Gold- und Schmuckstadt? Bei diesem Begriff denken viele an London, Mailand oder das badische Pforzheim. Schweinfurt dagegen wird von den meisten vermutlich mit Industrie, Wälzlagern und Autoteilen in Verbindung gebracht. Dabei schickt von hier einer der größten deutschen Online-Schmuckhändler seine Pakete in die Welt – aus einem kleinen Bürogebäude mitten in der Innenstadt.
„Nenalina Schmuckhandel GmbH“ steht auf dem unscheinbaren Klingelschild in der Siebenbrückleinsgasse. Drinnen empfängt Gründer Alexander Saam den Besucher in seinem Büro gleich neben den Lagerräumen und zwischen Versandkartons. „Die Räume sind mittlerweile viel zu klein. Wir suchen gerade ein größeres Gebäude“, erzählt er. 2013 gründete der gebürtige Wernecker zusammen mit Claudia Schmidt und Peter Drews den Online-Schmuckshop Nenalina.de. Das Start-up ist mittlerweile so erfolgreich, dass Saam und Co. für 2015 einen Umsatz von 3,5 Millionen Euro anpeilen.
Vor zwei Jahren taten sich Saam, Schmidt und Drews zusammen – „mit dem Ziel, einen Online-Shop für Uhren und Schmuck aufzubauen“, wie Saam sagt. Der 41-Jährige hat Marketing in Berlin studiert und schon für einige Online-Versandhändler gearbeitet. Unter anderem ist er Berater der vor zehn Jahren gegründeten Versandapotheke „mediherz.de“ mit Sitz in Sennfeld.
Erfahrung in der Schmuckbranche bringen die anderen drei Gründer von Nenalina mit. Peter Drews betreibt das Schmuckgeschäft „Schatzinsel“ am Roßmarkt. Claudia Schmidt lebt zusammen mit ihrem Mann Harry Buchheim auf Bali und kümmert sich dort um eine Besonderheit von Nenalina.
Der Online-Shop hat rund 12 000 Artikel im Sortiment. 8000 davon entfallen auf Marken wie Diesel oder Fossil. Dazu kommt bei Nenalina aber eine eigene Schmuckkollektion, die unter dem Firmennamen – übrigens ein reiner Kunstbegriff – vermarktet und verkauft wird. „Produziert wird auf Bali“, erklärt Saam. Schmidt und Buchheim betreiben auf der indonesischen Insel eine eigene Firma. „Außerdem arbeiten wir dort eng mit freien Silberschmieden zusammen“, erklärt Buchheim.
Der 62-Jährige stammt aus Nordrhein-Westfalen. Eigentlich ist er studierter Innenarchitekt. In den 70er-Jahren begann er mit einem Partner, Schmuck aus aller Welt an Universitäten und auf Flohmärkten zu verkaufen. Später gründete er einen ersten Schmuckgroßhandel. 1988 zog es ihn nach Bali, wo er eine eigene Produktion aufbaute.
„Wir gehörten damals zu den Ersten, die für den Export herstellten“ erinnert sich Buchheim. Seine Firma lieferte und liefert an Kunden in Australien, den Vereinigten Staaten, Malaysia und Europa. 20 Mitarbeiter beschäftigt Buchheim auf Bali.
Drei bis vier Monate im Jahr sind er und Schmidt noch in Deutschland, um neue Kollektionen zu planen. Fragt man nach den besonderen Merkmalen der Marke Nenalina, nennen Buchheim und Saam „Kreativität und Handarbeit“. Ein weiterer Pluspunkt ist für Saam der kurze Weg von der Produktion zum Verkauf. Einen Zwischenhandel gibt es nicht. „Wir liefern von der Schmiede direkt an den Endkunden. Außerdem können wir durch die Nähe sofort auf neue Themen und Trends reagieren“, sagt er.
Das gilt freilich nur für die eigenen Nenalina-Produkte. Die liegen im preiswerten Schmuck-Segment und kosten im Schnitt 20 Euro. Pro Bestellung ließen die Kunden durchschnittlich 120 bis 160 Euro bei Nenalina.de, sagt Saam. Das liege auch daran, dass die Mehrheit der Online-Käufe inzwischen auf Uhren entfalle. Pro Tag gingen rund 100 Bestellungen ein, während des Weihnachtsgeschäfts könnten es auch schon einmal 300 Aufträge sein. Acht Mitarbeiter kümmern sich in Schweinfurt um die Bearbeitung und das Versenden.
Damit gehört Nenalina zur ersten Riege der deutschen Online-Schmuckhändler. „Bei einigen großen Herstellern zählen wir zu den größten Abnehmern“, sagt Saam. Die größten Konkurrenten sind Uhrenhändler und der Online-Shop der Juwelierkette Christ. Probleme mit hohen Retourenzahlen wie bei Mode-Versandhändlern habe man übrigens nicht, sagt Harry Buchheim. Die Mehrheit der Nenalina-Kunden scheint zufrieden zu sein mit Angebot und Service. So zufrieden, dass auch das Prüfsiegel „Trusted Shops“ das junge Schweinfurter Unternehmen mit der Bestnote „sehr gut“ bewertet.