Vor 17 Jahren hat Ron Spielman seine Heimatstadt Schweinfurt mit Sack und Pack verlassen und ist nach Berlin übergesiedelt. Seitdem kehrt er in regelmäßigen Abständen mit einem neuen Album im Gepäck zurück, um alten Bekannten und Verwandten seine neuen Songs zu präsentieren. Diesmal war alles anders, denn „Sweet Songs For The Dying“ ist kein normales Ron Spielman-Album geworden, sondern die Blues-Platte, die der Ausnahmemusiker schon lange aufnehmen wollte. Deshalb auch der Projektname „Spielman In Bad Company“. Am Freitagabend hat der Exil-Schweinfurter das Album im Stattbahnhof vorgestellt.
Das Konzert im großen Saal war nicht nur die Record-Release-Show, sondern gleichzeitig auch der erste Live-Auftritt mit der neuen Band überhaupt. Hinter „Spielman In Bad Company“ verbergen sich neben Ron Spielman drei Musiker, die punktgenau Spielmans Vision von Blues umsetzen. Zwei davon, Schlagzeuger Uwe Breunig und Bassist Joh Weisgerber, spielen schon lange in der Band Ruffcats zusammen, die sich als Backing Band für den Bremer Rapper Flo Mega einen Namen gemacht hat. Am Keyboard sitzt Werner Goldbach, mit dem Spielman schon in diversen Bandbesetzungen kooperiert hat.
Vielleicht liegt es an der ungewöhnlich großen Konkurrenz im Schweinfurter Nachtleben an diesem Abend, dass der Stattbahnhof nicht richtig voll wird: zeitgleich gibt es mit „Best Of Fränz“ ein Festival mit Schweinfurter Bands im Jugendhaus und die große Shopping-Nacht Schweinfurt@Night.
Vielleicht liegt es aber auch an der Tatsache, dass Ron Spielman erst Mitte Februar mit dem Quartett B3 einen Abstecher in die Disharmonie unternommen hat. Im Stattbahnhof zeigt der Sänger und Gitarrist wieder, wie wandlungsfähig er ist. Zur Präsentation des letzten regulären Spielman-Albums „Swimming In The Dark“ erschien Spielman noch mit Rauschebart und Wollmütze wie der Vorbote der Hipster-Bewegung. Jetzt steht er im schlichten T-Shirt, Weste und Drei-Tage-Bart auf der Bühne. Gespielt werden vor allem Songs vom neuen Album, und zwar fast in der chronologischen Reihenfolge vom Tonträger. Aber auch Songs, die es nicht aufs Album geschafft haben, wie „Hemingways Turning“.
Der ganze Abend drehte sich um den Blues. Teils völlig entschleunigt, aber auch wütend und trotzig. Dann wieder düster, morbide. Man wähnte sich streckenweise in einer dunklen Gasse irgendwo in New Orleans oder in den Sümpfen des Mississippi-Delta. Zu den klassischen Instrumenten Gitarre, Bass,Schlagzeug und Orgel mischen sich Effekte und Sound-Spielereien, die Bassist Joh Weisgerber geschickt einzusetzen weiß. Für ein Spielman-Konzert in Schweinfurt wird ungewöhnlich wenig getanzt, erst am Ende der eineinhalbstündigen Show kommt Bewegung ins Publikum. Die Begeisterung ist den Gesichtern aber von der ersten Minute anzusehen.
Der Exil-Schweinfurter hat seine feste Fanbase, für die ein Auftritt fast wie ein Feiertag ist. Viele kennen ihn noch aus Zeiten, als er mit seiner Band „Body & The Beat“ beim Straßenfest vor der Cinema-Bar aufgetreten ist, oder von seinen regelmäßigen Gastspielen im alternativen Kulturzentrum Schreinerei am Obertor. Das Publikum ist mit Ron Spielman reifer geworden und dankbar für diesen Ausflug in die Welt des Blues. Vor allem die Rhythmusgruppe arbeitet wie ein Uhrwerk und bestimmt das Tempo auf dem Keyboard-Teppich von Werner Goldbach.
Der Sound ist mal sphärisch, ja fast psychedelisch wie beim Titeltrack „Sweet Songs For The Dying“, mal ganz klassischer schleppender Blues wie beim Track „If Trouble Was Money“. Dazu gönnt die Bad Company Ron Spielman seine üblichen Solo-Ausflüge, in denen er sich oft minutenlang austoben darf, um dann wieder eingefangen zu werden. Am Mischpult sitzt Sven Peks, in dessen Gaibacher Audiolodge Studio das Album aufgenommen wurde.
Nach ungefähr einer Stunde ist Schluss, das Experiment Blues gelungen, die vier Musiker gehen lächelnd von der Bühne. Dann gibt es noch zwei Zugaben und einen prominenten Überraschungsgast. Andreas Kümmert, der in Gemünden wohnt, schaut vorbei und singt den Song „Crazy Can't Believe“ mit der Band.
Ron Spielman spielt schon eine Weile in der Live-Band von Kümmert, daher kennen und schätzen sich die beiden Vollblutmusiker. Nach der finalen Nummer „Dear Prudence“ ist endgültig Schluss. Und die Fans können sich jetzt schon freuen, denn „Spielman In Bad Company“ haben im Studio insgesamt 20 Songs aufgenommen, viel mehr als auf das Debütalbum draufpassten. Deshalb ist eine Fortsetzung fast schon garantiert. Übrigens: Bei den Umsonst & Draußen-Festivals in Würzburg und Karlstadt präsentieren „Spielman In Bad Company“ ihr Debütalbum noch einmal live.