Ende Oktober 2018 in einem Schweinfurter Lokal: Gegen 21.30 Uhr wirft der 30-jährige Geschäftsführer eines Groß- und Einzelhandelsunternehmens einen Becher Ayran (Gemisch aus Joghurt, Wasser und Salz) nach einem 34-jährigen Ex-Mitarbeiter, der gekündigt worden war und noch ausstehendes Geld gefordert hatte. Der Bruder des Angreifers, Selbstständiger und Chef des Betriebes, schlägt mehrfach auf den Kopf des 34-Jährigen ein.
Es geht um ausstehenden Arbeitslohn
Das Opfer der Attacke zeigt die Sache an. Die beiden Brüder müssen sich nun vor der Amtsrichterin wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Sie weisen den Vorwurf zurück, Schläge habe es keine gegeben. Der Ex-Mitarbeiter, eine Zeit lang in der Firma der Angeklagten als Fahrer beschäftigt, sei mit seinem Kumpels wohl gar nicht zum Essen in dem Lokal gewesen, wie sie behaupten, sondern um "Stress" zu machen gegen die beiden Brüder. Er habe diese als Betrüger und Diebe beschuldigt, weil sie ihm noch Arbeitslohn schuldeten und trotz mehrfacher Aufforderung nicht zahlten.
Der 30-jährige Angeklagte räumt ein, den Becher Ayran geworfen zu haben. Doch weder er noch sein Bruder hätten den 34-Jährigen geschlagen oder gar getreten. Von Schlägen berichten aber mehrere Zeugen, die laut beiden Angeklagten aber dem "Lager" des Geschädigten zuzurechnen seien. Einer der Zeugen, dem von den Angeklagten ein Job in Aussicht gestellt worden sein soll, will gar keine Schläge gesehen haben. Ein einziger Widerspruch tut sich da vor der Amtsrichterin auf.
Laut den Angeklagten war gar nichts
Größere Verletzungen hat das Opfer nicht davon getragen. Eine Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen, wie von der Vorsitzenden ins Gespräch gebracht, will die Staatsanwaltschaft nicht mittragen. Sie stört erheblich, dass die Angeklagten behaupten, es sei gar nichts gewesen. Dabei sieht es doch sehr danach aus. Denn die beiden Geschäftsleute wie der Ex-Mitarbeiter hatten wohl erhebliche Probleme miteinander. Die Angeklagten beschuldigten den 34-Jährigen, den Transporter auch ohne Erlaubnis gefahren zu sein und Dritte mitgenommen zu haben, was dieser zurückweist.
Der 34-Jährige wiederum zeigt der Richterin auf seinem Smartphone ein recht frisches Urteil des Arbeitsgerichts, dem zufolge die Firma der Angeklagten verurteilt wurde, ihm noch über 4100 Euro an ausstehendem Lohn zu bezahlen. Der Firmenchef habe ihm auf sein Drängen hin gesagt, wann er sein Geld bekomme, bestimme er, und er bekomme es auch erst, "wenn du mir die Füße küsst".
Wenig Wille zur Wahrheit
Diese Auseinandersetzung um Geld und Schläge oder Nicht-Schläge findet zwischen Syrern statt. "Bei uns in Syrien ist es so, dass nicht der Recht bekommt, der betrogen oder verletzt wurde, sondern der, der am meisten Geld an die Polizei bezahlt", so der Ex-Mitarbeiter. In Deutschland ist das anders, und weil in dem eher alltäglichen Verfahren, das mit Geldstrafe oder Einstellung erledigt werden könnte, bisher so wenig Wille zur Wahrheit zu erkennen ist, gibt es auch nach vier Stunden noch kein Urteil, sondern einen Fortsetzungstermin. Weiteren Zeugen sollen geladen werden, unter anderem der Wirt des Lokals. Weiter geht's am Montag, 1. April, um 13 Uhr.