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SCHWEINFURT
Rückblick: Bluttat auf dem Reiterhof
Die 43-Jährige – hier mit ihren Verteidigern – erstach am 1. Dezember 2011 ihren Ehemann.
Foto: Stefan Sauer | Die 43-Jährige – hier mit ihren Verteidigern – erstach am 1. Dezember 2011 ihren Ehemann.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 02.04.2019 13:01 Uhr

1. Dezember 2011: Auf dem gemeinsamen Reiterhof im Landkreis Rhön-Grabfeld ereignet sich ein blutiges Familien- und Eifersuchtsdrama. Laura (Name geändert) tötet ihren Ehemann mit neun Messerstichen. Trotz eindringlicher Aufforderung hatte er nicht klar gesagt, ob er die Ehe mit ihr fortführen oder endgültig zu seiner Geliebten ziehen will. Als er dann noch Familienangehörige und sie beleidigt, sah die 43-Jährige rot und stach zu.

Zu elf Jahren Gefängnis wegen Totschlags verurteilt die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Schweinfurt nach zwölf Verhandlungstagen die Frau Anfang März 2013. An einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes schrammt sie nur ganz knapp vorbei.

Hochgradig affektive Erregung

Das Gericht wertet die Bluttat nur aus einem Grund lediglich als Totschlag: Der Angeklagten habe es bis unmittelbar vor der Tatausführung aufgrund ihrer hochgradig affektiven Erregung am „Ausnutzungsbewusstsein“ gemangelt, das versteckt mitgebrachte 15 Zentimeter lange Filetiermesser tatsächlich zum Töten einzusetzen, heißt es in der Begründung der Strafkammer.

Demnach geht das Gericht davon aus, dass die Frau den Tatentschluss sehr spontan gefasst hat, das Mordmerkmal der Heimtücke subjektiv somit wohl nicht erfüllt war. Laura hatte beteuert, sie habe ihren Ehemann nur zu einer klaren Aussprache über ihre Beziehung bewegen wollen – ob er sie fortsetzen oder aber zu seiner Geliebten ziehen will. Sie habe ihm mit dem Messer ihren festen Willen, eine Antwort zu bekommen, demonstrieren wollen, umbringen wollte sie ihn nicht.

Das Gericht ist nach vielen Verhandlungstagen und Zeugenvernehmungen überzeugt: Die damals 43-Jährige hat die tödlichen Stiche gegen ihren zwei Jahre älteren Ehemann in kurzer Abfolge in die Herzgegend gesetzt. Sie habe in unbändiger Wut und Verletztheit darüber zugestochen, dass der Ehemann sie trotz Vorzeigens des Messers überhaupt nicht ernst genommen habe.

Er reitet – sie macht die Stallarbeit

Verbunden hatte die Eheleute ein gemeinsames Hobby: das Westernreiten. Der Ehemann brachte es zur Europameisterschaft und war ständig auf Turnieren unterwegs. Sie und ihr Schwiegervater erledigten die ganze Stallarbeit. Die Angeklagte sei aber ebenfalls sehr ehrgeizig gewesen und auch neidisch auf den Erfolg des Gatten bei diesen Turnieren, sagte der Vorsitzende Richter bei der Urteilsbegründung. Sie habe sich von ihm mehr Anerkennung gewünscht, sie aber nicht bekommen.

Im Herbst 2011 war die Ehe bereits nachhaltig zerrüttet, seit zwei Jahren schliefen beide in getrennten Schlafzimmern. Im Mai hatte der Mann seine Freundin in Meiningen kennengelernt, war zu Hause ausgezogen, aber wieder für ein paar Tage zurückgekommen. Für die Angeklagte „ein Wechselbad der Gefühle“, wie der Kammervorsitzende sagte. Als sie am 1. Dezember – er und seine Freundin waren auf der Rückfahrt von einem gemeinsamen Kurzurlaub – per SMS erfuhr, dass es endgültig aus sei, verlangte sie ein klärendes Treffen.

Die „Aussprache“ endet tödlich

Als „Feigling“, der allem aus dem Weg geht, bezeichnete Laura den Ehemann. Für ihn endete diese „Aussprache“ in der Nähe der Pferdeboxen tödlich. Als er sie verrückt und hysterisch nannte, die Familienangehörigen als „blöd“ beschimpfte und dann auch noch sagte, mit seiner neuen Partnerin gehe es ihm so gut wie nie, rastete die 43-Jährige nach Überzeugung des Gerichts völlig aus. „Der kommt nie wieder, das Schwein hab' ich abgestochen“, schrie sie nach den Messerstichen in unbändiger Wut. Die dadurch aufgeschreckten Schwiegereltern sahen, als sie dazu kamen, ihren Sohn leblos im Hof liegen – und konnten die Täterin kaum beruhigen.

Ursprünglich wollte Laura die laut Gutachten hochgradig affektive Tat als Notwehr hinstellen. Erst in der Hauptverhandlung vor dem Schwurgericht war sie geständig – über eine Erklärung ihrer Anwälte.

Entschuldigung im „letzten Wort“

Nur einmal sagte die Angeklagte in dem zwölftägigen Prozess selbst etwas – in ihrem „letzten Wort“ vor der Urteilsverkündung: „Es tut mir ausgesprochen leid, was ich getan habe. Ich möchte mich bei meiner Tochter und meinen Schwiegereltern von ganzem Herzen entschuldigen.“

Der Ort des Geschehens: Das Anwesen, auf dem die Bluttat geschah.
Foto: Thomas Hälker | Der Ort des Geschehens: Das Anwesen, auf dem die Bluttat geschah.
 
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  • F. B.
    Warum wühlt ihr die ziemlich überwundenen Herzschmerzen aller Angehörigen wieder auf? Unglaublich und moralisch unverzeihlich!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
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