Die überraschende Nachricht kam wenige Wochen vor Eröffnung der Ausstellung: nicht 100, wie angekündigt, sondern gut 170 Werke aus der Sammlung Gunter Sachs werden vom 15. November bis 30. März in der Kunsthalle zu sehen sein – darunter viele, die bei der ersten Schau in der Villa Stuck in München im vergangenen Jahr nicht gezeigt wurden. Rolf Sachs, der älteste Sohn, hat die Schweinfurter Schau konzipiert.
Jedem Raum im Erdgeschoss ist eine Kunstrichtung gewidmet. Der Rundgang beginnt mit berühmten Surrealisten wie René Magritte, Max Ernst, Salvador Dali und Giorgio de Chirico, Maler, die Gunter Sachs schon in jungen Jahren faszinierten. In Paris lernte er wichtige Vertreter des französischen Informel und des Nouveau Réalisme kennen: Jean Fautrier, Wols, Yves Klein, Jean Tinguely, um nur einige zu nennen. Die Konzeptkunst ist mit zwei wichtigen Künstlern, Joseph Kosuth und Ben Vautier, vertreten. Von Henri Cartier-Bresson bis Izima Kaoru reicht die Spanne der großartigen Fotografen, deren Arbeiten in Schweinfurt zu sehen sind. Ab etwa 2000 begann Sachs, in New Yorker Galerien Graffiti auf Leinwand zu erwerben. Die Nord-Galerie bietet Platz für die teilweise riesigen Formate.
Für die Große Halle hat Rolf Sachs die Pop-Art-Schatztruhe seines Vaters noch einmal weit geöffnet. Die lange Wand ist eher locker gehängt, aber an der Stirnwand werden die Ikonen des Genres dicht an dicht präsentiert: im Mittelpunkt zehn Siebdrucke aus der Marilyn-Monroe-Serie von Andy Warhol. Die Porträts schmückten die Küche im Turmappartement von Gunter Sachs im Palace-Hotel Sankt Moritz. Darüber eines der vielen Selbstporträts des Künstlers und neunmal „Mao“. Knallige Farben und dichte Pinselstriche kennzeichnen die sechs Farblithografien von Robert Rauschenberg, einem Pionier der amerikanischen Pop Art. Sie korrespondieren mit vier Gemälden von Mel Ramos, der sich mit einem einzigen Thema auseinandersetzt: „Sex sells“. Mit sexy Frauen lässt sich alles besser verkaufen, Cola, Zigaretten, Tomaten-Ketchup.
Tom Wesselmann wurde mit der „großen amerikanischen Nackten“ berühmt, einem Motiv, das er immer wieder variierte. Seinen Frauen fehlen die Gesichtszüge, es sind eher Schablonen. Allen Jones treibt das Spiel mit den Männerfantasien noch weiter. Zwei seiner eigenwilligen Möbel stehen in der Halle: Ein unterwürfiges Girl stützt eine gläserne Tischplatte. Daneben der passende Sessel, ein Mädchen in hochhackigen Schnürstiefeln in eindeutiger Haltung, ein Lederkissen lädt zum Sitzen ein. Mancher Besucher wird sich vielleicht empören, andere werden sich amüsieren, wie Jones die Bondage-Fantasien ins Lächerliche zieht. Die Girls standen übrigens im Schlafzimmer des Turmappartements in St. Moritz, die Schafskulpturen von Francois-Xavier Lalanne, die auch in Schweinfurt zu sehen sind, im Salon. Sachs ließ die Räume von befreundeten Künstlern der Pop-Art und des Nouveau Réalisme in ein bewohnbares Gesamtkunstwerk verwandeln.
Anders als viele Sammler, für die Kunst nur eine Geldanlage bedeutet, war Gunter Sachs ein leidenschaftlicher Liebhaber, der mit seinen Bildern und Objekten leben wollte. Fotografien im Katalog gewähren Blicke in seine Appartements und Villen, die er mit Werken von wichtigen Künstlern des 20. Jahrhunderts schmückte. Gunter Sachs sammelte die Kunst seiner Zeit und interessierte sich Zeit seines Lebens für neue Strömungen. Ab Ende der 1950er-Jahre trug er weit mehr als 1000 Gemälde, Skulpturen, Objekte, Installationen und Fotografien zusammen. Die Sammlung spiegelt seinen Geschmack, seine Interessen, seinen Lebensstil, seine Freundschaften und seine Persönlichkeit wider.
Neben dem Programm des MuseumsService (Seite 19) wird es einen gut einstündigen Audioguide durch die Ausstellung geben, den sich die Besucher auch als App für ihr Smartphone herunterladen können.