
"Gottseidank, es ist soweit vorbei!" Erleichtert und befreit sind die Anwohner des Glockenbergs und der Forststraße in Schraudenbach, weil die Invasion der Schwammspinner-Raupen auf ihren Anwesen am Waldrand aufgehört hat. Die Tierchen beginnen sich zu verpuppen. Ob sich der kahlgefressene Staatswald dort wieder erholt und wie die Situation im nächsten Jahr aussieht, ist derzeit noch ungewiss.
Das vergangene Wochenende war wieder einmal arbeitsreich für die betroffenen Anlieger: Überall wurden die Raupen des Schwammspinner-Falters abgesaugt, gekehrt oder gespritzt, wurden Garagen und Schuppen von den Larvenmassen gesäubert. "Es war eine eklige Arbeit", sagt Ingrid Rumpel. Allerdings müssten ihr Mann Ludwig und sie noch die braunen Flecken auf ihrer Hauswand entfernen. Sie rühren von den Virus-befallenen und geplatzten Raupen her. Aber: "Jetzt können wir wenigstens wieder unsere Terrasse benutzen" – nach drei Wochen Schwammspinner-Befall.
Mit einem Abflammgerät, einem Unkrautbrenner, war ihr Mann Ludwig wochenlang den Tierchen hinterher gewesen. "Mindestens 15 Gasflaschen haben wir gebraucht." Abgefressen sind ihr Pflaumenbaum, die Rosenstöcke, Johannisbeerblätter, Salat und Erdbeeren. An den kahlgefressenen etwa 15 Eichen auf ihrem Grundstück zeigen sich allerdings wieder erste Blättchen. Trotzdem: Ludwig Rumpel spricht davon, diese Bäume zu fällen, denn so etwas wolle er nicht mehr erleben.

Ob sich die kahlgefressenen etwa acht bis zehn Hektar Wald am sogenannten Unteren Forst der Bayerischen Staatsforsten wieder erholen, hängt von mehreren Faktoren ab. "Wir müssen abwarten, wie die Eichen wieder austreiben", sagt Michael Grimm, stellvertretender Forstbetriebsleiter Arnstein als Vertreter des Waldbesitzers. Als derzeit "noch nicht so massiv" schätzt diesen Austrieb der Bereichsleiter Forsten beim Schweinfurt Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), Stephan Thierfelder, ein.
Entscheidend wird auch sein, ob der Neuaustrieb von Eichenmehltau befallen wird. Die Bedingungen dafür sind jedenfalls günstig: Morgens Tau auf den Blätter und viel Wärme und Sonne. Dazu kommt derzeit die große Trockenheit. "Wir hoffen auf kühles Wetter", meint Grimm.
Bäume sind erheblich geschwächt
Die Eiche habe ein sehr hohes Potenzial zur Regeneration, beschreibt es Dr. Gabriela Lobinger von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstschutz (LWF). Sie versuche nach Kahlfraß oft sogar durch mehrfache Ersatztriebe wieder Laubmasse aufzubauen. Dabei verbrauche sie aber für das folgende Jahr angelegte Reservestoffe. Das habe zur Folge, dass die Frühholzzone nur unzureichend angelegt wird. Im Jahr nach dem Fraß seien dadurch die Wasser- und Nährstoffzufuhr stark eingeschränkt und der Baum werde erheblich geschwächt.
Eine genaue Beobachtung des Waldes wird in den kommenden Monaten erfolgen, verspricht Grimm, gemeinsam mit dem AELF. "Etwa ab Mitte Juli werden wir sehen, ob und wieviele Falter fliegen", erklärt Thierfelder. Diese legen dann neue Eier, einige hundert Stück pro Gelege, die im Herbst sichtbar werden.
"Schubladenpläne" für jedes Szenario
Gemeinsam mit der LWF werden für jedes Szenario "Schubladenpläne" erstellt, so der Bereichsleiter Forsten, damit man je nach Bedarf reagieren könne. Er erläutert, dass bei der Bekämpfung des Schwammspinners zwei Rechtskreise beachtet werden müssen. Zum einen das Pflanzenschutz-Recht, also der Schutz von Pflanzen, zum Beispiel mit dem Häutungsbeschleuniger Mimic im Frühjahr. Zum anderen der Schutz des Menschen, das Biozid-Recht.
Spritzmittel seien nur entweder für den einen oder anderen Zweck zugelassen. Ein Insektizid, das für den Menschenschutz zugelassen wäre, gebe es derzeit gar nicht, zitiert Thierfelder die LWF-Expertin Lobinger.
Auf jeden Fall werde bei der Begutachtung für das nächste Jahr auch das Gesundheitsamt beteiligt, um die mögliche Gefährdung für die Menschen zu bewerten, erklärt Michael Grimm vom Staatswald-Forstbetrieb Arnstein.
Im Landkreis Schweinfurt gibt es nach Thierfelders Angaben noch eine zweite Kahlfraßfläche in einem Eichenwald. Allerdings stoppte dieser – warum auch immer - etwa 150 Meter vor der Wohnbebauung. "Man kann immer von der Natur überrascht werden".