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SCHWEINFURT
Schaeffler verliert Prozess
Schaeffler - Vorstand Klaus Rosenfeld       -  Schaeffler-Chef Klaus Rosenfeld ist laut Arbeitsgericht schuld, dass mögliche Ansprüche des Unternehmens auf Schadensersatz bei Klageeinreichung bereits verjährt waren.
Foto: Daniel Karmann, dpa | Schaeffler-Chef Klaus Rosenfeld ist laut Arbeitsgericht schuld, dass mögliche Ansprüche des Unternehmens auf Schadensersatz bei Klageeinreichung bereits verjährt waren.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 11.12.2019 10:14 Uhr

Ganz diskret hat der Autoteile- und Industrie-Zulieferer Schaeffler seinen Arbeitsgerichtsprozess gegen sechs frühere Manager und zwei frühere Vorstände – darunter Ex-Chef Jürgen Geißinger – beendet.

Schon kurz vor Weihnachten, am 21. Dezember, hatte das Unternehmen seine Berufung zum Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg gegen das für Schaeffler desaströse Ersturteil des Arbeitsgerichts Würzburg zurückgezogen. Dieses hatte die Klage auf Schadenersatz durch die acht Ex-Manager für Kosten, die Schaeffler wegen deren angeblicher Verstrickung in 190 Bestechungsfällen in der Türkei zwischen 2001 und 2011 befürchtete, abgewiesen. Damit wurde das Ersturteil rechtskräftig und Schaeffler hatte seine Klage auf ganzer Linie verloren. Grund: Etwaige Ansprüche waren bei Klageeinreichung bereits verjährt.

Die Klage wurde viel zu spät erhoben

Das Pikante daran: Als Verantwortlichen für die Verjährung hatte der Richter der Erstinstanz den heutigen Schaeffler-Chef Klaus Rosenfeld identifiziert. Nachdem dieser am 25.

Oktober 2011 – damals noch als Finanzvorstand – vom Compliance-Beauftragten des Unternehmens erfahren hatte, dass im Türkeigeschäft der in Schweinfurt angesiedelten Industriesparte 710 000 Euro Schmiergeld geflossen sein könnten, sei die Verjährungsfrist von vier Jahren ausgelöst worden. Strafanzeigen gegen die mutmaßlich Verantwortlichen sowie die arbeitsgerichtlichen Geldforderungen an die Ex-Manager waren aber erst 2016 erhoben worden – und damit viel zu spät.

Dagegen hatte Schaeffler Berufung eingelegt. Ende August letzten Jahres sollte in Nürnberg verhandelt werden, die Mitarbeiterkantine war für den Riesenauftrieb an Anwälten und Beklagten zum Gerichtssaal bereits umgerüstet worden – da beantragte Schaeffler Vertagung. Der Termin wurde abgesetzt. Im November 2017 wurde dann das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen einen Teil der acht Ex-Beschäftigten von Schaeffler gegen relativ geringe Geldauflagen zwischen 2500 und 15 000 Euro eingestellt, wie die Staatsanwaltschaft Würzburg mitteilte.

Zwei wesentliche Gründe: Zum einen ging sie bei einem „erheblichen Teil der Schmiergeldzahlungen und der in diesem Zusammenhang begangenen Straftaten von Verjährung aus“, zum anderen lägen auch die nicht verjährten Taten schon lange zurück.

Schon das Eilverfahren verlor Schaeffler

Damit war auch die Gefahr einer hohen Unternehmensgeldbuße für das Unternehmen gebannt, für die es sich ebenfalls bei seinen Ex-Managern schadlos halten wollte. Dazu gab es im Vorfeld sogar ein Eilverfahren auf „dinglichen Arrest“ von über zwölf Millionen Euro aus dem Vermögen der acht beklagten Manager beim Arbeitsgericht Würzburg, das Schaeffler ebenfalls verlor.

Teuer war das arbeitsgerichtliche Abenteuer für Schaeffler Technologies allemal. Den Streitwert, aus dem die Gerichts- und Anwaltsgebühren errechnet werden, hatte das Landesarbeitsgericht Nürnberg auf über zehn Millionen Euro festgesetzt.

Das Unternehmen äußert sich zu seinen Kosten nicht, teilt aber mit, es habe mit seiner Haftpflichtversicherung für Manager einen Vergleich geschlossen, nachdem diese einen „substantiellen Teil des geltend gemachten Schadens“ von zuletzt nur noch 1,7 Millionen Euro übernehme. Zu Beginn des Arbeitsrechtsprozesses hatte Schaeffler von den Managern noch 12,7 Millionen Euro gefordert.

Zehn Millionen Euro Streitwert – horrende Kosten

Die Gerichtsgebühr aus der ersten Instanz mit Urteil liegt laut Gebührenordnung bei 113 000 Euro, die der zweiten Instanz (ohne Urteil und Gerichtstermin) laut LAG Nürnberg bei über 60 000 Euro. Für jeden der acht Mandanten werden, so einer der Beklagten-Anwälte, eine 40 000-Euro-Gebühr für das „Arrestverfahren“ sowie rund 180 000 Euro für beide Arbeitsgerichtsinstanzen fällig – in der Summe also 1,76 Millionen Euro.

Die beiden von Schaeffler beauftragten sicher nicht billigen Anwaltskanzleien hatten einen derartigen Aktenberg produziert, dass dieser im Herbst 2016 mit einem Kasten-Lkw zur Schweinfurter Kammer des Arbeitsgerichts Würzburg gefahren werden musste. Was diese Anwälte gekostet haben, darüber kann nur spekuliert werden. An seinen Ex-Managern jedenfalls kann sich Schaeffler nicht schadlos halten. Alle Kosten bleiben beim Unternehmen oder seiner Versicherung hängen.

 
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Kommentare
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  • MR11
    Wie im Artikel steht ist mit dem Urteil die Gefahr einer Unternehmensgeldbuße für das Unternehmen gebannt, da solche Ansprüche folglich nun auch verjährt sind. Somit hat Schäffler doch mit verglichen wenig Geld für den Prozess, letztlich viel mehr Geld für eine mögliche Strafe vermieden. - Clever, würde ich sagen!
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  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    Naja

    dann haben sie bei Schaeffler ja wieder einen Grund, um trotz "Fachkräftemangel" irgendwo ein paar hundert Leute auf die Straße zu setzen, wenn die 1,75 M€ + x bei den "Managern" nicht zu holen sind...
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