Wie kriegt Kultur die Kurve, wenns (finanziell wie soziokulturell) überall steil bergab zu gehen scheint? Das KulturPackt-Team probierts mit elegantem Durchrutschen, beim 6. Kunstkaufhaus, im einstigen Musikhaus Kreuzinger. Im Leerstand in der Rückertstraße 8 darf auf einer Holzrutsche geübt werden, sich an rasch wechselnde Lebenslagen anzupassen. Schließlich war die kulturelle Shopping-Mall mal ein Schuhgeschäft.
30 Künstler und Kunsthandwerker sind vertreten
"Hurra, der KulturPackt lebt noch": Sprecher Ingo Schäfer begann mit einer guten Nachricht, beim Auftakt am Freitag. Bis Sonntag, 2. August, werden 30 regionale Künstler oder Kunsthandwerker ihre Bilder, Skulpturen und Objekte zum Verlauf anbieten, wochentags von 14 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr: "Abstraktes und Gegenständliches, Klassisches und Modernes, Humorvolles und Ernstes, Kitschiges und Tiefgründiges, Surreales und Konkretes."
Das Warenhaus der Kunst soll Plattform für Kulturschaffende sein, die gerade auf Ausstellungen verzichten müssen. "Kultur ist kein Luxus, den wir uns leisten oder nach Belieben streichen können", zitierte Schäfer Richard von Weizsäcker, "sondern der geistige Boden, der unsere innere Überlebensfähigkeit sichert." Gut, wenn man die lokale Sparkasse und die Stadt unter den Förderern weiß.
Die Stimmung war "gar ned so schlecht", was auch am souveränen "Piano Man" Mad Bob lag, der musikalisch Schwung ins (gut besuchte) Familientreffen der Künstlerszene Unterfrankens brachte. Trotz leichtem Corona-Blues durfte ein bisschen geträumt werden. Mitaussteller Ingo Schäfer sinnierte sogar über eine Untervermietung der Immobilie an den KulturPackt.
Bürgermeisterin Sorya Lippert schaute vorbei, das benachbarte Teppichhaus hat Unterstützung beigesteuert, der Wernecker Objektkünstler Jürgen W. Kiesel den Sekt: zum "hinter die Binde kippen", denn Mundschutz war natürlich Pflicht. Ansonsten sprüht auf drei abwechslungsreichen Etagen die Kreativität. "Story-Teller" nennt sich das bunte Porzellan von Tamara Solazzo (Lukululu). Hinter dem ART-Team verbirgt sich ein KünstlerInnenkollektiv, hinter den Pop Art-Plakaten von Dr. Helga Türeng steht kein Geringerer als KulturPackt-Geschäftsführer Gerald (J.) Günther: Es lebe das Anagramm.
Auch Anna Karina Fries darf sich einen neuen Namen machen. "AFriKa" nennt sich ihr Refugium, mit Notizbuchkunst, Eulenspiegeleien, verspielten Postkarten. Außerdem einer Idee, wie man Papier nutzen könnte, das mit einem popo-, pardon, populistischen US-Präsidenten bedruckt ist. Farbholzschnitte im Stil von Meister Hokusai steuert Herbert Fraas bei: Lebensbilder aus dem Japan der Geishas und Samurais. "Was guckst du? Noch nie ein Pferd mit Punkten gesehen?" Schon die Namen der farbenfrohen Acrylbilder von Karin Lorenz sind ein Hingucker. Die neue Pünktchentechnik ist Ergebnis eines Workshops auf dem Spessart-Bauernhof.
Die Beispiele sind nur Schlaglichter aufs größere Ganze: mit Tongefäßen aus den Händen Elisabeth Tgahrt-Philipps, Lichtlandschaften von Brunhild Schwertner, Küstenwelten eines Rolf Stern, Stimmungs-Impressionen von Heidi Lauter, und und und. Was derzeit im Kunstkaufhaus zu erwerben ist, schmückt Büros und Wohnzimmer ebenso wie jedes Home-Office. Eine Kundin eilte nach der Eröffnung jedenfalls gleich wieder hinaus, zu ihrer Bank.