"Wir sind die Ersten im Landkreis", stellen Bürgermeisterin Bettina Bärmann und Willi Warmuth, Amtskollege aus Dittelbrunn, bei einem Treffen im Niederwerrner Rathaus fest. 2021 wollen die Nachbarkommunen einen gemeinsamen Klimaschutzbeauftragten einstellen, mit einer 75 prozentigen Förderung durch den "Projektträger Jülich", der in diesem Fall Bundeszuschüsse vermittelt.
Im Folgejahr geht es um eine Finanzspritze von 65 Prozent. Weitere vier Jahre lang werden noch kommunale Projekte im Kampf gegen Treibhausgase und Klimawandel bezuschusst. Das Ganze ist zunächst als Halbtagsstelle geplant, auch wenn SPD und Grüne im Niederwerrner Gemeinderat dem (oder der) Neuen gerne einen "Full-Time-Job" gegönnt hätten, wie Bärmann berichtet. "Hintergedanke" sei, dass man womöglich noch eine zweite Halbtagsstelle schaffen werde, um weiteres Expertenwissen zu generieren.
Er habe den Posten schon 2019 in Dittelbrunn schaffen wollen, so Warmuth, der dort den "Grünen Plan" verfolgt: einen langfristigen Maßnahmenkatalog "pro Klima und Umweltschutz", mit Baumpflanzungen, Bienenschutz oder der Gewinnung alternativer Energien, aber auch der Sensibilisierung der Bürger. "Wir sehen viele Synergie-Effekte", sagt Warmuth. Es solle nicht nur um die Energiewende gehen, die beide Gemeinden in Kooperation mit Energiegenossenschaften betreiben.
Nahwärmenetz rund um eine Energiescheune geplant
Niederwerrn denkt für 2021 an weitere Aufforstung, PV-Anlagen und Begrünungsmaßnahmen im Ort. Insbesondere an eine Zentrale für Elektromobilität an der Wohnscheibe "Wittelsbacher Straße", wo zwölf Ladesäulen und Möglichkeiten zur Stromspeicherung entstehen sollen. Denkbar sind Ableger in der "Neuen Mitte" oder Oberwerrn, ebenso Car- und eBike-Sharing. "Wir wollen, laut Leitbild, 2030 klimaneutral sein", so Bärmann. Auch wenn das Ziel ehrgeizig scheint: In der künftigen neuen Ortsmitte neben der Bücherei ist ein Nahwärmenetz fest eingeplant, rund um eine "Energiescheune". Auch der Hochwasserschutz hänge eng mit dem Klimaschutz zusammen, so Bärmann: ein Dauerthema nicht nur an der Wern. Im Mai 2018 hat, weitab vom Flüsschen, Hagel die Hainleinstraße verstopft. Dazu kam eine Schlammflut vom Acker, was für dramatische Bilder und überflutete Keller sorgte. Ein Regenrückhaltebecken soll künftig Unwetterfolgen mildern.
Die Verhältnisse in den beiden Stadtrandgemeinden, deren Hauptorte nur einen Kilometer Luftlinie entfernt liegen, sind teilweise spiegelbildlich. "Es wird eine fruchtbare Zusammenarbeit", ist Warmuth überzeugt. Auch Dittelbrunn prüft ein (erweitertes) Nahwärmenetz im Bereich Schule und Schwimmbad, Marienbachzentrum, neuer Kindergarten und alter Sportplatz, wo gerade seniorengerechte Wohnungen entstehen. Hackschnitzel-Produktion hätte sich längst zum eigenen Zweig in der Landwirtschaft entwickelt, meint Willi Warmuth.
Stichwort geographische Nähe: "Klimaschutz ist auch die Heeresstraße", findet Warmuth und meint damit die Öffnung der einstigen Militärpiste in Richtung des Partners im Schulverbund. Notfalls müsse man eine Alternative suchen. Aufgeforstet wird im Marienbachtal sowieso, unter dem Stichwort "10 000 Bäume für Dittelbrunn". Bei Holzhausen ist ein "Arboretum" geplant, ein Baum-Lehrgarten. In beiden Gemeinden sollen Neubauflächen nur noch ökologisch erschlossen werden. Das heißt auch: "Wenn Flachdach auf der Garage, dann Gründach."
Künftigen Generationen ein lebenswertes Dasein ermöglichen
Das Zukunftsprinzip "Schwammstadt" (Sponge-City) gelte längst nicht nur für urbane Zentren, ist der CSU-Bürgermeister überzeugt, der damit parteiübergreifend Gehör findet, auch bei der Freien Wählerin in Niederwerrn. Grün bepflanzte Kommunen sollen in den kommenden, vermutlich heißen Jahrzehnten als naturnahe Wasserspeicher dienen. Niederschläge werden nicht einfach abgeleitet, sondern zwecks Bewässerung, Kühlung und Hochwasserschutz verteilt. Der Klimaschutzbeauftragte soll die Projekte nun koordinieren, ein Konzept erstellen und Fördermöglichkeiten sichten – möglichst schon ab Januar, um den Zuschuss für seine eigenen Stelle optimal zu nutzen.
Gleich zu Beginn möchten sich die Niederwerrner mit dem Klimamanager in eine Klausurtagung begeben. Letztlich geht es darum, auch künftigen Generationen ein lebenswertes Dasein auf dem Land zu ermöglichen: "Bei uns fängt gerade ein junger Biobauer neu an", freut sich Bettina Bärmann.