Sylweli Stork sucht und braucht offenbar von Zeit zu Zeit eine neue Herausforderung. Sei es 2012 als Kandidatin und Gewinnerin der ZDF-Kochshow „Die Küchenschlacht“ oder, wie jetzt, in beruflicher Hinsicht. So hat sie sich mit 55 Jahren entschieden, ihren sicheren Job als Pflegedienstleiterin an den Nagel zu hängen, um nochmals etwas für sie zwar nicht Neues, aber doch Anderes zu wagen.
Durch geeignete Betreuungsmaßnahmen möchte sie den Familienmitgliedern, die zuhause leicht verwirrte oder an Demenz leidende Angehörige aufopferungsvoll pflegen, das Leben dergestalt erleichtern, dass diese für einige Stunden einmal durchschnaufen und neue Kräfte sammeln können. Die häuslichen Pflegerinnen und Pfleger werden von ihr zudem bei ihrem Dienst begleitet und beraten.
So wird die Demenz als große Herausforderung für die Gesellschaft zugleich zu Sylweli Storks neuer beruflicher Herausforderung.
Obwohl sie die vergangenen fünf Jahre als Pflegedienstleiterin im Behindertenheim der Dr. Loew'schen Einrichtungen in Gerolzhofen nur bedingt mit Demenz zu tun hatte, ist der Pflegefachkraft die neue Aufgabe, auf die sie sich nun spezialisiert und fokussiert hat, aber alles andere als fremd. Sie ist gelernte Altenpflegerin und hatte sich schon damals einer Zusatzausbildung in Gerontologie unterzogen.
Auf der früher von ihr geleiteten Station für 20 demente Bewohner habe sie gespürt und gemerkt, dass sie mit diesen Menschen sehr gut zurechtkomme. Andererseits habe sie irgendwann die „Fließbandarbeit“ im Pflegeheim abgeschreckt. So hätte sie beispielsweise nur deswegen Probleme mit dem Arbeitgeber bekommen, weil sie sich die Zeit genommen hatte, einer alten Frau die Karte ihrer Tochter zum 80. Geburtstag vorzulesen.
Deshalb steht für Sylweli Stork fest: „Ich nehme jemanden dazu, sobald ich feststelle, die Nachfrage ist so groß, dass ich es nicht mehr alleine schaffe.“ Und sie unterstreicht: „Ich bin nicht Mutter Teresa, aber für mich ist der finanzielle Aspekt zweitrangig, deshalb habe ich auch noch einmal umgesattelt.“
Denn auch wenn ihr die Arbeit der vergangenen fünf Jahre Spaß gemacht habe und sie die Erfahrung mit den ihr ans Herz gewachsenen geistig und körperlich Behinderten nicht missen möchte, so sei sie selbst mit dieser Tätigkeit aufgrund des eingeengten Spielraums im tiefsten Innern nicht mehr zu 100 Prozent zufrieden und glücklich gewesen. So habe sie sich, unterstützt von ihrem hauptberuflich tätigen Mann, gesagt: „Jetzt setzt Du deine Vision um. Jetzt machst Du deinen Traum wahr.“
Und der Markt und die Nachfrage sind riesig, wie die zahlreichen eingegangenen Telefonanrufe zeigen, nachdem Sylweli Stork, die seit 30 Jahren mit ihrer Familie in Gerolzhofen wohnt, erste Anzeigen in der Zeitung geschaltet und ihre Hilfe im Umkreis von rund 25 Kilometern angeboten hatte.
Sylweli Stork weiß es aus eigener Erfahrung: Pflegende Angehörige von verwirrten alten oder auch durchaus schon zu einem früheren Zeitpunkt an einer Demenz erkrankten Menschen gehen oft bis an ihre eigenen physischen und psychischen Grenzen der Belastung.
Sie unterstreicht: „Es ist eine wahnsinnige Anstrengung. Häufig sind sie dermaßen überfordert, dass sie nicht mehr weiterwissen.“ Ohne Unterstützung von außen könne eine solche Belastung oft nicht ertragen werden.
Die verschiedenen Formen der Demenz, zu denen auch die schon sehr oft bei Jüngeren losgehende Alzheimer-Krankheit oder die Arteriosklerose („Verkalkung“) gehören, seien allesamt mit heutigen medizinischen Mitteln nicht heilbar. Aber man könne sie aufhalten oder verzögern und ihre Auswirkungen mindern.
Durch gezielte Betreuungsmaßnahmen kann so je nach Krankheitsprofil der Umgang mit Dementen erleichtert werden, so dass für die betreuenden Angehörigen Freiräume geschaffen werden und sich die eigenen Kräfte erholen können, sagt Sylweli Stork.
Etwa durch die Möglichkeit, in dieser Zeit wieder einmal in Ruhe einkaufen, ins Konzert gehen oder durch ihre „Sitzwache“ die Nacht durchschlafen zu können.
Und wo es sich anbietet, kann es passieren, dass dann Husky „Rico“ wie schon im Pflegeheim der Dr. Loewschen Einrichtungen, sein Frauchen begleiten wird. Nicht als Therapiehund im eigentlichen Sinn, aber beispielsweise nur, damit alte Menschen, die früher selbst einen Hund hatten, wieder einmal das Fell spüren und so zur Ruhe kommen können.
Schon bei ihrer Gerontologie-Facharbeit war es um die Integration von Tieren in den Heimalltag gegangen, erklärt Sylweli Stork.
So kehrt die erfahrene Pflegefachkraft mit der Erfüllung ihres schon seit langem gehegten Traumes auch auf diesem Gebiet zu ihren Wurzeln als gelernte Altenpflegerin zurück.
Demenz und die Folgen für pflegende Angehörige
Nach und nach sein eigenes Leben zu vergessen, das ist heute schon das Schicksal von schätzungsweise etwa 1,2 Millionen Menschen in Deutschland, die unter einer Demenzerkrankung leiden.
Das Hauptmerkmal der Demenz besteht im Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit. Menschen mit Demenz sind oft verwirrt und können nicht mehr zwischen Gegenwart und Vergangenheit unterscheiden.
Die Erkrankung kommt meist schleichend und wird oft zu spät erkannt, da man die öfters auftretenden „Schusseligkeiten“ auf das Alter schiebt.
Vergesslichkeit kann aber eine Vorform der Demenz sein.
Was die häusliche Pflege anbelangt, so wüssten viele Familien dabei häufig auch nicht, was ihnen zusteht, etwa dass Angehörige, die bereits vom Medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK) in eine Pflegestufe eingruppiert wurden, von Fall zu Fall finanziell von ihrer Krankenkasse unterstützt werden.
Am Donnerstag, 7. November, wird Sylweli Stork in diesem Zusammenhang im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung der Volkshochschule Gerolzhofen pflegenden Angehörigen in Form von Übungseinheiten und Beratungshinweisen einen leichteren Weg für den Umgang mit leicht verwirrten und dementiösen Menschen aufzeigen. Text: novo