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KREIS SCHWEINFURT
Schön, laut und nicht ungefährlich
Von unserem Mitarbeiter Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 11.12.2019 20:02 Uhr

Er muss nicht zwangsläufig ein wildes Herumböllern und Verpulvern von Millionenbeträgen sein: der erleuchtete Himmel am Jahreswechsel. Denn „Feuerwerk ist eine Form der perfekten Kunst, da sich das Bild im Moment der höchsten Vollendung dem Betrachter wieder entzieht“: Damit hat der erfahrene Feuerwerker Marcel Keilholz gerne Ästhet Adorno zitiert.

Der gebürtige Gerolzhöfer kam im Sommer bei einem tragischen Arbeitsunfall ums Leben, in seinem Pyrotechnikbetrieb in Marienmünster. Er hatte sich zuvor immer für hohe Sicherheitsstandards eingesetzt. Im Raum Schweinfurt war Keilholz für seine Großfeuerwerke bekannt, etwa zu Jahresbeginn 2012 über Kronungen. Nur: Die verwendeten Explosivstoffe sind eben nicht ungefährlich, nicht einmal für Profis wie Keilholz.

Karl-Heinz Schmitt weist in einer Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Unterfranken auf die Risiken hin. In der letzten Silvesternacht gab es im gesamten Regierungsbezirk 660 Notrufe und 240 Einsätze – mit trotz friedlicher Mehrheit leider schon „üblichen“ Körperverletzungen, Sachbeschädigungen, Streitigkeiten und Brandschäden. „Das Beschädigen oder gar Sprengen von Briefkästen durch Feuerwerkskörper ist kein Lausbubenstreich“, so der Polizeihauptkommissar, sondern handfeste Sachbeschädigung.

Ein weiteres Problem: der Import illegaler Feuerwerkskörper aus Osteuropa. Pyrotechnik unterliege der Zulassungspflicht, so Schmitt: Ein unbedenklicher Kracher oder Schwärmer braucht eine BAM-Kennzeichnung des „Bundesamtes für Materialprüfung“ beziehungsweise eine CE-Zertifizierungsnummer.

Das Schießen mit Schreckschusswaffen verlangt eine Sondererlaubnis und den „kleinen Waffenschein“. Kinder unter zwölf Jahren sollten ihr Spielzeugfeuerwerk – Wunderkerzen oder Knallerbsen – nur unter Aufsicht von Erwachsenen zünden. Die Umgebung von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altenheimen seien grundsätzlich zu meiden, heißt es in der Pressemitteilung der Polizei. Zuletzt warnt sie vor zu viel Risikobereitschaft durch Alkoholkonsum.

„Es geht hier ums Sprengstoffgesetz“, sagt Karl-Heinz Nusser, Sachgebietsleiter im Landratsamt. Entscheiden würden die einzelnen Gemeinden, die auch einzelne Bereiche sperren könnten.

Grundsätzlich sei das Abbrennen von Kleinfeuerwerken durch Privatleute zu Silvester zulässig: Mit Pyrotechnik der „Kategorie II“, die in diesen Tagen ab 18 Jahren erworben und verwendet werden darf. Kategorie I wären Kleinstfeuerwerke für Kinder und Jugendliche. Kategorie III und IV, Mittel- und Großfeuerwerke, fallen bereits in die Zuständigkeit ausgebildeter Feuerwerker. Unter dem Jahr entscheiden die Gemeinden über die Zulässigkeit von Privatfeuerwerken.

Wie wild es in der Silvesternacht wird, „das kommt immer aufs Wetter an“, weiß Gerhard Roos vom Niederwerrner Ordnungsamt. Auch hier wird das Feuerwerk gerne „mobil“ im Ort gezündet. Bis auf Schäden am Straßenbelag habe man kaum Probleme gehabt, der Bauhof fährt Sondereinsätze zur Müll-Entsorgung.

„Am Main ja, im Altort nicht“, heißt es im eng bebauten Wipfeld. Hier ist das historische Zentrum rund um die Kirche für Böller und Kracher tabu, so Josef Krimmel von der Verwaltungsgemeinschaft Schwanfeld-Wipfeld: aus Denkmalschutz-Gründen. Krachen lassen dürfen es die (meist jungen) Bürger dafür am Mainufer, am Follinaplatz.

Zwischenfälle gebe es kaum, nur auf den Gemeindebriefkasten hätten es selbst ernannte Sprengmeister häufiger abgesehen: „Wir nehmen das Papier schon immer raus.“ Ebenso am Verwaltungsgebäude im nahen Schwanfeld, wo es innerorts keine besonderen Einschränkungen gibt.

Den meisten Müll hinterlasse dann ohnehin der Alkoholkonsum. „Das eigentliche Problem sind die Flaschen“, so Krimmel, der zudem einen Trend der Kommunen sieht, private Feuerwerke wirklich auf die Silvesternacht zu beschränken: „Es gibt oft Ärger.“

In Geldersheim ist der Ortskern mit den Gaden unterm Jahr Sperrgebiet, betont Verwaltungsmitarbeiter Pascal Schäfer. Das große Brillantfeuerwerk, das am Neujahrsabend ab 18 Uhr das Jubiläumsjahr 2013, mit 1250-Jahr-Feier, würdig eröffnen soll: Es wird vor den Toren des altehrwürdigen Fachwerkdorfs abgebrannt.

Keine Satzung, keine besonderen Auflagen: In Schwebheim gelten für Silvester und Neujahr die ganz normalen gesetzlichen Regelungen, sagt Hauptamtsleiter Burghard Hofmann. Es gebe zwar den einen oder anderen Böller- und Raketen-Schwerpunkt, etwa vor Gaststätten, darauf sein man aber vorbereitet: „Den Dreck beseitigt am nächsten Morgen der Bauhof, das ist ganz normal“, sagt Hofmann. Exzesse habe es bislang keine gegeben, „und dass mal ein Böller in einen Briefkasten geworfen wird, verhindern Sie auch nicht mit einer Satzung.“

Auch aus dem Tierheim seien in den letzten Jahren keinerlei Klagen gekommen – das Gelände liegt im Gewerbegebiet, rund 500 Meter weit weg von der nächsten Wohnbebauung – „da draußen schießt keiner“, sagt Hofmann.

Sollte in der Silvesternacht doch etwas passieren – die Feuerwehr ist gerüstet: „Die feiern zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder gemeinsam im Feuerwehrhaus. Sollte tatsächlich ein Brand ausbrechen, was wir natürlich nicht hoffen, dann wären sie gleich beisammen und einsatzbereit“, so Hofmann. Mitarbeit: maw

Schön, laut und nicht ungefährlich
Foto: Nerche-Wolf

 
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