Ende März letzten Jahres marschiert der 18-Jährige in die "Erotic-World" im Hafen, kramt ein wenig, schaut sich bei den DVDs genauer um. Etwa eine halbe Stunde wird er im Sex-Shop gewesen sein, bevor er ihn verlassen will. Die Verkäuferin aber entdeckt beim Sexpielzeug eine Lücke, die sie doch gerade erst aufgefüllt hatte. Sie meint auch, seine Jacke und der Rucksack seien doch etwas ausgebeult und fragt den Kunden, was er da versteckt habe.
Sex-Artikel für 170 Euro
Der Mann gibt sich ahnungslos, doch das Sex-Toy fördert die Angestellte gleich zutage. Und im Rucksack? Da lagern die DVDs - insgesamt hat die Beute einen Verkaufswert von 170 Euro. Als die Verkäuferin mit der Polizei telefoniert, um die Sache anzuzeigen, wird der Dieb offenbar panisch, versucht zu flüchten, an der Frau vorbei, die sich ihm in den Weg stellt. Fast stößt er sie dabei die Wendeltreppe im Geschäftsraum hinab. Just in diesem Moment kommt ein Stammkunde herein und versucht den Mann zu beruhigen. Kurz darauf ist die Polizei da und beendet den Fluchtversuch.
Jetzt, ein gutes Jahr später, sitzt der Auszubildende vor dem Jugendschöffengericht. Die Anklage lautet auf räuberischen Diebstahls und Körperverletzung. Bei dem Gerangel mit dem Kunden wurde die Verkäuferin geschubst und am Finger leicht verletzt. "Erst als er gehört hat, dass die Polizei kommt, ist er richtig ausgeflippt", sagt sie als Zeugin. Sie hatte den Eindruck, "der hat plötzlich einen Tunnelblick und will nur noch raus". Der Angeklagte räumt den Diebstahl ein, der aber auch so sehr gut zu beweisen wäre.
Gestörtes Sozialverhalten
Eine Vorstrafe hat der junge Mann, auch wegen Diebstahls. Laut Vertreterin der Jugendgerichtshilfe wurde bei ihm eine hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens festgestellt. Er wohne bei seiner Mutter, bekomme Medikamente gegen ADHS, mache eine Therapie zur besseren Impulssteuerung, auch ein Asperger-Syndrom stehe im Raum.
Der Staatsanwalt sieht wie die Jugendgerichtshilfe eine Entwicklungsverzögerung bei dem nunmehr 19-Jährigen. Er plädiert nach Jugendstrafrecht auf eine Verurteilung wegen räuberischen Diebstahls und Körperverletzung und fordert eine Geldauflage von 800 Euro sowie die Fortsetzung der bestehenden Therapie und weitere Therapieschritte.
Geldauflage von 500 Euro
Der Verteidiger sieht lediglich einfachen Diebstahl als erfüllt an, weil sich sein Mandant nicht im Besitz des Diebesgutes halten, sondern vor der Polizei flüchten wollte - Reflex und Folge seiner speziellen Erkrankung: "Er hat's schlicht nicht überrissen, was er da macht." Eine Geldauflage sei ausreichend.
Das Urteil: 500 Euro Geldauflage und 20 Stunden gemeinnütziger Arbeit wegen Diebstahls, versuchter Nötigung und Körperverletzung. Auch das Gericht erkannte eine Reifeverzögerung, aber keine schädlichen Neigungen und keine Schwere der Schuld. "Dann bleiben nur noch Zuchtmittel und Auflagen", so der Vorsitzende Richter. Alle Parteien waren einverstanden, das Urteil ist rechtskräftig.