Mit der Erfindung hat Philipp Moritz Fischer „den Grundstein für das Fahrrad gelegt“, sagt Hermann Popp, der mit Fischer viel gemein hat: Der pensionierte Sachs-Ingenieur baut Fahrräder und stammt aus Oberndorf, wo das Geburtshaus Fischers steht – hinter dem Schwarzen Adler. Popp hat der Stadt eine „Art Gedenkstätte“ vorgeschlagen, ein Raum, ausgestattet mit Erinnerungsstücken, genüge. Der Platz dahinter könnte nach dem Fahrrad-Pionier benannt werden, wenn es auch schon eine Moritz-Fischer-Straße gebe. In jedem Fall sollte aber ein Denkmal für den Erfinder des Tretkurbelfahrrades errichtet werden. Popp hat dazu einen Vorschlag gezeichnet und ein Modell erstellt (siehe Foto oben).
Fischer fährt – oder läuft – schon 1821 mit neun Jahren mit einer Laufmaschine zur Schule in Schweinfurt, der „Lateinischen Vorbereitungsschule mit Progymnasium und Höherer Bürgerschule“, dem Alten Gymnasium am Martin-Luther-Platz. Einer Schreinerlehre in Würzburg folgt eine Ausbildung als Orgelbauer und Instrumentenmacher in Bamberg. Als Wandergeselle reist er durch halb Europa. Während eines Heimaturlaubs 1837 lernt der Gastwirtssohn Wilhelmine Lambius kennen. Ihr Vater betreibt die Weinwirtschaft „Zur Traube“ an der Ecke Johannisgasse/Jägersbrunnen. Fischer geht aber wieder auf Wanderschaft, Wilhelmine im Schlepptau, 1840 wird geheiratet. Als 1842 beider Sohn Heinrich Adolf stirbt, wird Wilhelmine neben ihrer Trauer auch heimwehkrank – das Paar kehrt nach Schweinfurt zurück. Hier erwartet Fischer ein Monat Polizeiarrest wegen einer „verbotswidrig im Ausland geschlossenen Ehe“. Der König mildert die Strafe auf drei Tage.
Die Obere Straße 8 wird Fischers neues Domizil mit Werkstatt für Klaviere und Orgeln. Seine Kundschaft in Stadt und Land besucht er mit dem hölzernen Laufrad. Bald ist ihm der „Knochenschüttler“ zu unbequem und zu langsam. Fischer baut ins Vorderrad einen Tretkurbelantrieb und schafft damit die Grundlage für die späteren Hochräder, sagt Popp.
Der Oberndorfer Bastler nennt auch Parallelentwicklungen, beschreibt Fortschritte zum heutigen Fahrrad wie gefederte Sättel, Kettenantrieb, Luftreifen durch andere Konstrukteure. Erfinder des Zweirades, das ohne Bodenberührung gefahren werden konnte, sei aber Philipp Moritz Fischer.
Zum Erfinder wird auch sein Sohn Friedrich Fischer. Schon 1872 eröffnet er im Rückgebäude Obere Straße 8 eine mechanische Werkstätte mit Schlosserei und Dreherei. Hier verkauft und repariert er Nähmaschinen. Doch bald wird er der „Kugel-Fischer“. Der junge Techniker konstruiert nämlich inzwischen weiterentwickelte Fahrräder und will sie mit Kugellagern ausrüsten. Weil die aus England bezogenen Kugeln zu teuer, verschieden groß und nicht rund sind, erfindet Fischer 1883 die „geniale Kugelmühle“, mit der er nach dem Verfahren des spitzenlosen Schleifens gehärtete Stahlkugeln in großen Mengen sehr genau und gleich groß herstellen kann.
1887 treten Engelbert Fries und der Schlosser Wilhelm Höpflinger als Mitarbeiter in die Fischer-Firma ein, 1891 lässt Fischer beim Registergericht die „Automatische Kugelfabrik Friedrich Fischer“ eintragen. Der frühe Tod Fischers 1899 hemmt die Weiterentwicklung, 1909 steht die Firma zum Verkauf. Der Bau- und Kunstschlosser Georg Schäfer (1861-1925) mit Sitz in der Spinnmühle wagt den Kauf der Firma mit dem Warenzeichen FAG – Fischers Actien-Gesellschaft.
Auch Friedrich Fischer werde zu wenig gedacht, meint Popp, der bisher erfolglos bei der Stadt angeregt hat, die Fischer'sche Werkstatt in der Oberen Straße 8 zu einer „Gedenkstätte für die Kugellagerindustrie“ zu machen. Das sollte leicht möglich sein, zumal Schweinfurt im „Geld schwimmt“. Neben Vater und Sohn Fischer solle schließlich unbedingt an den dritten „Vater der Industriestadt“ mehr erinnert werden, an Ernst Sachs (1867-1932).
Der Industrie-Pionier kommt 1894 als junger Mechaniker nach Schweinfurt, beginnt im gleichen Jahr mit dem Bau von kugelgelagerten Fahrradnaben hoher Qualität, natürlich mit Fischer-Kugeln. Mit Karl Georg Fichtel (1863-1911) gründet er 1895 die Präcisions-Kugellagerwerke Fichtel & Sachs. Auch hier habe, wie bei FAG, eine herausragende Erfolgsgeschichte begonnen, „auch für die ganze Stadt“, sagt Popp. Die Torpedo-Nabe von 1903 mit Antrieb, Rücktritt und Freilauf habe den Fahrradbau in aller Welt geprägt. An Sachs solle deshalb eine dauerhafte Produktausstellung erinnern, am besten in der Kunsthalle, dem früheren Ernst-Sachs-Bad. „Wir müssen von diesen Erfindern mehr Notiz nehmen“, fordert Popp.