulich, wie sich das Leben der Menschen veränderte, als die Amis kamen mit Kaugummi, Cola, Jeeps, Nylons und Demokratie.

Am 11. April 1945 beginnt die Zeit der Amerikaner auf Schweinfurter Boden. Der Krieg ist vorbei. Das Leben geht weiter, trotz Schutt und Asche überall. Oberbürgermeister Sebastian Remelé erinnert an die Unsicherheit, die damals geherrscht haben muss. Wie wird das mit den Amerikanern? Ausgangssperre, Fraternisierungsverbot, das war der Anfang. Es wird lockerer. Deutsche und Amerikaner kommen zusammen. Beim Sport, in der Arbeit. Oder durch Musik. Ed Sperber spielt auch eine Rolle im Film „The American Way of Schweinfurt.“ Glenn Miller, das musste damals einfach sein, sagt er. Swing und Jazz, den die Amis damals mit sich brachten, war so eine Art Erleuchtung für ihn. „Wir hatten doch nur Blasmusik damals.“ Das Titelbild des Ausstellungskatalogs ziert ein junger, ziemlich flotter Ed Sperber. Flott ist er immer noch – als er mit Mad Bob Thomas Bickel „In the Mood“ spielt, groovt der ganze Saal mit.

The american village, das amerikanische Dorf, der Begriff für Conn und Ledward, zieht sich durch den Film. Dorf, das steht für Heimat, Zusammenhalt. Viele, die dort gearbeitet und gelebt haben, vermissen die Gemeinschaft. 100 000 Soldaten, 300 000 Angehörige lebten seit 1945 in Schweinfurt. Sie haben viel Geld in der Gegend gelassen. Dollar-Mark: Das Verhältnis war mal vier zu eins. Mit dem Taxi zum Oktoberfest? Kein Problem damals. Aber wie heißt es so schön in Film: „Es regnete nicht nur Dollars, sondern auch Zähne.“ Zur gemeinsamen Geschichte gehören auch Schlägereien, Prostitution. Zur Geschichte gehören Liebesbeziehungen, Heiraten. Aber auch Kinder, die ihren Vater nie gesehen habe, weil er in die USA zurückging und nichts mehr von sich hören ließ.

Daniela Kühnel, die die Ausstellung für das Kulturamt konzipiert hat, nimmt auch die Schattenseiten mit auf. Bei einem Rundgang durch die Glashalle des Konferenzzentrums, absolviert man auch einen Rundgang durch die Geschichte. Fotos vom zerstörten Schweinfurt sind zu sehen, Elvis-Platten und eines der legendären Care-Pakete. Zeitzeugen kommen zu Wort, mit Tagebucheinträgen zum Beispiel. „Auf dem Rathaus weht die amerikanische Flagge. So bin ich froh, dass das Hakenkreuz nicht mehr regiert und sage getrost: wir haben den Krieg verloren und dennoch gewonnen.“ Der Rundgang zeigt auch, wie sehr Amerika den Alltag, das Leben geprägt hat. Kulinarisch mit Burgern oder dem göttlichen Eis, das es nur bei den Deutsch-Amerikanischen Volksfesten gab. Freizeit, das Konzept war auch neu. Aus Amerika kam auch Sport wie Basketball und Football. Das schöne an der Ausstellung: Man kann was ausprobieren. Cheerleader-Puschel schwenken oder einen Football-Helm aufsetzen. Oder am Tresen der Milchbar, die 1954 am Roßmarkt aufmachte, ein nostalgisches Shake trinken.

Am 11. April 1945 hat die Zeit mit den Amerikanern angefangen, am 31. Oktober ist sie offiziell vorbei, wenn die Liegenschaften an die Bundesrepublik zurückgehen. Was wird dann werden? „Der Abzug der Amerikaner wird die Stadt und die Region verändern“, sagt OB Remelé. Die Stadt hat sich aber schon frühzeitig Gedanken gemacht, zieht mit dem Landkreis an einem Strang. Dem Thema Konversion ist ein Kapitel im Ausstellungskatalog gewidmet. Und dann fängt wieder ein neues Stück Geschichte an.

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Schweinfurt und seine Amerikaner

Die Ausstellung ist vom 25. Juli bis 21. September täglich von 8 bis 20 Uhr in der Glashalle des Konferenzzentrums zu sehen. Das Kulturamt der Stadt hatte im Herbst Bürger dazu aufgerufen, ihre Erinnerungen an die Amerikaner zu erzählen. Der Zuspruch war groß, die Ergebnisse Grundlage für die Ausstellung. Zur Ausstellung gehört ein umfangreicher Katalog und der Film „The American Way of Schweinfurt.“ Der Film ist mit Untertitel versehen, der Katalog zweisprachig. Die Ausstellungstafeln sind nur auf deutsch. An folgenden Tagen werden Führungen angeboten: Samstag, 26. Juli, 11 Uhr, Sonntag, 3. August, 14 Uhr, Samstag, 6. September, 16 Uhr und Freitag, 12. September, 16 Uhr.

Weitere Führungen können gebucht werden unter Tel. (0 97 21) 51 47 34.

 
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