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Schweinfurt
Richard III: Dem König geht es nur um Macht
Das Alte Schauspielhaus Stuttgart zeigt Shakespeares Richard III. im Schweinfurter Theater. Warum das 400 Jahre alte Drama hochaktuelle Momente hat.
Ein zynischer Machtmensch durch und durch. Max Tidof als Richard III. 
Foto: Sabine Haymann | Ein zynischer Machtmensch durch und durch. Max Tidof als Richard III. 
Karl-Heinz Körblein
Karl-Heinz Körblein
 |  aktualisiert: 24.02.2019 02:14 Uhr

Kompletter Stromausfall. Die Technik versagt total. Kein Handy funktioniert mehr, in Kernkraftwerken fällt die Kühlung aus. Die Zivilisation, alle soziale Systeme brechen zusammen. Eine Gesellschaft fällt ins Mittealter zurück.

Den Prolog aus dem Off hat sich Manfred Langner für seine Inszenierung von Shakespeares Richard III. ausgedacht. Endzeit ist angesagt. Für das Alte Schauspielhaus Stuttgart hat Beate Zoff grindiges Mauerwerk, einige Säulen auf die Bühne gestellt. Im Hintergrund sieht man Strommasten in sich zusammengesackt, Drähte hängen herunter.

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Die Menschen, die hier agieren, scheinen aus der Zeit gefallen. Von Elisabeth und Anne geht noch ein bisschen Würde aus. Richard von Gloucester trägt Lederhosen, einen Fetzen Pelz, Protektoren auf den Schultern, fettiges Haar, ein ziemlich langes Messer. Sein Vertrauter Buckingham ist kahlgeschoren, eine einzige lange Strähne hängt ihm ins Gesicht. Hastings könnte einer Bankfiliale der 60er-Jahre entsprungen sein. Eine schräge Truppe insgesamt. Kostüme: Uschi Haug.

Langner und Max Tidof, der den Richard gibt, verteilen die über 30 Rollen auf gerade einmal zehn Schauspieler. Das macht es dem Zuschauer nicht gerade leicht, dem Rosenkrieg der Yorks und Lancasters zu folgen, den Shakespeare vor 400 Jahren als historische Vorlage für sein bluttriefendes Drama genommen hat.

Ein hemmungsloser Bösewicht 

Richard von Gloucester, von der Natur nicht gerade verwöhnt, will an die Macht und wird darüber zum hemmungslosen Bösewicht, dem jede Empathie fremd ist, der jeden manipuliert, über Leichen geht, sogar Kinder umbringen lässt, um an die Krone zu kommen. Da rollt ein Kopf über die Bühne, wird der Schädel Hastings in dessen Aktentasche präsentiert, werden Menschen in dunkle Löcher gestopft.

Tidof zeigt diesen Richard zynisch lächelnd, berechnend schmeichelnd. Ungelenk, aber voller Energie eilt er durch den Raum, raunend, aber für den Besucher im Schweinfurter Theater oft nur schwer verständlich, zieht er seine Fäden.

Buckingham (Christopher Bangerter) ist ihm ein aasiger Helfer bis ihn Richard, der inzwischen den Thron bestiegen hat, nicht mehr braucht. Es herrscht Schrecken im Land und das Volk unterwirft sich ergeben dem starken Mann. Das ist die Botschaft, die die Inszenierung transportieren soll.

Selbst Anne (Kim Zarah Langner) kann dem Mörderkönig nichts wirklich entgegensetzen, als er ihr ausgerechnet bei der Beerdigung ihres Schwiegervaters Avancen macht. Sie spukt ihn zwar an, lässt aber den Dolch fallen, den er ihr als Liebesbeweis reicht. Später kommt Langner als Margret - die Witwe des ermordeten Heinrich VI. - aus der Tiefe der Bühne. Mit einer hexengleichen Mähne, schwer auf einen Golfschläger gestützt, verflucht sie Richard.

Die Elisabeth Stephanie von Borckes braucht lange bis sie das Leid erfasst, das man ihr angetan hat, den Mord am Mann und den Kindern und sie hat dann doch eine große Szene, als sie es herausschreit.

Stark auch die doppelte Traumszene, als Richard, dem inzwischen doch der Widerstand des Adels entgegenweht, von den Geistern der Toten heimgesucht wird, die seinen Untergang ankündigen, und Richmond (Reinold Weiser - er spielt auch König Edward und den Bürgermeister), dem spätere Richard VII., der Sieg über den Despoten vorausgesagt wird.

Bevor Richard stirbt fällt er berühmte Satz "Ein Pferd! ein Pferd! Mein Königreich für ein Pferd!" eher beiläufig. Und doch bringt er es auf den Punkt. Das Land, die Menschen sind ihm egal. Ihm geht es nur um Macht. Wer will, kann da aktuelle Bezüge sehen.

Im Schweinfurter Theater gab es reichlich Applaus.

 
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