Zwischen 2004 und 2011 sollen Beschäftigte des Automotive- und Industrietechnik-Herstellers Schaeffler in der Türkei in 128 Fällen türkische Firmenvertreter bestochen haben, um an Aufträge beziehungsweise Informationen zu gelangen, um die Konkurrenz zu unterbieten. 710 000 Euro Schmiergeld sollen geflossen sein, aber einen Umsatz von 25,5 Millionen Euro gesichert haben. Wegen Korruption und Bestechung ermittelt die Staatsanwaltschaft Würzburg.
Mit „dinglichem Arrest“ war Schaeffler gescheitert
Um sich für den Fall einer Verurteilung mit Unternehmensgeldbuße an den Verantwortlichen der Schmiergeldfälle schadlos zu halten, versuchte Schaeffler bereits im Februar, am Arbeitsgericht Schweinfurt ein Urteil zu erwirken, mit dem 12,7 Millionen Euro aus dem Vermögen der sechs Ex-Mitarbeiter und zwei Ex-Vorstandsmitglieder in „dinglichen Arrest“ genommen, also sichergestellt werden. Diesen Antrag im einstweiligen Verfahren hat Richter Frank Bechtold seinerzeit in vollem Umfang abgewiesen.
Erneuter Aufmarsch einer Armada von Anwälten
Am Dienstag marschierte die Armada von Anwälten der Schaeffler AG und der acht Beklagten erneut im Großen Sitzungssaal des Ämtergebäudes auf. Der Gerichtssaal der Schweinfurter Kammer des Arbeitsgerichts Würzburg wäre um ein Vielfaches zu klein. Eine Einigung zur Güte kam nicht zustande. Minuten später trat die Kammer in die Streitverhandlung ein. Nun standen nicht mehr 12,7, sondern 62,5 Millionen Euro im Raum, auf die sich Schaefflers Schadensersatzforderung auswachsen könnte – wenn sie nicht verjährt, berechtigt, beweisbar oder durch Versicherungen des Unternehmens gedeckt sind.
Aus 12,7 Millionen werden plötzlich 62,5 Millionen
Die Zahl 62,5 Millionen soll der Compliance-Beauftragte des Unternehmens einmal als Maximalschaden genannt haben und neben Gerichts- und Anwaltskosten auch mögliche Forderungen türkischer Firmen und der Konkurrenz beinhalten. Die Schaeffler-Anwälte beantragten, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, dass sie alle bisher entstandenen (1,7 Millionen Euro) und noch folgenden Schäden für das Unternehmen ersetzen müssen. Die Beklagtenanwälte beantragten die Abweisung der Forderung.
Die größte Hoffnung der Beklagten liegt auf Verjährung
Die größte Hoffnung der Beklagten dürfte darin liegen, dass alle oder die meisten Fälle bezüglich des zivilrechtlichen Anspruchs bereits verjährt sind (Frist: drei Jahre). Wenn nicht, könnten sehr aufwendige Einzelnachweise nötig werden. Das Urteil wird an diesem Mittwoch, 28. September, 9.30 Uhr, verkündet.