
Eigentlich sollte der neue, vierte Raum des "Kleinen Industriemuseums in der Kunstmühle" (KIM) schon an diesem Samstag eingeweiht werden: Gleichzeitig zur Sachser-Sternfahrt der "Slowriders Schonungen" und des 98er Sachser Clubs Sennfeld.
Die beiden "Biker-Gangs" aus dem Umland sind hart genug, um historische Kraftradtechnik "Made in Schweinfurt" zu fahren, deren älteste Exemplare aus den 1930er-Jahren stammen. In der Welt der Oldies mit Schweinfurter Motoren geht es aber nicht unbedingt um Geschwindigkeit. Das Umräumen der Sachs-Ausstellung im Museum an der Gutermannpromenade hat sich um zwei Tage verschoben. Also gibt es im neuen erst einmal Kaffee und Kuchen vom Gastgeber, vom AKI, dem "Arbeitskreis Industriekultur", im ehemaligen Bunker.
Ehemalige Ingenieure sind mit von der Partie
Mit von der Partie ist ein Team älterer Herren, die sich als ehemalige Ingenieure bestens mit den Entwicklungsstufen und Modellen der Sachser auskennen. Eingeladen hatte der besonders "motorradaffine" AKI-Mitstreiter Thomas Bauer. Natürlich gibt es auch eine Führung durchs Museum, von der Kugellagerschleifmaschine bis zur Torpedo-Freilaufnabe Marke Sachs, aus dem Jahr 1903.

"Das Fahrrad muss einen Motor haben", stellte deren Entwickler, der Industrielle Ernst Sachs, 1929 fest. Der Schwabe war zu Kaisers Zeiten, nach schwerem Sturz vom Hochrad, in der Kissinger Reha gelandet. Im Fränkischen hatte er nicht nur seine Frau, sondern auch den Schweinfurter Geschäftsmann Karl Fichtel kennengelernt. "Fichtel und Sachs" wurde in der Stadt Hochburg der Kugellagerindustrie. Die Freilaufnabe revolutionierte die Fahrradtechnik. Als die Wälzlagerabteilung an SKF verkauft werden musste, eben 1929, nutzte Sachs den Erlös auch zur Entwicklung seines innovativen Zweirad-Motors. Der Hubraum betrug 1930 zunächst 74 Kubikzentimeter, dann folgte der klassische 98 Kubikzentimeter-Motor, als weltweiter Verkaufsschlager.
Saxonette mit 1,2 PS
Ein Fahrrad mit Hilfsmotor, die "Saxonette", brachte es einige Jahre später auf 1,2 PS. In der Wirtschaftswunderzeit folgten allerhand Roller, Motorräder und die abenteuerlichsten Konstruktionen. Dazu zählte das eierschachtelähnliche "Fuldamobil" oder der Messerschmitt-Kabinenroller 200, mit Kunststoffhaube. Ein fast 38 000 Euro teures Prachtexemplar wird an diesem Tag stolz gezeigt. Ernst Sachs, Vater von Willy und Großvater von Gunter Sachs, der sich gerne mit Wegweiser-Geste fotografieren ließ, wusste, wie Marketing funktionierte. Die "Zwergmotoren" vom Main stellten ihre Leistungsfähigkeit bei Fahrten in Afrika oder den Alpen unter Beweis, und waren weltbekannt.

Der 98er Club hat da eine deutlich kürzere Wegstrecke: Er rollt knatternd von Sennfeld aus über die Maxbrücke an, wo sich die Hercules- und Sachs-Maschinli reihen. Im Museum warten dann noch Pretiosen wie ein Sachs-Außenbordmotor oder Rasenmäher-Oldtimer. Das Hercules-Motorrad mit Wankel- oder Drehkolbenmotor ist eine Rarität aus den 1970ern: "Ich habe dafür extra den Motorradführerschein gemacht", berichtet der Stifter, Ex-OB Kurt Petzold, stolz am Telefon.

In den 1990ern wurde die Motorenproduktion eingestellt. Manch Sachser-Fan sieht die Chance auf ein Revival, angesichts von eBikes oder Elektro-Mopeds. Die "Slowrider Schonungen" haben allerdings wenig Ambitionen auf Feinstaubplaketten: "Es muss stinken und knattern", heißt es bei den großen Jungs auf kleinem Zweirad, Motto: "Wer langsam fährt, wird länger g'sehn". Selbst Motorradfahrer satteln gerne mal aufs Benzinpony um: "Es ist ein entspanntes Dahingleiten."

Früher waren die Slowrider, mit Totenkopf-Emblem, auch beim legendären Mofarennen von Oberlauringen dabei. Die "98er Sachser" sind eher "Typ Nostalgiker", mit Motorradbrillen und Clubschal. "Es ist erstaunlich, wieviele Privatsammler noch Sachser zuhause haben", staunt AKI-Vorsitzender August Georg Ruß. Ex-Ingenieur Günter Troch ("Ich hab die Motoren noch selber konstruiert") bekommt eine Motocross-Maschine als Ausstellungsstück angeboten. "Ich hatte 50 Oldtimer", sagt der Bergrheinfelder Besitzer: "Auch Japaner. Aber Sachs ist einfach ein Stück Schweinfurter Kulturgut."

Das Museum ist von 14 bis 18 Uhr geöffnet, jeweils am 2. und 4. Samstag im Monat, außer in den Wintermonaten (aki-schweinfurt.de).