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Rückert hätt's gefallen
Rückert, Rückert, Rückert: Das Interesse an der Kunstaktion des Wertheimers Ottmar Hörl, der 500 serielle Rückert-Büsten aus Plastik in verschiedenen Farben anlässlich des Rückert-Jahres in Schweinfurt schuf, war am Wochenende groß. Augenscheinlich auch bei Friedrich Rückert, der sich seine Nachfolger im 21. Jahrhundert von seinem Podestplatz als Denkmal anzuschauen scheint.
Foto: Oliver Schikora | Rückert, Rückert, Rückert: Das Interesse an der Kunstaktion des Wertheimers Ottmar Hörl, der 500 serielle Rückert-Büsten aus Plastik in verschiedenen Farben anlässlich des Rückert-Jahres in Schweinfurt schuf, war am ...
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 27.04.2023 01:44 Uhr

„Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.“ Der schöne Satz stammt vom 1953 verstorbenen Maler Francis Picabia. Der Schweinfurter Dichter Friedrich Rückert würde das sofort unterschreiben und auch die Kunstaktion des Wertheimers Ottmar Hörl, 500 serielle Büsten aus Plastik in fünf Farben herzustellen und sie vor dem Rückert-Denkmal auf dem Schweinfurter Marktplatz den Bürgern zu präsentieren, fände er gut. Die orangenen, grünen, grauen, bordeaux-violetten und blauen Büsten, sie brachten die Gedanken in den Köpfen der Schweinfurter kräftig ins Rotieren. Viel besser kann man die Idee „Rückert für alle“, die Ottmar Hörl mit seiner Aktion verbunden hat, sicher nicht platzieren.

Fotoserie

Rückert in aller Munde

Friedrich Rückert wurde 1788 in der heutigen Kugellagerstadt geboren, als diese noch weit davon entfernt war, eine Stadt zu sein, die mit Stolz den Slogan „Industrie und Kultur“ trägt. Im Moment ist Rückert er ziemlich präsent, was vor allem an den Ausstellungen und Aktionen 150 Jahre nach seinem Tod liegt. Rückert war Genie, Weltpoet, Freigeist, Zeitkritiker. Dass ein einzelner Mensch 44 Sprachen konnte, wird wohl einmalig bleiben.

Rückert wollte nicht eine Sprache können, um in dem Land beruflich Karriere zu machen. Rückert wollte eine Sprache können, um die Welt hinter dieser Sprache zu verstehen. „Weltpoesie allein ist Weltversöhnung“, das war sein Mantra und darüber sollte man gerade im 21. Jahrhundert intensiver nachdenken. „Friedrich Rückert als Mensch unter Menschen zu bringen, diesen Impuls wollte ich setzen“, beschreibt Ottmar Hörl seinen Ansatz.

Büsten mitten im grünen Markt

Der aus Wertheim stammende Leiter der Akademie der bildenden Künste in Nürnberg kokettiert manchmal damit, dass seine Plastikbüsten an sich – ob sie nun Rückert, Goethe, Dürer-Hasen oder freundlich grüßende Astronauten darstellen – keine große Kunst seien. „Eigentlich kann das jeder“, sagt er dann. Doch das stimmt natürlich nicht. Zum einen muss man sich ja intensiv künstlerisch und intellektuell mit dem jeweiligen Thema auseinandersetzen. Zum anderen liegt die Kunst gerade darin, diesen Impuls des Nachdenkens über ein Thema in der Öffentlichkeit mit einem möglicherweise auch umstrittenen Reiz zu setzen. „Rückert für alle“, das wollte Hörl und das ist ihm gelungen – die Rückert-Büste im Garten, die Rückert-Büste im Wohnzimmer, die Rückert-Büste als Weihnachtsgeschenk.

Die Schweinfurter betrachteten es mit Wohlwollen. Denn im Grunde war es ein Samstag wie jeder andere. Am Marktplatz spielte ein Leierkasten-Spieler während man am grünen Markt Spargel oder Erdbeeren kaufte. In den Cafés am Marktplatz sichteten die Shopper ihre Einkäufe. Doch wenn sie aufblickten, dann wechselte das Nachdenken über die neue Hose oder das neue Hemd in der Einkaufstüte abrupt die Richtung und sie fragten sich, was diese komischen bunten Büsten da vor dem markanten Denkmal sollen.

Kunstvereins-Vorsitzender Ralf Hofmann will den Impuls durch das Rückert-Jahr und die Rückert-Büsten nachhaltig nutzen. Den Kontakt zu Hörl hatte der Verein anlässlich seines 30. Geburtstages geknüpft, bereits zum 20. des Kunstvereins hatte der Künstler Raben aus Plastik in Schweinfurter Grün gestaltet. „Bei mir hat das Rückert-Jahr für eine Emotionalisierung gesorgt“, erklärt Hofmann, der einen Gesprächskreis unter dem Titel „Rückert-Gespräche“ in den nächsten Jahren installieren will, um das intellektuelle Erbe des großen Schweinfurters weiterhin in der Öffentlichkeit zu diskutieren.

Wahrlich ein Rückert für alle

Der Rückert-Impuls funktioniert übrigens auch bei den so genannten „kleinen Leuten“, gerade in einer Arbeiterstadt. Mit Blick auf die Büsten erklärte eine Frau ihrem Mann: „Komm, wir kaufen uns einen Rückert, stellen ihn ans Fenster und dann sind wir intellektuell.“ Es ist wohltuend zu sehen, mit welch einfachen künstlerischen Mitteln man die Richtung des Denkens ändern kann.

Die 500 seriellen Rückert-Büsten von Ottmar Hörl kann man käuflich erwerben. Informationen unter www.kunstverein-schweinfurt.de

Vom 7. Juni bis 10. Juli ist die Installation in der Schweinfurter Kunsthalle im Rahmen der Ausstellung „Friedrich Rückert – Der Weltpoet“ zu sehen.

Ein Video finden Sie auf unserer Facebook-Seite

Besondere Ehre: Ottmar Hörl (2. v.l.) überreicht der Leiterin der Schweinfurter Kunsthalle, Andrea Brandl, eine der wenigen goldfarbenen Rückert-Büsten als Geschenk. Mit auf dem Bild Schweinfurts OB Sebastian Remelé (links) sowie Kunstvereins-Vorsitzender Ralf Hofmann.
Foto: Oliver Schikora | Besondere Ehre: Ottmar Hörl (2. v.l.) überreicht der Leiterin der Schweinfurter Kunsthalle, Andrea Brandl, eine der wenigen goldfarbenen Rückert-Büsten als Geschenk.
 
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