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Schweinfurt
"Rückert-Lieder" im Gemeindehaus: Ein Sarg für Liebe und Schmerz
Das BoArts-Quartett.
Foto: Kreftartist | Das BoArts-Quartett.
Elke Tober-Vogt
 |  aktualisiert: 28.03.2024 02:49 Uhr

Mit einer musikalischen Rarität wartete das Theater Schweinfurt am Samstagabend auf: Erstmals erklangen Gustav Mahlers "Rückert-Lieder" in einem eigens für Schweinfurt angefertigten Arrangement für Streichquartett und Tenor.

Eine Mäzenin, die nicht öffentlich in Erscheinung treten will, hatte die Kosten für das Erstellen dieser kammermusikalischen Fassung durch den Komponisten Stefan Heucke übernommen. Die Uraufführung des Arrangements und die Aufführung von Robert Schumanns Liederzyklus "Dichterliebe" gestalteten der Tenor Mirko Roschkowski und das BoArts Quartett (Ismene Then-Bergh und Karin Buschinger Violinen, Aline Saniter, Viola, Anne Weirich, Violoncello).

Mirko Roschkowski, der als viel gefragter Sänger in diesem Jahr noch sein Debüt bei den Bayreuther Festspielen geben wird, war eine exzellente Besetzung für beide Werke. Abgesehen davon, dass er ungemein sympathisch vom Podium aus mit dem Publikum kommuniziert, verfügt er über eine warme und klare Stimme, die er leicht und locker einsetzen kann. Alle Lagen sind ausgeglichen, makellos Intonation und Diktion, umfassend die Gestaltungskraft. Mahlers "Um Mitternacht" zum Beispiel geriet dramatisch, expressiv, ja packend.

Stefan Heucke hat Mahlers Musik auf die wichtigsten Strukturen zurückgeführt. In der tückischen und durchsichtigen Besetzung mit Streichquartett findet sich nicht alles wieder, was das Erlebnis Mahler ausmacht. Im Vergleich zur Orchesterfassung fehlen Volumen und Farben, im Vergleich zum Klavier kann die Wirkung brüchig sein. Doch eine gewisse Fragilität ist durchaus stimmig, und im Gesamtergebnis war man an diesem Abend zunehmend fasziniert, was vor allem Mirko Roschkowskis sängerischer Präsenz zuzuschreiben ist.

Viele Gefühlslagen gilt es auszudrücken

Robert Schumanns Liederzyklus "Dichterliebe" (Fassung mit Streichquartett: Wim ten Have) berichtet von unglücklicher Liebe. Einer eigenen Dramaturgie folgend hat Schumann die Texte von Heinrich Heine in ihrer Reihenfolge umgestellt. Viele Gefühlslagen gilt es auszudrücken, und auch hier hatten sich Mirko Roschkowski und das BoArts Quartett intensiv eingearbeitet, um Ironie, Schwärmerei, überschäumendes Glück, aber auch Wut und Verzweiflung abzubilden.

Sehr authentisch ist alles, was Roschkowski nach außen trägt, die Ambivalenz zwischen der Aussage "Ich grolle nicht" und der musikdramatischen Begleitung tritt beispielsweise deutlich zutage. Roschkowski führt das Publikum tief in die Seelenwelt des Dichters und macht es zum Schluss richtig schaurig, als er enorme Spannung aufbaut, um schließlich Liebe und Schmerz in den Sarg zu legen.

Bravorufe und anhaltender Applaus zeigten die Begeisterung des Publikums. Die Zugabe, "Plaisir d'amour", glitt aufgrund der harmlosen und zerfallenden Quartettbegleitung etwas ins Banale ab, was jedoch dem Gesamteindruck nicht schadete. Und dass die Technik im Theater bestens funktioniert, bewies eine dezent wechselnde Beleuchtung, farblich passend zur jeweiligen musikalischen Stimmung.

Begonnen hatte der Abend mit einer Ausstellungseröffnung: Im Foyer des Gemeindehauses werden aktuell übersichtlich und informativ angelegte Tafeln und Exponate präsentiert, die sich mit Komponisten des 19. Jahrhunderts und deren Vertonungen von Rückert-Gedichten beschäftigen. Mahler also, Clara und Robert Schumann, Carl Loewe und Franz Schubert. Der besondere Dank von Theaterleiter Christof Wahlefeld ging hierfür an Andrea Mayer von der Fachstelle Rückert der Stadt Schweinfurt und Jan Soldin vom Museum Otto Schäfer.

 
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