Komplizierte Strafprozesse im Bereich der Wirtschaft dauern oft so quälend lang, als müsse man auf einem Schotterweg jedes Steinchen dreimal umdrehen. Dass es auch schnell gehen kann, hat das Landgericht Würzburg jetzt in einem millionenschweren Korruptionsfall beim Schweinfurter Kugellager-Anbieter Schaeffler bewiesen.
Der Fall schlich nach ersten Verdachtsmomenten im Jahr 2014 und einer Durchsuchung 2015 lange Zeit vor sich hin. Nun bewies das Gericht um den Vorsitzenden Thomas Trapp Verhandlungsgeschick und kam bereits binnen drei Tagen zu seinem Urteil: Am Montag verhängte es für drei Angeklagte Haftstrafen zwischen zehn Monaten und zwei Jahren, jeweils zur Bewährung.
Geschäftsfreunden Kugellager günstiger verkauft
Auslöser des Verfahrens war ein Geldwäsche-Verdacht, der allerdings ganz andere Vorgänge zum Vorschein brachte: Ein Schaeffler-Mitarbeiter soll gegen Gewinnbeteiligung über Jahre hinweg seine Schlüsselposition bei der Preisgestaltung für Kunden ausgenutzt haben. So kamen seine Geschäftsfreunde billig an Kugellager - indem sie als Alibi Geschäfte im Nahen Osten vortäuschten. In Wahrheit konnten sie dann diese dann auf dem heimischen Markt billiger als die Konkurrenz weiterverkaufen - und sechs Millionen Euro kassieren.
Die jahrelangen Ermittlungen seien in einem schwer zu durchschauenden Geflecht von Firmen "umfangreich und kompliziert" gewesen, betonte Trapp in der Urteilsbegründung. Die Angeklagten hatten demnach jetzt nach intensiven Vorgesprächen bereits am zweiten Prozesstag umfangreiche Geständnisse abgelegt. Mit Anwälten von Schaeffler schlossen sie eine Vereinbarung zur finanziellen Wiedergutmachung in siebenstelliger Höhe ab. Schonend für das Firmen-Image: Durch die Einigung mussten die Schaeffler-Anwälte nicht vor Gericht erklären, warum man die jahrelangen krummen Geschäfte nicht früher bemerkt und beendet hatte.
Erleichterung war in allen Plädoyers hörbar: "Wir haben uns nicht im Klein-Klein verloren, sondern Verantwortung übernommen", erklärte Verteidiger Hanjo Schrepfer. Die Bekenntnisse der Angeklagten hätten "dazu geführt, dass wir nicht ein ganzes Jahr hier sitzen", sagte Staatsanwältin Stefanie Neusius.
Aufklärung bis ins letzte Detail nicht mehr möglich
Allerdings hatte der Vorsitzende Richter schon im Vorfeld angedeutet: "Die Luft ist weitgehend raus aus dem Fall." Das Gericht hatte nach dem Tod des vierten Angeklagten keine Erwartung mehr, die dubiosen Vorgänge sieben Jahre später in allen Details aufklären zu können. Der entscheidende Mann hatte nach Erhalt der Anklageschrift 2019 Suizid begangen. Seine Witwe saß am Montag als eine der drei Angeklagten vor Gericht: Sie hatte für eine der Exportfirmen gearbeitet.
Durch Eingriffe in interne Preislisten soll der Schaeffler-Insider den Geschäftsfreunden Waren zu veralteten Preisen verschafft haben - unter Verstoß gegen interne Weisungen des Unternehmens. Auf die Preise gab es dann noch erhebliche Rabatte: zwischen zehn bis 25 Prozent statt der erlaubten drei Prozent. Erst ein internes Kontrollsystem hatte dies 2013 unmöglich gemacht.
Falsches Alibi im Iran angegeben
Um auch das Finanzamt zu täuschen, hatte einer der Angeklagten behauptet, er sei für ein iranisches Unternehmen mit Sitz in Teheran als Berater tätig geworden und habe Einkaufs- und Verkaufsmöglichkeiten vermittelt. Doch von der Faxnummer bis zum Ansprechpartner vor Ort war alles eine große Täuschung.
Hätten die Angeklagten geschwiegen, hatte das Aufklären der konspirativen Umstände für das Gericht eine monatelange Arbeit mit Dutzenden von Zeugen bedeutet. Laut dem Aushang waren bereits Prozesstage bis Ende Juni angesetzt gewesen. Doch nach den Geständnissen und der Einigung konnte Trapp am Montag bereits den dritten Verhandlungstag mit den Worten schließen: "Uns war es von Anfang an wichtig, dass wir heute mit diesem Urteil einen Schlussstrich ziehen."