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SCHWEINFURT
Schuster Rudi Horn: Eines der letzten Originale
Hardo Super Mini: Ohne die Maschine läuft in der Werkstatt von Rudi Horn wenig. Sie kann alles, schleifen, polieren und bimsen.
Foto: Hannes Helferich | Hardo Super Mini: Ohne die Maschine läuft in der Werkstatt von Rudi Horn wenig. Sie kann alles, schleifen, polieren und bimsen.
Von unserem Redaktionsmitglied Hannes Helferich
 |  aktualisiert: 29.12.2011 15:49 Uhr

Schon der Weg zu ihm ist etwas Besonderes: Der Eingang versteckt zwischen zwei Geschäften an der Grenze von Roßmarkt und Manggasse, ein schmaler, langer Gang führt in den kleinen Laden. Dahinter die Werkstatt, die musealen Charakter hat. Ein Erlebnis auch der Schuhmachermeister Rudi Horn selbst.

Er ist eines der letzten Schweinfurter Originale. 65 Jahre ist Rudi Horn jetzt alt, eigentlich im Rentenalter. Ans Aufhören denkt er aber nicht. „Zuhause rumzusitzen, das wäre mir zu langweilig“, lacht er und fügt schmunzelnd in der ihm eigenen Art an: „Ich mache solange weiter, wie es geht“. Auch wegen der Stammkunden, die nicht nur kommen, weil der Schuh ein Loch hat. Das Gespräch mit dem Original in diesem Ambiente, das ist es auch.

„Ich lasse mich nicht hetzen! Ich bin hier auf der Arbeit! Nicht auf der Flucht!“. Das Schild im Laden der Manggasse 12 ist sein Lebensmotto. Rudi Horns Gelassenheit strahlt aus, macht den „Spezialisten für hoffnungslose Fälle“ so sympathisch. Eine Journalistenkollegin hat Horn so beschrieben, weil er ihre Lieblingstasche gerettet hat. Der Bügel war abgerissen.

Hoffnungslose Fälle? Kennt Horn nicht, „ich weiß, wo ich hinlangen muss“, sagt er. Er weiß eine Lösung für den rausgerissenen Rucksackriemen, heilt das verletzte „Kind“ der Puppenmutter und schickt den Kunden mit der „Lehrer“-Ledertasche eben nicht weg. Die Generalsanierung der altehrwürdigen Tasche ging „halt über den Preis ging“.

Das Licht der Welt erblickt Rudi Horn 1946 in Schweinfurt. Er besucht die Schiller- und die Friedenschule und beginnt mit 14 Jahren die Lehre zum Schumacher. In Freising, „der Grund war ein Kumpel“. Er erfährt, dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind. „Hat aber nichts geschadet, ich habe viel gelernt“.

1964 kehrt er in die Geburtsstadt zurück. Die Lust im erlernten Beruf zu arbeiten hält sich in Grenzen, was auch damit zu hat, dass „damals die Plastikschlappen aufgekommen sind“. Horn verdingt sich in „verschiedenen Jobs“, machte „fast alles, wo es Geld gab“. Rudi Horn lässt sich entlocken, dass er „Asphalt gekocht“ hat für die Firma Kaidel, DJ im Tivoli in der Luitpoldstraße war.

1970 kehrte er zu den Wurzeln zurück, zu Schuhmacher Oskar Kostner, dessen Werkstatt auch in der Luitpoldstraße war. „Aus Liebe zum erlernten Handwerk“, begründet der Mann mit dem zu einem Zopf gebundenen langen Haaren und dem Cowboystiefelchen im Ohr, den Wiedereinstieg. 15 Jahre später macht er sich selbstständig.

In Laden und Werkstatt herrscht „übersichtliche Unordnung“, sagt Rudi Horn. Er erklärt die Gegenstände an der Wand, seine Maschine, Hardo Super Mini, die vor drei Monaten ihren Geist aufgab. Der Motor war kaputt, „dann stehst Du da“, grinst er, weil sie längst wieder repariert ist. Er braucht die Maschine, ein wahres Wunderwerk, das schleifen kann, poliert und bimsen. Als er den fragenden Blick des Reporters sieht, nimmt er einen Schuh und zeigt, wie man einen Absatz nachbimst, feiner ausgedrückt glatt schleift.

Wir gehen in den nächsten Raum, Rudi Horn zeigt Näh- und Ausweitmaschine. Manchmal drücken Winterstiefel, kneift der Schaft, weil bei der Dame die Wade ein wenig zugelegt hat, frotzelt der Schuhmachermeister. Mit der Ausweitmaschine behebt Horn das Problem ebenso wie er mit der Nähmaschine die gerissene Lederhose„flickt“.

Die Türglocke vermeldet Kundschaft im Laden. Eine Frau bringt schwarze Schuhe, die Sohle hat sich gelöst. Ein Markenschuh, man denkt sich – Ledersohle, „es ist aber Presspappe“, bedauert Horn. Er zieht eine Bundeswehrstiefel älteren Baujahrs aus dem Regal: „Das war noch Qualität“. Wenn er vor der Ladentüre eine Zigarette raucht, schaut er sich die heutige Qualität an und wundert sich nicht über die Fehlstellungen an den Füßen junger Leute.

Meister Horn wollte eigentlich Schuhe machen, nicht nur reparieren. Handgefertigte Maßschuhe, das war sein Traum. Jetzt repariert er halt mehr, löst aber auch hoffnungslose Fälle. Den Laden hat er bis 2008 mit seiner Frau Gisela geschmissen. Ihren Tod hat er überstanden.

Horn ist sich sicher, dass das Schuhmacherhandwerk über kurz oder lang „aussterben wird“. Beim Schnell-Schuster um die Ecke seien keine gelernten Schumacher Am Werk, „der Stallgeruch fehlt“. Rudi Horn hat eine Stunde Rede und Antwort gestanden. Lebensgefährtin Michaela kommt. Es ist Mittagszeit, die Pause in der Küche neben der Werkstatt, die ist ihm wichtig.

Eine Adler-Nähmaschine: Löcher und Risse im Schuh gibt es nicht nur an der Sohle. Dann mus genäht werden.
| Eine Adler-Nähmaschine: Löcher und Risse im Schuh gibt es nicht nur an der Sohle. Dann mus genäht werden.
Blick in die Werkstatt: Schuhmachermeister Rudi Horn spricht von „übersichtlicher Unordnung“.
| Blick in die Werkstatt: Schuhmachermeister Rudi Horn spricht von „übersichtlicher Unordnung“.
 
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  • Das sind noch Menschen die wissen was Arbeit ist. Nicht wie die Heutige jugend. echt schade das es immer weniger von disen menschen giebt. Hätten wir nur solche Menschen hir in Deutschland wären wir Wirtschaftlich eine Weldmacht. Hud ab von solchen Menschen. Und echt schade das die Deutschen keinen werd mehr auf Qualität geben. Sondern lieber Billige schuhe oder auch anderren sachen aus Fernost kaufen. Qualität ist egal haubtsache billig ist es. Leute last euer gelt hir und kauft Deutsche Qualität . Ihr lebt von den Firmen die es verkaufen. das sind eure Arbeitgeber.Würde jeder Deutsche ost schrott kaufen hätten wir alle bald keine arbeit mehr.
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  • eboehrer@gmx.de
    und es ist die totale Beschreibung des Originals. Ich bin jetzt schon 20 Jahre von SW weg und es kommt mir vor, als würde ich bei ihm im Laden stehen.
    Schade, dass es so etwas nicht mehr geben wird.
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