In vielen Dörfern der Region kann man jetzt Schwalben beobachten, wie sich in Schwärmen sammeln, um bis zu Anfang September gemeinsam gen Süden aufzubrechen, ihrem Winterquartier. Besonders gut sind die Ansammlungen dieser Vögel in Oberlauringen zu beobachten. Zudem nehmen sie in den Dichtungen von Friedrich Rückert einen gewichtigen Platz in seinen Werken ein, der dort von 1793 bis 1802 lebte. Kein Wunder, dass die Schwalbe schon an allen Ortseingängen die Ankommenden begrüßt.
Seit dem Mittelalter werden die Schwalben, bei uns meist Mehl- und Rauchschwalben, als Frühlingsboten gesehen, was sich in Wetter- und Bauernregeln niederschlägt. "Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer" heißt es. Und es ist richtig, denn die Vögel kommen erst nach und nach. Auch Regen sollen sie durch ihre Flughöhe ankündigen, denn "Wenn die Schwalben niedrig fliegen, man wird Regen kriegen".
"Früher waren in den Gehöften große Misthaufen", erinnert sich Theo Zirkelbach. Diese waren Brutstätten für Mücken und andere Fluginsekten, die Nahrung der Schwalben. Zudem boten die Stallungen und Scheunen den Schwalben Nistmöglichkeiten an unzugänglichen Stellen, so an der Decke. Da es keine landwirtschaftlichen Betriebe mehr im Dorf gibt, sind in vielen Anwesen die Möglichkeiten für Nahrungssuche und Nistbau für diese Vögel verschwunden. In den Bauernhöfen waren die Schwalben geschätzt, da sie Insekten vertilgten, aber heute wird die Verschmutzung durch Kot und Nestbaumaterial oft negativ wahrgenommen.
Zwar erfuhren die Ställe und Scheunen meist eine Umnutzung oder wurden abgerissen, aber es gibt im Dorf noch einige Bewohner, die die Schwalben ins Herz geschlossen haben und den Tieren eine gute Bleibe im Sommer bieten. So öffnet die Familie Theo Zirkelbach ab Ende März ein Fenster im jetzt als Waschküche genutzten ehemaligen Schweinestall, damit die Schwalben hier in ihr seit Jahren genutztes Nest fliegen können. Und auch im ehemaligen Kuhstall, dem jetzigen Raum für gesellige Zusammenkünfte, sind Möglichkeiten zum Einfliegen gegeben.
Bei Familie Haßfurter nisten sie wie eh und je in der Scheune und im ehemaligen Kuhstall, den jetzt Hühner bevölkern. Insgesamt sind in diesem Anwesen fast 20 Nester zu zählen, in denen die Paare bis zu zwei Mal brüten. Irene Haßfurter notierte für dieses Jahr den 30. März. "Das war der Tag, an dem die erste Schwalbe wieder zu uns kam".
Am Igros-Kaufhaus im Ort wurden nach der vor wenigen Jahren erfolgten Außenrenovierung wieder künstliche Schwalbennester angebracht, die zum Teil schon im ersten darauffolgenden Sommer belegt waren. Um die Verschmutzung am Boden unterhalb der Nester gering zu halten, kann man Kartonstücke legen, was in Oberlauringen an einigen Stellen auch an den Außenmauern der Gebäude zu beobachten ist.
"Wir haben in Oberlauringen zum Teil noch Oberleitungen für Strom, da sammeln sie sich. Jetzt sitzen die Altvögel schon mit ihren Jungen drauf", berichtet Bernd Haas, der gerne früh morgens einen Rundgang durch das Dorf macht.
Untrennbar verbunden ist die Dichtung Friedrich Rückerts mit der Schwalbe. Er verlebte mit seiner Familie Kinder- und Jugendjahre im Dorf, da sein Vater Amtmann für den damaligen Dorfherrn Truchsess von Wetzhausen war. Als 30Jähriger schrieb der Dichter während seiner Italienreise das neun Strophen lange Gedicht "Aus der Jugendzeit", in dem die Sehnsucht nach der Heimat thematisiert wird.
Häufiger wird die Schwalbe in seiner Dichtung erwähnt, aber in diesem Gedicht ist sie Symbol für Weggehen und Heimkehren. Berühmt wurden die Vertonungen von drei Strophen in dem Lied "Aus der Jugendzeit", das auch Rudolf Schock (1915-1983), ein bedeutender Tenor in den Jahren 1935 bis 1970, sang. "Wir haben das Lied in der Schule oft gesungen", erinnern sich die älteren Dorfbewohner wie Bernd Haas. Und viele im Ort hoffen im Frühjahr, dass die Schwalben wieder kommen.

