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Schweinfurt
Schule und muslimische Eltern erarbeiten gemeinsamen Wegweiser
Wie ein Empfehlungs-Flyer der Schillerschule bei der Integration muslimischer Schüler helfen soll.
Das Wir gewinnt: Schulleiterin Kerstin Geus (links) kämpft zusammen mit Eltern und Vertretern der Stadt Schweinfurt für mehr Integration an der Schillerschule, unter anderem mit einem deutsch-arabischen Infoflyer.
Foto: Uwe Eichler | Das Wir gewinnt: Schulleiterin Kerstin Geus (links) kämpft zusammen mit Eltern und Vertretern der Stadt Schweinfurt für mehr Integration an der Schillerschule, unter anderem mit einem deutsch-arabischen Infoflyer.
Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 21.09.2020 02:17 Uhr

Das Leben zwischen zwei Welten ist für Kinder "mit Migrationshintergrund" nicht immer einfach. Aber es lässt sich manches versüßen. Zum Beispiel an hohen islamischen Festtagen. "Wir empfehlen, dass die Kinder beim Zuckerfest oder Opferfest zuhause bleiben", heißt es in einem Infoflyer der Schiller-Grundschule für muslimische Eltern, Kinder und deren Lehrkräfte. Schulfrei an einem solchen Festtag, das geht. Man kann sich einig werden, sobald ein wechselseitiger Austausch begonnen hat: Das ist eine Botschaft des Empfehlungs-Flyers, der sowohl auf Deutsch wie Arabisch gedruckt worden ist, in Kooperation muslimischer Eltern mit Elternbeirat, Stadt und Schule.

Kerstin Geus, seit 2017 Schulleiterin, hatte schon bei den ersten Elternversammlungen bemerkt, dass irgendwie der direkte Draht zu muslimischen Familien fehlt. Bei einer Stadtteilversammlung hat sie Dilek Öznur kennengelernt – und in der "Bildungskoordinatorin für Neueingewanderte" eine Mitstreiterin gefunden, für bessere Integration im Schulunterricht. Öznur arbeitet für die Stabstelle "gerne daheim in Schweinfurt", im Auftrag der Stadt.

Seit 2019 gab es dann regelmäßig Gespräche mit muslimischen Eltern. Die Debatten seien teilweise schon heftig gewesen, bestätigt Stefan Arnswald seitens des Elternbeirats, bei der offiziellen Vorstellung des Flyers, zusammen mit Bürgermeisterin Ayfer Rethschulte. Mit dabei sind Muslimas, die Erfahrungen aus dem syrischen Bildungssystem mitbringen: Manal Khllo, Lobaba Seryo, Roba Alsaed sowie, als Übersetzerin, Payman Ali, die aus dem kurdischen Teil des Irak stammt. Jugendsozialarbeiterin Tatjana Werner ist mit von der Partie, ebenso Sozialreferent Jürgen Montag seitens der Stadt und Matthias Kreß für deren Stabsstelle Integration.

Wie Kinder anders fasten können

Potentielle Reibungspunkte gibt es einige, Stichwort Teilnahme am Schwimmunterricht für Mädchen: "Schwimmen kann Leben retten", heißt es lapidar zum unverzichtbaren Teil des Lehrplans. Dann das Thema Fasten im Ramadan. Überrascht hat Geus festgestellt: "Wir waren von beiden Seiten einer Meinung." Oft seien es die Kinder und vor allem die Jungs, die sich in der Fastenzeit als "erwachsen" beweisen wollen – obwohl sie gar nicht dazu verpflichtet sind. Der Flyer schlägt in diesem Fall "Kinderfasten" vor, etwa Verzicht auf Süßigkeiten, Handy oder Fernsehen: "Wenn Eltern und Lehrer an einen Strang ziehen, so wie hier, dann schaffen wir es auch,  die Kinder zu überzeugen." Die Schule sei als Ort der Begegnung angenommen worden, freut sich Geus, was man etwa am Schulfest gemerkt habe. Besonders dankbar ist die Rektorin der Stadt, die Gestaltung, Übersetzung und Druck der kleinen Broschüre übernommen hat. Die ist über die Schiller-Grundschule und die Stabsstelle erhältlich, eine türkische Variante schon angedacht. Viele Infos sind unspektakulär, aber grundlegend, von der Sache mit dem Pausenbrot und den Hausaufgaben bis hin zu Elternbrief oder Sprechstunden.

Begegnung auf Augenhöhe

Ein kleine Schulband singt das Schullied, coronabedingt draußen auf dem Gang, vor einem Imbiss. "Ich habe in dem Stadtteil mal gewohnt", erinnert sich Ayfer Rethschulte und verweist auf ihre türkische Herkunft. Seit 2020 ist die Fachkrankenschwester Dritte Bürgermeisterin und "hoffentlich ein Ansporn, dass unser Bildungssystem sehr viel ermöglicht." Begegnung auf Augenhöhe mit gegenseitiger Wertschätzung, das ist ihr Anliegen: "Dass Sie hier sind, beweist, dass Sie an der Zukunft ihrer Kinder sehr interessiert sind", lobt die Politikerin der Grünen in Richtung der Mütter. Die Wege stünden auch am Main für alle Menschen offen: "Dieses Bunte steht uns in Schweinfurt sehr gut."

 
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  • R. W.
    Ein an vielen Familienstammtischen diskutiertes Thema greift diese ansonsten sehr begrüßenswerte Inititive nicht auf:Die Ungleichbehandlung, die dadurch entsteht, das muslimische Schüler beim Zuckerfest oder Opferfest zuhause bleiben können, andersgläubige Schüler aber ohne Ausgleich zur Schule müssen.
    Die Initiative fände bei der Politik sicher besser Gehör als Familienstammtische, wenn sie sich für die in diesem Zusammenhang von Familinestammtischen oft geforderten zwei variablen Ferientagen für alle Schüler einsetzen würde.
    Diese kann dann jede Familie so einsetzen, wie sie möchte, also etwa um die Ferien einen Tag eher zu beginnen um günstigere Urlaubstarife zu bekommen, zum großen Ehrentag von Großmutter/Großvater oder eben auch für religiöse Feste.
    Am Karfreitag - so die gängige Meinung - dürfen muslimische Schüler schließlich auch zu Hause bleiben.
    Die aktuelle Regelung schürt somit nur Mißgunst Andersgläubigen gegenüber!
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