
Die Rückegasse im Hörnauer Wald zwischen Gerolzhofen und Brünnstadt ist an manchen Stellen als solche kaum noch zu erkennen. Die mit Wasser gefüllten Furchen sind teilweise so tief und breit, dass ein Kleinwagen locker darin versinken würde. Jeder Laie versteht dort auf den ersten Blick, was die Kreisgruppe Schweinfurt des Bund Naturschutzes (BN) in Bayern in einer Pressemitteilung kritisiert: Das dortige Naturschutzgebiet, wo auch seltene Märzenbecher wachsen, hat stark gelitten. Der BN spricht gar von Schäden an Boden und geschützter Flora, die auf absehbarer Zeit "irreparabel" seien.

Besagte Rückegasse befindet sich am Waldrand in dem zur Gemeinde Frankenwinheim gehörenden Teil des Waldes, der auf der Gemarkung Brünnstadt liegt. Die Verantwortung für die ramponierte Rückegasse fällt also letztlich auf die Gemeinde zurück. Bürgermeister Herbert Fröhlich macht daraus auf Anfrage dieser Redaktion auch keinen Hehl. Er spricht in der Sache Klartext und gesteht ein: Im Nachhinein betrachtet sei es sicherlich "kein günstiger Zeitpunkt" gewesen, als Mitte Dezember eine Firma im Auftrag der Gemeinde die Rückegasse befuhr, um dort mit schweren Maschinen Baumstämme herauszufahren. "Es war sicher nicht in meinem Sinn", sagt der Bürgermeister, "dass dabei so tiefe Spuren entstanden sind."
Bürgermeister führt Zeitdruck an
Weshalb die Rückearbeiten trotz der anhaltend feuchten Witterung ausgerechnet am 14. und 15. Dezember erfolgten, begründet Fröhlich mit dem vorhandenen Zeitdruck. Ansinnen der Gemeinde war es, aus dem Waldgebiet noch einige als Brennholz verwertbare Bäume für ihren anstehenden Verstrich-Termin zu entnehmen, bevor der Wald als sogenannter Trittstein für 25 Jahre unter besonderen Schutz gestellt wird. Eine waldwirtschaftliche Nutzung ist dort während dieser Zeit untersagt. Stichtag hierfür war der 1. Januar 2022. Das Zeitfenster war also tatsächlich eng und die "ganzen Umstände ungünstig", wie Bürgermeister Fröhlich sagt.

Beim Fällen der Bäume hätten die Gemeindearbeiter noch tunlichst darauf geachtet, möglichst keine unnötigen Schäden anzurichten. Sie hätten laut Fröhlich von einer angrenzenden Wiese aus Seilwinden eingesetzt. Es sei kein Traktor in den Wald gefahren. Die Rechnung, Vorsicht walten zu lassen, um den Boden zu schützen, ging solange auf, bis die Rückefahrzeuge zum Einsatz kamen.
Soweit so schlecht. Doch was den BN und dessen Kreisvorsitzenden Edo Günther in der Sache zusätzlich ärgert, ist der Umstand, dass dies bereits das zweite Mal innerhalb eines Jahres war, dass es in dem Frankenwinheimer Teil des Naturschutzgebietes "Hörnauer Wald", an gleicher Stelle, bei Forstarbeiten zu vermeidbaren Schäden gekommen ist. Denn bereits im Januar 2021 hatten seinen Angaben nach Selbstwerber, also Nutzungsberechtigte, die ihr Holz selbst machen, dort unter Missachtung von Vorgaben der Gemeinde bei völlig aufgeweichtem Boden eine Rückegasse befahren und tiefe Spurgleise hinterlassen. Doch damit nicht genug: Sie hätten seinerzeit auch Bauschutt und Kunststofffolie eingebracht, berichtet der BN.
Bund Naturschutz bezeichnet Vorgehen als "inakzeptabel"
Nachdem die Schäden seinerzeit nicht eindeutig bestimmten Privatpersonen zuzuordnen waren, hatte die Gemeinde Frankenwinheim die Verantwortung übernommen. Sie akzeptierte, als Ausgleich für die Umweltsünde eine Ausgleichsleistung in Form des besagten Trittsteins, der innerhalb des Naturschutzgebietes auszuweisen war. Jetzt, vermutet Günther, habe die Gemeinde offenbar "noch schnell ein paar Bäume einschlagen wollen, die von der dann hinfälligen Rückegasse aus noch zu erreichen waren". Das Urteil des BN ist eindeutig: "Ein solches Vorgehen ist in keiner Weise forstgerecht und in einem Naturschutzgebiet vollkommen inakzeptabel."

Erich Rößner aus Alitzheim, Mitglied des BN und Naturschutzwächter im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) am Landratsamt Schweinfurt, hatte die Schäden sowie den illegal in den Wald gekippten Bauschutt und die Folie vergangenes Jahr an die UNB gemeldet. Auf Vorschlag des BN, erklärt er, sei es damals auch zum Trittstein-Ausgleich gekommen, der ein Gebiet von etwa zwei Hektar umfasst und in erster Linie dem Schutz der dort wachsenden Märzenbechern, einer besonders geschützten Pflanzenart, dienen soll.
Regierung von Unterfranken ist informiert
Auch dieses Mal hat der BN die UNB sowie die Höhere Naturschutzbehörde, die bei der Regierung von Unterfranken in Würzburg angesiedelt ist, verständigt. Seitens der Regierung bestätigt man auf Nachfrage dieser Redaktion, von dem Vorfall zu wissen. Doch fachlich zuständig sei in diesem Fall die UNB, mit der man im Kontakt stehe.
Die UNB bestätigt, dass die bereits vor einem Jahr betroffene Flächen innerhalb des Schutzgebiets nun nochmals beschädigt wurde. Es seien Spuren von über 40 Zentimeter Höhe festgestellt worden. Aus naturschutzfachlicher Sicht wurde dadurch der Märzenbecher-Standort nochmals geschädigt. "Ein Befahren wäre aus unserer Sicht erst bei längerem Frost möglich gewesen", teilt die Fachbehörde mit. Bei weiteren Forstarbeiten werde die Behörde die betroffenen Gemeinden bitten, diese vorher mit ihr abzustimmen.
Naturschutzbehörde wertet Schäden noch aus
"Wir haben die Schäden umfassend dokumentiert und stehen noch am Anfang unserer Recherchen, unter welchen Umständen die Schäden verursacht wurden", heißt es seitens der UNB weiter. Das weitere Vorgehen würde mit der Regierung von Unterfranken sowie dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) und der Gemeinde Frankenwinheim abgestimmt.
Beim AELF beschäftigt ist auch Förster Gerald Eser, der für die Gemeinde Frankenwinheim deren Wald in der Hörnau betreut. Er schätzt die aktuellen Schäden als nicht gravierend ein. Er sieht die Sache insbesondere deshalb gelassen, weil in dem betroffenen Bereich ohnehin noch Bauschutt ("Altlasten aus vielen Jahrzehnten") im Untergrund schlummerten, der in absehbarer Zeit entfernt werden soll. Bei dieser Maßnahme seien Schäden im Bereich der Rückegasse nicht zu vermeiden. Und im Vergleich zu den dabei entstehenden Beeinträchtigungen seien die jetzt beim Rücken verursachten Rillen in der Gasse "sekundär", meint der Förster. Ein Großteil der Rückegasse sei ohnehin in Ordnung. Dort sei auch kein Bauschutt eingebaut worden und die Rückegasse wurde dort bereits saniert.
Die haben vorher genau gewusst wo die Altlasten liegen und deshalb nur diese Teile des Rückweges zerstört.