Der Name Hoffritz ist ein fester Begriff in Schweinfurt. Viele Familien kaufen seit Generationen in dem schmalen Häuschen am Markt ihre Messer und Scheren. Anfangs wurden die Klingen selbst gefertigt. Heute ist „Messer Hoffritz“ eines der führenden Fachgeschäfte für Schneidwaren in der Region. Bei allem Wandel kommt die Handwerkskunst nicht zu kurz.
Vor 150 Jahren erteilte der Magistrat „dem Messerschmiedsgehilfen Johann Nikolaus Hoffritz von hier, eine persönliche Konzession zum selbstständigen Betrieb des Messerschmiedegewerbes“. Messer Hoffritz zählt damit zu den ältesten noch bestehenden Geschäften in der Stadt. Es ist nach wie vor am selben Ort zu finden und noch immer in Familienhand. In vierter Generation leiten Andreas Bieringer und seine Frau Gisela, eine geborene Hoffritz, die Unternehmensgeschicke.
Dabei hatte sie zuerst gar nicht vor, die Familientradition fortzuführen. „In meiner Jugend konnte ich damit nichts anfangen“, gesteht Gisela Bieringer. Stattdessen blickte sie schon als Kind sehnsuchtsvoll zum Nachbar, ins Porzellanhaus Weitzel. Als 1986 dieses Geschäft verkauft wurde, musste sie nicht lange überlegen. Seitdem ist sie für Porzellan und Töpfe zuständig, ihr Mann für Besteck und Scheren bei Hoffritz nebenan.
Akademiker wird zum Azubi
Bereits fünf Jahre zuvor war das Ehepaar in die Heimatstadt zurückgekehrt und dem Familienbetrieb beigetreten, den damals Vater Gerhart Winkler, langjähriger Obermeister und Ehrenobermeister der Messerschmiede-Innung, und Tante Betti gemeinsam führten. Nach Volkswirtschaftsstudium (Andreas) und Job bei der Lufthansa (Gisela) hatten sich die Bieringers doch mit einer Zukunft bei Messer Hoffritz angefreundet. Heute sind sie froh über diese Entscheidung. Der Akademiker wurde zum Azubi und erlernte den Beruf des Messerschmieds. 1994 folgte der Schneidwerkzeugmechaniker-Meister. Seine Frau hatte sich als Einzelhandelskauffrau weitergebildet.
Nach der Geschäftsübernahme 1999 spezialisierten sie das Sortiment weiter. Die Inhaber sehen darin einen wichtigen Eckpfeiler für den Erfolg und das Fortbestehen des Geschäftes im zunehmenden Konkurrenzkampf mit Discount- und Internet-Anbietern, ebenso wie die Konzentration auf Qualitätsprodukte.
Während früher mehr Besteck und Scheren gekauft wurden, hält man heute hochwertige Schneidwaren für die Kunden bereit. Die Palette reicht vom japanischen Profi-Kochmesser aus Damaszener-Stahl für Hunderte Euro – gefaltet aus über 100 Lagen Stahl „und so scharf, dass man damit sezieren kann“ – bis hin zum „Gemüsemesserchen für 4,50“.
Stark zugenommen hat die Nachfrage nach hochwertigen Koch- und Taschenmessern, besonders von Männern. „Ein Grund hierfür sind sicher die vielen Kochshows im Fernsehen“, glaubt Andreas Bieringer. Und gibt es einen Unterschied zu den Frauen? „Männer wollen das perfekte, das beste Messer – auch hinsichtlich der Optik und der Schärfe“, weiß der Meister. Frauen dagegen könnten dem kaum etwas abgewinnen. Meist ließen sie ihr Messer sogar länger stumpf werden.
Seit kurzem bietet er Messerschärfkurse an. Die Nachfrage ist groß, Teilnehmer sind fast ausschließlich Männer. In der Meisterwerkstatt im Hinterhaus hat der Schleif- und Reparaturservice seine Heimat. Hier werden auch beschädigte Klingen wieder zurecht geschliffen oder ersetzt, außerdem Silberbestecke poliert und Gravuren angefertigt.
Scharf in acht Gängen
Sechs bis acht Arbeitsgänge sind nötig, bis das Messer wieder scharf ist. Sie werden nach Augenmaß geschliffen, denn jedes Messer sei anders, sagt der Fachmann. Das Schleifen erfordere viel Feingefühl, „es ist eben eine Handwerkskunst“. Nur so bleibt das Messer lange scharf. Wer selber zuhause schleift, weiß, dass sie recht schnell wieder stumpf sind.
Dutzende Messer liegen an diesem Tag in der Werkstatt bereit. Weil das fachgerechte Schleifen und Reparieren viel Zeit in Anspruch nimmt, gibt es bestimmte Schleiftage: Immer am Montag und Dienstag kümmert sich sein Geselle um die Messer, Mittwoch und Donnerstag sind die Scheren dran. Viele Lehrlinge hat das Geschäft seit Bestehen ausgebildet, und dazu auch einige Meister.
Hoffritz made in USA
Der Name Hoffritz hat nicht nur in der Region einen guten Klang, sondern auch in Übersee. Nur ein Jahr nach der Firmengründung in Schweinfurt emigrierte der Bruder von Nikolaus Hoffritz, Johannes Hoffritz, nach Amerika. Dessen Enkel Edwin John Hoffritz gründete die „Hoffritz for Cutlery“ und eröffnete in den 1930er Jahren mehrere Fachgeschäfte in New York. Hoffritz verkaufte Solinger Schneidwaren, Haarscheren, Rasiermesser und Haushaltswaren. Kurz vor seinem Tod 1973 verkaufte er sein Unternehmen, später wechselten nochmals die Eigentümer. Doch immer blieb der Name „Hoffritz Cutlery“, selbst nach dem Konkurs in den 1990er-Jahren. Der Markenname ist heute noch in den USA bekannt für gute Haushaltsartikel, die mittlerweile andernorts produziert werden.
Zum 150. Jahrestag planen Bieringers ein Besonderheit: Erstmals wird sich die weltweit verstreute Hoffritz-Großfamilie in Schweinfurt treffen. Auch wenn längst keine Esse mehr im Stammhaus am Markt glüht, so gibt es zum Jubiläum ein eigenes Hoffritz-Messer. Zusammen mit einer Manufaktur aus Solingen hat Andreas Bieringer eine auf 100 Stück limitierte Kollektion gestaltet, angelehnt an sein Lieblingstaschenmesser.
Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum
Glückwunsch zum Jubiläum.