"Man wird belächelt", sagt eine 23-jährige Besucherin der Chisana-Messe im Schweinfurter Jugendzentrum FränZ. Sie macht Cosplay, wörtlich eine Art Kostümspiel. In einem pompösen Kleid und Perücke stellt sie einen Charakter aus einem Videospiel dar. Ihre Begeisterung für das Kostümieren würden andere nicht verstehen. Ihr Kostüm trägt sie nur auf Messen oder wenn sie darin Bilder machen möchte. Dabei werde sie des Öfteren begafft und sei sogar heimlich fotografiert worden. Um ihr Hobby auszuleben und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, ist sie zur Chisana-Messe nach Schweinfurt gekommen.
Die Messe dreht sich um die japanische Manga- und Animekultur. Das sind Comics beziehungsweise Zeichentrickfilme. Viele der Besucher tragen teils selbstgefertigte, Kostüme der Charaktere aus diesen Filmen. Das diesjährige Motto lautete "Helden deiner Kindheit". Viele der erwachsenen Teilnehmer berichten, sie seien mit Animes und Mangas aufgewachsen und würden schon länger Messen wie die Chisana besuchen. Über 250 Besucher jeden Alters kamen aus ganz Deutschland ins Jugendzentrum FränZ.
Japanische Popmusik, Deko und Poster der Filmhelden untermalten die Messe. Geboten wurden kreative Workshops, in denen Teilnehmende Grundlagen des Cosplay erlernen konnten. Außerdem fanden gemeinsame Spiele wie Nudelsuppen-Wettessen, Videospielwettbewerbe und Vorträge statt, beispielsweise über das Reisen in Japan.
Messe für japanische Popkultur
Messen rund um Anime und Manga finden meist in größeren Städten statt und sind oft für ein deutlich größeres Publikum ausgelegt. Die familiäre Atmosphäre und der günstige Eintrittspreis machten die Chisana daher so attraktiv, so Sebastian Lutsch, einer der ehrenamtlichen Helfer und Organisator der Messe. Das bestätigten auch viele Besucher auf Nachfrage: Man könne auf der Messe sehr gut Kontakte knüpfen und Gleichgesinnte aus der Umgebung finden. Gerade auf dem Land seien Fans der japanischen Popkultur nämlich eher isoliert, so Lutsch.
Eine Gruppe stellte "Homeguards", dar, das bedeutet Hauswächter. So werden in Japan Jugendliche genannt, die vermeintlich nur zuhause faulenzen und den ganzen Tag Videospiele spielen. Sie "beschützen" demnach ihr Haus. Die Verkleidung der Gruppe spielte ironisch auf diese "Beschützerrolle" an.
Seit 2017 läuft die Messe in Schweinfurt
Dabei sind auf den Kostümen teils Sticker gegen Faschismus und für Toleranz. Die Gruppe sei allerdings nicht politisch, einzelne brächten solche Sticker aus persönlichen Beweggründen an. Die Kostümierten haben es sich sich laut eigener Aussage auf Messen zur Aufgabe gemacht, Personen, die sich bedrängt oder sonst unwohl fühlen, zu schützen. Im Allgemeinen wirkt das Publikum sehr fürsorglich: Ein Mädchen ohne Kostüm hat Nähequipment dabei, um anderen zu helfen, falls deren Kostüm kaputt gehen sollte.
Die Kommunale Jugendarbeit der Stadt Schweinfurt finanzierte die Messe und organisierte sie zusammen mit dem Stadtjugendring und circa 45 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. Seit 2017 findet die Chisana bereits jährlich in Schweinfurt statt.