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Schweinfurt
Reuther: "Jeder Dritte stirbt an den Folgen der Medizin"
Wie schafft man es, möglichst lange zu leben? Dieser Frage ging in einem Vortrag für die VHS der Radiologe und Autor Gerd Reuther nach.
Operationen können nicht nur Leben retten oder besser machen, sondern auch krank, sagt der Radiologe und Buchautor Gerd Reuther.
Foto: Georg Wendt/dpa | Operationen können nicht nur Leben retten oder besser machen, sondern auch krank, sagt der Radiologe und Buchautor Gerd Reuther.
Ursula Lux
Ursula Lux
 |  aktualisiert: 19.10.2020 10:43 Uhr

Es war ein Rundumschlag gegen fast alles, was die Schulmedizin zu bieten hat. Auf Einladung der Volkshochschule kam der Radiologe Dr. Gerd Reuther zu Schweinfurtern die, so Jutta Cize, die Leiterin der VHS, "rührige informierte Patienten" seien. Rege Nachfragen und Diskussionen während des Vortrags bestätigten diesen Eindruck.

Reuther praktizierte bis zu seinem 55 Lebensjahr als Radiologe, dann gab er seinen Beruf auf, weil er für sich erkannte, dass 90 Prozent der medizinischen Therapien unnötig seien und oft genug mehr schadeten, als nützten. Seitdem lebt der heute 60-jährige als Autor und reist als Referent durch die Lande, um über die Zustände in der Medizin aufzuklären. Sein erster Buch, "Der betrogene Patient" erschien 2017. Im letzten Jahr kam dann "Die Kunst möglichst lange zu leben" auf dem Markt.

Auf Einladung der VHS kam ein Kritiker der Schulmedizin, der Radiologe und Autor Dr. Gerd Reuther nach Schweinfurt.
Foto: Ursula Lux | Auf Einladung der VHS kam ein Kritiker der Schulmedizin, der Radiologe und Autor Dr. Gerd Reuther nach Schweinfurt.

Wer wünscht sich das nicht, ein langes Leben bei bester Gesundheit. Eine ganze Industrie lebt davon, Ernährungstipps verkaufen sich ebenso gut wie Anti-Aging-Produkte, Superfood und Cholesterinsenker. Reuther macht gleich klar, worum es dabei eigentlich geht: "Es gibt kaum ein Buch, das Lesern nicht etwas verkaufen will." Er erteilt all dem eine klare Absage, es gebe keine Studie, die belege, dass Hormone, Medizin oder Ähnliches die Menschen älter werden lasse. Es sei schlicht falsch, dass die Lebenserwartung ständig steige. Inzwischen sei der Trend sogar wieder fallend.

Die Gründe dafür liegen für ihn klar auf der Hand. Das soziale Miteinander breche weg, "so viel Vereinzelung wie heute gab es noch nie". Dagegen gebe es ein Überangebot an Nahrung und Reizen aller Art. Auch der Einzug in ein Alten- und Pflegeheim ist für Reuther eine lebensverkürzende Maßnahme. Hochbetagte über 90 Jahren lebten meist noch zuhause.

Maximal 120 Jahre könnte der Mensch alt werden, davon aber seien die letzten 20 bis 25 Prozent "Beschwerdejahre". Der größte Feind eines langen Lebens aber ist für Reuther die Medizin. An ambulanten Infektionen stürben in Deutschland 20 bis 30 000 Menschen jährlich, doppelt so viele an Krankenhauskeimen. Durch die Medizin aber stürben 200- bis 300 000 Menschen. Davon allein 2,5 Prozent während des ersten Monats nach einer Operation, nach einem Jahr seien es dabei bereits zehn Prozent. 70 000 Patienten jährlich stürben durch unerwünschte Nebenwirkungen von Medikamenten.

Sein Rat: Medizin in Maßen und vor allem viel, viel Bewegung

Für Senioren sei Medizin oft besonders schädlich, belegt Reuther mit Zahlen. Menschen über 65 Jahren hätten nur die Hälfte alle Operationen, aber 90 Prozent der Todesfälle. Nach einem solchen Eingriff entwickelten 50 Prozent ein sogenanntes postoperatives Delier, das sich nur bei der Hälfte zurückbilde. Die unerwünschten Nebenwirkungen von Medikamenten verzehnfache sich fast bei Menschen über 70 Jahren.

Reuther rät also mit den Worten seines ärztlichen Vorbilds, Christoph Wilhelm Hufeland (1762 – 1836) zu einem "gehörigen Gebrauch der Medizin und des Arztes".

Anhand der "Bauartzulassung Mensch", erklärt Reuther, was es wirklich braucht, um dem Leben drei bis vier Jahre mehr abzuringen. Allem voran körperliche Bewegung: 15 bis 25 Kilometer täglich, als "Dauerbelastung". Dann so oft wie möglich an die frische Luft, denn in geschlossenen Räumen sei die Giftstoffbelastung oft enorm hoch. Reuther rät zu "Nahrungsknappheit". Auf Hungerphasen wäre unser Körper von Anbeginn der Evolution an eingestellt, auf die Überernährung der letzten 50 Jahre nicht. Ein ausgeglichenes soziales Umfeld sei wichtig ebenso wie die Ernährung. Hier zitiert Reuther Sebastian Kneipp: "Der Weg zu deiner Gesundheit führt durch die Küche, nicht durch die Apotheke."

"Schweinebraten, Sahne und Buttercremetorte verkürzen Leben nicht", betont Reuther, zumindest wenn man es damit nicht übertreibe. "Vergessen sie alle 'gesunden Produkte' und Diäten", rät er. Aus Studien mit Langlebigen wisse man sehr gut wie, und was diese essen. "Geringe Mengen, regional und saisonal, wenig Industrienahrung und tierische Produkte und kaum Zucker."

 
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  • emulave
    Dass eine Lebensführung mit maßvoller und ausgeglichener Ernährung sowie körperliche Ertüchtigung dem Erhalt der Gesundheit förderlich ist, hat mich jetzt nicht so überrascht.
    Dass durch Operationen mehr Menschen umgenietet, als gerettet werden, ist zumindest eine steile These, über die man ja diskutieren kann…in erster Linie kurbelt sie sicher den Verkauf seiner Bücher an.
    Was mich überrascht: All das fällt dem Mann ein, nachdem er bis zum 55sten Lebensjahr in einer medizinischen Fachrichtung gearbeitet hat, in der man unter den niedergelassenen Ärzten definitiv und abgeschlagen zu den Spitzenverdienern gehört und in der, besonders in Deutschland, mit die meisten unnötigen Untersuchungen durchgeführt werden. Als Radiologe kann man, wenn man es nur geschickt anstellt, bis 55 seine Schäfchen aber dermaßen im trockenen haben…da macht das Verfassen solcher Literatur in entspannter Atmosphäre gleich noch mal so viel Spaß...
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